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Zukunftsmärkte > Kommentar

Was vom Wirtschaftswarntag hängen bleiben sollte

Der "Wirtschaftswarntag" vereinte Verbände und Unternehmen. Das Signal: Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer kritischen Lage, und es bedarf dringender Reformen. Doch die Unternehmer sollten auch selbst mehr liefern.

Der „Wirtschaftswarntag“ ist eine gute Idee. Und hoffentlich geht von ihm das Signal aus, dass ökonomische Themen mehr Gewicht bis zur Wahl bekommen müssen. Aber die wesentliche Frage lautet: Wollen die Deutschen überhaupt hören, wie schlecht es dem Land geht? Oder trauen ihnen die Politikerinnen und Politiker seit langem die Wahrheit nicht mehr zu? (Foto: picture alliance)

Kommentar von Thorsten Giersch

 

Deutschland 2025: Draußen, in Berlin und an zig anderen Orten des Landes, diskutieren über hundert Verbände und hunderte Unternehmen bei einer landesweiten Demonstration, wie man unsere Wirtschaft wieder flottmachen kann. Drinnen, im Bundestag, streiten Kanzler Olaf Scholz und Herausforderer Friedrich Merz über so ziemlich alles – außer um den Weg, wie man Deutschland wirklich wieder zu Wachstum führt.

Die einen nennen den „Wirtschaftswarntag“ die maximale Jammerei, die größtmögliche Klage, die ja bekanntlich das Lied des Kaufmanns ist. Für die anderen ist er der Ausdruck einer neuen Situation: Dass die Unternehmerinnen und Unternehmer hierzulande das Gefühl haben, sich nur noch selbst helfen zu können. Viele fragen sich, wo ihre politische Heimat ist.

Wer so eine miese Wirtschaftsbilanz hat wie Scholz, möchte im Wahlkampf nur ungern über ökonomische Themen sprechen. Aber die Wahrheit dahinter ist viel schlimmer: Die Regierung gibt keinerlei Anlass zu glauben, dass sie begriffen hat, wie schlecht es dem Land wirtschaftlich inzwischen geht. Und der andere, der Herr Merz, verspricht einen Wirtschaftswahlkampf und redet lieber über Migration. Da mag die FDP noch hier und da Kluges sagen, aber die muss erstmal fünf Prozent erreichen.

Der „Wirtschaftswarntag“ ist eine gute Idee. Und hoffentlich geht von ihm das Signal aus, dass ökonomische Themen mehr Gewicht bis zur Wahl bekommen müssen. Aber die wesentliche Frage lautet: Wollen die Deutschen überhaupt hören, wie schlecht es dem Land geht? Oder trauen ihnen die Politikerinnen und Politiker seit langem die Wahrheit nicht mehr zu?

Vieles spricht dafür, dass die Mehrheit der Bürger die ungeschönte wirtschaftlichen Analyse nicht hören will.  So werden sich die, die auf dem „Wirtschaftswarntag“ zu Wort melden, in der Breite der Bevölkerung nicht nur Freunde machen. Viele Menschen spüren, welche gewaltigen Veränderungen und nennenswerten Wohlstandsverluste auf die Gesellschaft zukommen. Aber die meisten mögen die Vollkasko-Ohne-Selbstbeteiligung-Mentalität allem Anschein nach lieber als Anpacken und mehr leisten, um die die Krise zu bewältigen.

Das wäre die wahre Leistung des „Wirtschaftswarntages“: Zeigt den Menschen, wie schwierig die Lage ist. Zeigt ihnen aber auch, dass sie einen Beitrag leisten müssen. Dass sich ihre Leistung lohnen wird. Und dass die deutschen Unternehmerinnen und Unternehmer das Zeug und die Motivation dafür haben, das Ruder auch für die Menschen in ihrer Region herumzureißen. Dass sie ihre Abläufe transformieren wollen. Wir brauchen – und haben gottseidank – viele Führungskräfte, die auch die eigenen Fehler zugeben, anstatt nur mit dem Finger auf Politiker zu zeigen.

Am 29. Januar 2025 wird Deutschland Zeuge eines beispiellosen Ereignisses: Der "Wirtschaftswarntag" vereint über hundert Verbände und hunderte Unternehmen zu einer landesweiten Demonstration. Diese größte jemals gebildete Wirtschaftsallianz in der Geschichte der Bundesrepublik sendet ein unmissverständliches Signal: Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer äußerst kritischen Lage, und es bedarf dringender Reformen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu revitalisieren.

Eine Allianz der Wirtschaft: Wer steht hinter dem Wirtschaftswarntag?

Der Wirtschaftswarntag ist das Resultat einer bemerkenswerten Koalition. Organisiert wird er vom "Aktionsbündnis Wirtschaftswarntag", dem sich zahlreiche Wirtschaftsverbände angeschlossen haben. Die Federführung liegt bei den Verbänden DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.V., dem Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie e.V. und dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V., unterstützt durch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).

Diese breite Allianz umfasst Vertreter aus allen Branchen und Regionen, von Großkonzernen bis hin zu mittelständischen Betrieben. Sie eint die Überzeugung, dass Deutschland dringend eine Wirtschaftswende benötigt, um aus dem aktuellen Abschwung zurück in einen Aufschwung zu gelangen. Die Initiatoren betonen dabei die politische Neutralität und Überparteilichkeit der Veranstaltung.

Zehn Punkte für den Wirtschaftsaufschwung: Die Forderungen im Detail

Das Herzstück des Wirtschaftswarntags bildet ein 10-Punkte-Forderungspapier, auf das sich alle beteiligten Verbände geeinigt haben. Diese Forderungen zielen darauf ab, Deutschland wieder an die Weltspitze zu führen:

  • Umfassender Bürokratieabbau
  • Steuersenkungen für Unternehmen und Arbeitnehmer auf EU-Durchschnittsniveau
  • Rückkehr zur Obergrenze der Sozialabgaben von 40 Prozent
  • International wettbewerbsfähige Energiepreise
  • Fokussierung auf den EU-Emissionshandel als klimapolitisches Instrument
  • Flexibilisierung des Arbeitsrechts
  • Infrastruktur- und Dienstleistungsoffensive
  • Neupriorisierung der Staatsaufgaben
  • Stärkung des Freihandels und Abschluss weiterer Freihandelsabkommen
  • Reform der EU-Institutionen und -Zuständigkeiten

Diese Forderungen spiegeln die Überzeugung wider, dass Deutschland nur durch eine Kombination aus Deregulierung, Steuererleichterungen und Investitionen in Infrastruktur seine wirtschaftliche Stärke zurückgewinnen kann.

Von Berlin bis Lingen: Die Standorte der Kundgebungen

Der Wirtschaftswarntag manifestiert sich in einer Reihe von Kundgebungen und Aktionen bundesweit. Die zentrale Veranstaltung findet am 29. Januar 2025 um 13 Uhr am Brandenburger Tor in Berlin statt. Hier werden hochrangige Vertreter der Wirtschaftsverbände sprechen, darunter Arndt Kirchhoff (unternehmer nrw), Marie-Christine Ostermann (DIE FAMILIENUNTERNEHMER), Dirk Jandura (BGA), Wolfgang Schubert-Raab (ZdB), Andreas Lutz (Verband der Gründer und Selbstständigen) und Stefan Wolf (Gesamtmetall). Parallel dazu finden Kundgebungen in weiteren deutschen Städten statt:

  • Hamburg: Jungfernstieg, 13 Uhr
  • München: Esperantoplatz, 11 Uhr
  • Stuttgart: Marktplatz, 17 Uhr
  • Lingen (Ems): Mainka Bau GmbH & Co. KG, 13 Uhr

Diese dezentralen Veranstaltungen unterstreichen den bundesweiten Charakter der Initiative und ermöglichen es Unternehmern und Bürgern in ganz Deutschland, sich an der Aktion zu beteiligen.

 

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