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Management > Gastbeitrag Dr. Thomas Winkemann

Eine To-do-Liste für die Unternehmensnachfolge

Bis Ende 2027 sollen eine halbe Million mittelständische Unternehmen im Zuge einer Nachfolge übertragen werden. Allein in diesem Jahr sind es laut Nachfolge-Monitoring Mittelstand der KfW rund 125.000 Unternehmen.

Von Dr. Thomas Winkemann, Rechtsanwalt, Notar, Steuerberater und Partner bei der Wirtschaftskanzlei GÖRG in Berlin

Die Übergabe des eigenen Unternehmens ist aus Sicht des Unternehmers/der Unternehmerin psychologisch schwierig, bedeutet sie doch, perspektivisch das eigene Unternehmen, das in vielen Fällen das Lebenswerk darstellt, in andere Hände zu übergeben, loszulassen und sich selbst zurückzuziehen. Hinzu kommt häufig ein Generationenkonflikt: Selbst dann, wenn der Unternehmer ein oder mehrere Kinder hat, die für eine Nachfolger geeignet erscheinen, bedeutet dies noch nicht, dass die nachfolgende Generation auch bereit sind, sich dieser Verantwortung zu stellen.

Wie nähert man sich diesem schwierigen Thema?

Bestandsaufnahme

Man sollte mit einer nüchternen und ehrlichen Bestandsaufnahme beginnen und sachlich analysieren, welche Nachfolger in Betracht kommen. Neben eigenen Überlegungen sollte der Unternehmer diese Fragen mit ihm besonders nahestehenden Personen, also etwa der Ehegattin, engen Freunden oder langjährigen Beratern, besprechen.

Unternehmen

Zunächst einmal sollte die Situation des Unternehmens genauer betrachtet werden: Wie ist es am Markt positioniert? Ist es zukunftsfähig oder droht für sein Geschäftsmodell eine Disruption? Man denke in diesem Zusammenhang an das drohende Verbot des Verbrenner- Motors, das für viele mittelständische Automotive-Zulieferer das Aus bedeuten kann.

Aus rechtlicher und steuerlicher Sicht sollte man sich fragen, ob die bestehende Rechtsform des Unternehmens noch zeitgemäß ist, um den Bedürfnissen der Nachfolger gerecht zu werden. Besonders relevant ist dies, wenn eine persönliche Haftung des Inhabers für Verbindlichkeiten des Unternehmens besteht. In aller Regel empfiehlt sich eine zeitgemäße Umwandlung eines solchen Unternehmens in eine GmbH bzw. GmbH & Co. KG, bei denen eine persönliche Haftung des Inhabers, also künftig auch der Nachfolger, ausgeschlossen ist.

Häufig ist die Struktur des Unternehmens auch aus steuerlichen Erwägungen komplexer als operativ notwendig. Es bestehen sogenannte Betriebsaufspaltungen oder Sonderbetriebsvermögen. Es sollte geprüft werden, ob diese Komplexität noch zeitgemäß ist.

Wichtig ist die Kenntnis, dass derartige Umwandlungen von Unternehmen in aller Regel steuerneutral möglich sind, sodass darauf keine Ertragsteuern anfallen. Allerdings benötigt ein Wechsel der Rechtsform von der Konzeption bis zur Beurkundung regelmäßig einen Vorlauf von mindestens einem Jahr.

Potentielle Nachfolger

Neben diesen, das Unternehmen betreffenden Überlegungen sollte der Unternehmer den Kreis der potentiellen Nachfolger betrachten. Es kann sich dabei um die eigenen Kinder handeln, aber auch um sonstige Angehörige oder verdiente Mitarbeiter. Welche Personen sind geeignet, aber auch bereit, sich der Nachfolge zu stellen? Wenn es um die eigenen Kinder geht, neigen manche Menschen dazu, deren Fähigkeiten falsch einzuschätzen oder gar zu überschätzen. Umso wichtiger ist es, die Meinung von nahestehenden Personen zu berücksichtigen. Wie beurteilen der Ehepartner, enge Freunde oder langjährige Berater die potentiellen Nachfolger?

Ein zentraler Faktor ist die Qualifikation, die Berufsausbildung. Passt sie zum Anforderungsprofil eines Nachfolgers? Die Soft Factors sind dagegen schwerer einzuschätzen: Hat der Nachfolger/die Nachfolgerin das sogenannte „Unternehmer-Gen“ und ist er oder sie bereit, eine Anstellung mit geregelten Arbeitszeiten gegen die Verantwortung des Unternehmers zu tauschen?

Notwendig ist ein persönliches, offenes Gespräch zwischen dem Unternehmer und seinen potentiellen Nachfolgern. Dabei sollten die Vorstellungen beider Seiten klar, unmissverständlich und ehrlich besprochen werden. Allerdings sollte der Unternehmer nicht erwarten, dass der Nachfolger einfach in seine Fußstapfen tritt. Jede Generation hat ihre eigenen Vorstellungen, sei es von der Unternehmenskultur oder von der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens.

 

Ausgestaltung der Nachfolge

Erfahrungsgemäß benötigt man für die Umsetzung einer Unternehmensnachfolge einen Zeitraum von 3 bis 5 Jahren.

Es hat sich in vielen Fällen bewährt, die Nachfolger zunächst in das Management des Unternehmens einzubinden und ihnen in einem weiteren Schritt Gesellschaftsanteile zu übertragen. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer vorweggenommenen Erbfolge. Es ist zu empfehlen, zunächst nur Minderheitsanteile zu übertragen, damit der Senior für eine Übergangszeit die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung behält. Der Senior kann sich das Recht vorbehalten, die Schenkung der Gesellschaftsanteile zu widerrufen, sollten sich etwa die Nachfolger nicht bewähren. Solche Widerrufsrechte sollten aus rechtlichen und steuerlichen Gründen sehr sorgfältig ausgestaltet werden.

Eine vorweggenommene Erbfolge löst grundsätzlich Schenkungssteuer aus. Die Freibeträge für Kinder von jeweils € 400.000 und die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen gemäß § 13a ErbStG ermöglichen es allerdings bei sorgfältiger Gestaltung, selbst bei größeren Vermögen den Anfall von Schenkungssteuer weitgehend zu vermeiden. Die Einzelheiten sind allerdings sehr kompliziert und sollten von den steuerlichen Beratern detailliert geprüft werden.

Sollte sich der Senior möglicherweise in einer späteren Phase entscheiden, den Nachfolgern eine Mehrheitsbeteiligung an seinem Unternehmen zu übertragen, sollte er sich für bestimmte Grundsatzentscheidungen im und über das Unternehmen (etwa Aufnahme oder Aufgabe von Geschäftsbereichen, Verlagerung von Standorten usw.) in dem Gesellschaftsvertrag eine Vetoposition vorbehalten. Sinnvoll könnte auch eine Klausel sein, die dem Senior eine Mindestausschüttung von Gewinnen sichert, um beispielsweise seinen Lebensstandard beibehalten zu können. Sofern auf diese Weise die Nachfolge eingeleitet ist, können die verbleibenden Gesellschaftsanteile dann bei Versterben des Seniors ohne größere Friktionen an die Kinder vererbt werden.

 

Zur Person: Dr. Thomas Winkemann, seit mehr als 18 Jahren Partner, Notar und Steuerberater bei der renommierten Wirtschaftskanzlei GÖRG. Promotion in Rechtswissenschaften (Magna Cum Laude) an der Universität Heidelberg. Einer der führenden Experten beim Thema Unternehmensnachfolge.

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