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Personal > Neue Gallup-Befragung

Millionen Mitarbeiter haben innerlich gekündigt

In deutschen Unternehmen brodelt es: Mitarbeiter suchen nach neuen Perspektiven, Unternehmen kämpfen mit der Bindung ihrer Talente und der Bewältigung des demografischen Wandels.

Etwa jeder fünfte Arbeitnehmer hat gedanklich schon seinen Karton gepackt und ist bereit dazu, das Unternehmen zu verlassen. Bild: Shutterstock

Mehr als 7,3 Millionen Beschäftigte in Deutschland haben mit ihrem Unternehmen abgeschlossen – das ist knapp jeder Fünfte. Noch mehr sitzen auf gepacktem Koffer und sind bereit zu einem neuen Arbeitgeber zu wechseln. Das ist das Ergebnis einer Erhebung des Gallup Instituts, das die Zufriedenheit der Beschäftigten hierzulande seit 2001 untersucht. Fast jeder Zweite ist demnach auf der Suche nach einer neuen Stelle oder zumindest offen für neue Angebote. Die Entfremdung zum Arbeitgeber kostet die deutsche Wirtschaft erhebliche Summen. Den Gallup-Experten zufolge, liegen die Kosten durch Produktivitätseinbußen jedes Jahr zwischen 132,6 und 167,2 Milliarden Euro.

Die „innere Kündigung“ steht auch im Zusammenhang mit steigenden Fehlzeiten. Beschäftigte, die sich emotional von ihrem Unternehmen verabschiedet haben, waren im vergangenen Jahr im Schnitt gut neun Tage krank. Mitarbeiter mit einem guten Verhältnis zum Arbeitgeber fehlten im Schnitt nur fünf Tage. Für die Untersuchung wurden zwischen November und Dezember 2023 insgesamt 1500 zufällig ausgewählte Arbeitnehmende ab 18 Jahren telefonisch interviewt. Die Ergebnisse sind laut Gallup repräsentativ für die Beschäftigten in Deutschland ab 18 Jahren.

Nur noch 53 Prozent der befragten Arbeitnehmer in Deutschland würden versichern, dass sie mindestens bis zum kommenden Jahr in der gleichen Firma bleiben werden. Im Jahr 2018 betrug dieser Wert noch 78 Prozent. Mit Blick auf die kommenden drei Jahre würden 40 Prozent noch im Betrieb bleiben wollen. Fünf Jahre zuvor waren es immerhin noch 65 Prozent. Lediglich 14 Prozent fühlen sich noch „emotional hoch“ an die Firma gebunden. „Bei Unternehmen drückt die wirtschaftliche Entwicklung auf Geschäftsergebnisse und Stimmung. Über dem Kosten- und Krisenmanagement vergessen Führungskräfte oft das People Management. Dabei kann das eine nicht ohne das andere funktionieren“, warnt Studienleiter Marco Nink.

Das Verhältnis zur Führung ist der Studie zufolge in vielen Unternehmen belastet. Nur gut ein Fünftel ist uneingeschränkt mit dem oder der direkten Vorgesetzten zufrieden. Darüber hinaus haben Beschäftigte nicht das Gefühl, dass ihre Führungskräfte ihre Stärken wahrnehmen und wertschätzen. Nur gut ein Viertel gibt an, dass diese in ihrem Arbeitsalltag im Mittelpunkt stehen.

Die Befragten sehen zu 81 Prozent immer noch gute Chancen am Arbeitsmarkt. Dieser Wert habe sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt, so die Autoren der Studie. Die Befragung erfolge allerdings bevor auch namhafte Unternehmen wie ZF, Bosch, SAP, Deutsche Bank oder Miele den Abbau tausender Arbeitsplätze angekündigt haben. Gleichzeitig betonen vier von zehn befragten Beschäftigten, dass das eigene Unternehmen sehr große Probleme hat, offene Stellen erfolgreich zu besetzen. Nur 16 Prozent trauen ihrem Arbeitgeber zu, die besten Talente anzulocken. Die Gallup-Experten sehen hier Defizite im Management vieler unternehmen. Dort sei oft noch nicht realisiert worden, dass bis 2036 rund 13 Millionen Arbeitnehmer – fast ein Drittel aller Beschäftigten – aufgrund der demografischen Entwicklung nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Dies sei eine latente Krisensituation.

Offenbar spielt auch die Transformation in vielen Branchen bei der sich ausbreitenden Missstimmung in den deutschen Belegschaften eine Rolle. Die Werte zeigen, dass für die meisten deutschen Unternehmen der Wandel noch lange nicht vollzogen wurde. Nur noch ein starkes Drittel (4o Prozent) glaube beispielsweise an die wirtschaftliche Grundlage ihres Arbeitgebers. Vor drei Jahren lag der Wert noch bei 55 Prozent. Die Beschäftigten habe offenbar zunehmend Zweifel, dass das Management die richtige Strategie verfolgt und die Transformation meistern wird. „Das Management muss hier eine klare Richtung vorgeben, Aufbruchstimmung vermitteln und in Möglichkeiten statt im Krisenmodus denken, um so die Zuversicht zu stärken und Beschäftigte für den Kurs des Unternehmens zu begeistern«, erklärt Pa Sinyan, Managing Partner bei Gallup.

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