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Zukunftsmärkte > Kolumne

Wirtschaftsförderer: Wenn Mitarbeiter Wettbewerber werden

Das kommt in den besten Betrieben vor: Ein Mitarbeiter will die Firma verlassen und sich selbstständig machen. Für Arbeitgeber ist das häufig ein Schreckensszenario.

2019, vor der Corona-Krise, lag die Gründungsquote in Deutschland laut dem Global Entrepreneurship Monitors auf dem höchsten Stand seit dem Beginn der Erhebungen vor 20 Jahren. Gründen klingt alltäglich, kann aber für den Noch-Arbeitgeber eine Horrorvision sein – zumindest auf den ersten Blick. Nicht nur, weil der Betrieb möglicherweise einen hervorragenden Mitarbeiter verliert, einen vielleicht unersetzbaren Eckpfeiler des Unternehmens, mit gebündeltem Wissen, grenzenlosem Engagement, fundierter Marktkenntnis und besten persönlichen Verbindungen in die Kundschaft.

Allein das wäre schon schlimm genug. Aber es kann noch dicker kommen, wenn der oder die Abtrünnige das eigene Unternehmen in demselben Marktsegment gründen will. Dort ist er oder sie fachlich zu Hause und kann im Extremfall für den Ex-Arbeitgeber zur existenziellen Bedrohung werden. Was ist zu tun? Einfache oder pauschale Antworten gibt es dann nicht. Zu oft spielen Emotionen mit. Verärgerung, Enttäuschung, vielleicht auch ein Gefühl von Undankbarkeit und Unfairness. Da hat man einen Mitarbeiter gefördert, auf Fortbildungen geschickt, Verantwortung übertragen, eigenständiges Handeln gelehrt.

Und nun das – vielleicht fühlt es sich an wie der viel beschriebene Dolchstoß in den Rücken. Hinterrücks und gemein. Aber Emotionen vernebeln den Verstand. Mehr noch: Nichts, was in aufgeladener Stimmung gesagt wird, kann zurückgenommen werden. Besser ist ein Perspektivwechsel und die nüchterne Frage: Ist es denn verwerflich, wenn jemand zugreift, wenn sich ihm die Chance bietet? Dass er aus seinen Talenten möglichst viel herausholen will?

Es wäre sicher nicht klüger, stets und ständig verhindern zu wollen, dass Mitarbeiter sich weiterentwickeln. Sie statt zu fördern, einzugrenzen. Ihnen den "Blick für das Wesentliche" versperren. Diese "Strategie" wäre nichts anderes als der Weg in den schnellen betrieblichen Niedergang. Tatsächlich kann eine Ausgründung eher zur Chance als zum Risiko für den früheren Arbeitgeber werden. Immer mehr Unternehmen wechseln tatsächlich den Blickwinkel und packen quasi den Stier an den Hörnern. Sie unterstützen ganz bewusst den Wunsch nach Eigenständigkeit.

Zum Beispiel durch Aufträge, um die Startphase für den Jung-Unternehmer zu befeuern. Oder durch finanzielle Beteiligung in der Erwartung einer dauerhaften Kooperation. Oder durch das Abstellen von Personal, IT-technischer Infrastruktur, Maschinen, Anlagen und Gerätschaften. Die Erfahrung lehrt: Niemand sollte die Energie und den Erfolgswillen von Unternehmensgründern unterschätzen. Durch Beteiligung oder Vernetzung kann der Ex-Arbeitgeber im Idealfall selbst profitieren. So sind schon höchst erfolgreiche Firmen verbünde entstanden. Nüchternes Kalkül ist also gefragt. Zusammenarbeit statt Konfrontation, das dürfte in der Regel die bessere Strategie sein.

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