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Werhahn-Gruppe: Wie ein Familienunternehmen mit Strategie und Vielfalt Maßstäbe setzt

Gegen die Krise mit klarem Kurs: Was Mittelständler von Werhahn über Effizienz, Diversifikation und nachhaltiges Wachstum lernen können.

Die Unternehmen der Werhahn-Gruppe sind weltweit aktiv. In ihren jeweiligen Märkten nehmen sie führende Positionen (Foto: Werhahn)

Es ist ein seltenes Signal in Zeiten der Zurückhaltung: Während viele deutsche Traditionsunternehmen unter globalen Unsicherheiten ächzen, meldet die Werhahn-Gruppe ein erfolgreiches Jahr. Der operative Gewinn des Familienunternehmens aus Neuss hat sich nicht etwa verdoppelt – er hat sich verdreifacht. Von 59 auf satte 182 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss? Noch beeindruckender: ein Sprung von 26 auf 125 Millionen. Und das bei einem Umsatzplus von lediglich acht Prozent. Was also ist bei Werhahn passiert?

Klarer Schnitt, klare Sprache

„Wir haben entschieden, umgesetzt, nicht abgewartet“, sagt Finanzvorstand Andreas König. Was nüchtern klingt, ist eine umfangreiche Transformation: Bei der Konsumgütersparte Zwilling wurden Stellen gestrichen, Lager verschlankt, Prozesse verschärft. Gleichzeitig verschwanden Altlasten – etwa aus dem Engagement bei Fiberlean Technologies – aus der Bilanz. Managementwechsel in fast allen Bereichen sorgten für neue Energie. Transformation – nicht als Schlagwort, sondern als Praxis.

Viel hilft viel – wenn es unterschiedlich tickt

Werhahn ist kein monolithischer Konzern, sondern ein fein austarierter Mischkonzern mit drei sehr verschiedenen Standbeinen: Baustoffe, Konsumgüter, Finanzdienstleistungen. Was auf den ersten Blick nach Risiko streut, entpuppt sich als Stabilitätsanker. „Diese Sparten laufen in unterschiedlichen Konjunkturzyklen“, sagt König – und genau das habe sich 2024 bezahlt gemacht. Wenn Bau schwächelt, zieht Beauty an. Wenn der Konsum stockt, liefert verhilft abcfinance Mittelständlern mit Leasing- und Factoring-Geschäft zu Liquidität.

Basalt, Schiefer, Straße – wie das Baugeschäft wieder Fahrt aufnimmt

Der Bereich rund um die Basalt AG profitiert von steigenden Preisen – bei gleichzeitigem Rückenwind durch das Milliardenpaket für die Infrastruktur. Noch ist unklar, wie viel davon wirklich im Mittelstand landet, doch die Zeichen stehen auf Stabilisierung. Spartenchef Dr. Stephan Kranz spricht von einem leichten Aufwärtstrend – nach fünf mageren Jahren.

Zwilling: Vom Pandemiegewinner zur Marke im Umbau

Die Konsumgütersparte rund um Zwilling durchläuft derweil ihre eigene Transformation. Nach dem pandemiegetriebenen Küchenboom war 2024 ein Jahr der Konsolidierung. Die neue Spartenchefin Gerrit Schneider setzt auf klarere Markenführung, günstigere Produkte unter der Zweitmarke Henckels – und Effizienz: Die Logistik wird ausgelagert, der Onlineanteil stabilisiert sich bei 38 Prozent. Zudem wagt Zwilling neue Märkte: In den USA wächst das Beauty-Segment – inklusive Einstieg in den Heimtierpflegebereich, bald auch in Europa.

Finanzsparte: Factoring statt Filialbank

Die Finanzdienstleistungs-Sparte mit Abcfinance und Bank11 hält sich solide – trotz spürbar steigender Insolvenzen im Mittelstand. Besonders Kleinunternehmer zwischen 55 und 60 geraten unter Druck, so Spartenchef Alexander Boldyreff. Rückzahlung von Corona-Hilfen, Nachfolgemangel – und dann die Privatinsolvenz. Die Antwort: mehr Fokus auf B2B, Auslauf des Endkundengeschäfts und neue Angebote rund um grüne Investitionen wie Solardächer oder Wärmepumpen.

Wachstum gegen die Zeit – die stille Herausforderung der Gesellschafterstruktur

Je größer der Gesellschafterkreis, desto kleiner oft die Bindung ans Unternehmen – und desto lauter die Frage nach der Ausschüttung. Familienunternehmensforscher Tom Rüsen sieht darin ein strukturelles Dilemma vieler Traditionsfirmen (Quelle: Handelsblatt). Denn mit jeder Generation, die im 20-Jahres-Rhythmus hinzukommt, steigt der Druck auf das Gewinnwachstum. „Etwa vier Prozent pro Jahr müssten es sein, damit alle eine Beteiligung bekommen“, so Rüsen – ein Wert, der an die Erwartungen klassischer Investoren erinnert.

Doch während Finanzinvestoren auf schnelle Rendite setzen, verfolgen klassische Familienunternehmen wie Werhahn ein anderes Ziel: nachhaltiges Wachstum, stabile Arbeitsplätze, generationenübergreifende Verantwortung. „Man sieht seine Anteile als Treugut“, sagt Rüsen – nicht als Spekulationsobjekt.

Die Kunst liegt darin, Gesellschafter mit schwacher Bindung nicht einfach auszuzahlen. Denn das koste Kapital – und damit Zukunft. Wer ausscheiden will, müsse das langfristig und mit Abschlägen tun, fordert Rüsen: „Sonst macht das Schule.“

Bei Werhahn hat sich die Geduld zuletzt gelohnt: Nach mageren elf Millionen Euro Dividende im Jahr 2023 stehen für 2024 nun wieder 50 Millionen auf dem Plan. Ein Zeichen: Der Balanceakt zwischen Familienlogik und betriebswirtschaftlicher Vernunft kann gelingen.

Fazit: Kein Hochglanz, sondern Handwerk

Werhahn ist kein Konzern, der mit glänzenden Visionen hausieren geht. Der Erfolg des Unternehmens basiert auf etwas Altmodischem – aber Bewährtem: Konsequenz, Kontrolle, Klarheit. In einer Zeit, in der viele Unternehmen auf neue Märkte oder hippe Start-ups setzen, entscheidet sich Werhahn für solides Handwerk – und gewinnt damit die Spielräume zurück, die viele verloren haben.

 

 

 

Über die Werhahn-Gruppe

  • Gegründet vor über 180 Jahren als diversifiziertes Familienunternehmen

  • Mittelständisch geprägt, mit starker Familienverankerung

  • Rund 10.000 Mitarbeiter weltweit

  • Drei Geschäftsfelder:

    • Baustoffe: Natursteine, Schiefer (u. a. Basalt AG)

    • Konsumgüter: Zwilling Küche, Zwilling Beauty Group

    • Finanzdienstleistungen: abcfinance, Bank11, Yareto

  • Aktiv national und international

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