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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Bundesgerichtshof konkretisiert das Werkstattrisiko

Ein unverschuldeter Blechschaden ist ärgerlich genug. Erst recht, wenn die Versicherung des Unfallverursachers die Werkstattkosten nicht zahlen will, weil sie die als überhöht bemängelt. Muss sie aber, bestätigte jetzt der BGH.

BGH-Urteile präzisieren das Werkstattrisiko bei Verkehrsunfällen, betonen Kostenerstattung und stärken das Vertrauen in Fachwerkstätten. ©Shutterstock

Wer unverschuldet in einen Verkehrsunfall gerät, kann sein beschädigtes Fahrzeug in einer Werkstatt reparieren lassen und sich die Kosten dafür vom Unfallverursacher bzw. dessen Kfz-Versicherung erstatten lassen. 

Was aber gilt, wenn die Werkstatt für die Reparaturen mutmaßlich oder tatsächlich zu viel berechnet? Dieses sogenannte Werkstattrisiko sehen die Gerichte grundsätzlich beim Unfallverursacher. Eine überhöhte Rechnung soll nicht zulasten des Unfallgeschädigten gehen. 

Wer das Risiko bei (mutmaßlich) zu hohen Werkstattrechnungen trägt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun anhand von fünf Verfahren konkretisiert. Unter anderem ging es dabei um nicht nachvollziehbare Lackierkosten und vermeintlich überflüssige Reparaturen.

Der BGH stellte klar: Das Werkstattrisiko greift nicht nur für solche Rechnungspositionen, die überhöht sind, weil die Werkstatt Material oder Arbeitszeit unsachgemäß oder unwirtschaftlich ansetzt. Sondern auch für alle berechneten Kosten für Reparaturen, die –  für den Laien nicht erkennbar – gar nicht durchgeführt worden sind. Soweit der Unfallschädiger das Werkstattrisiko trägt, kommt es auf die Frage, ob die in Rechnung gestellten Reparaturkosten objektiv erforderlich waren, nicht an.

Außerdem stellte der BGH fest, dass der Geschädigte, wenn er eine Fachwerkstatt beauftragt, grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass diese bei der Schadensbeseitigung nicht unwirtschaftlich arbeitet. Er müsse nicht etwa zunächst ein Sachverständigengutachten einholen. 

Anspruch auf Kostenerstattung hat er auch dann, wenn er die Reparaturrechnung schon bezahlt hat und der Unfallverursacher erst danach die erhöhten Kosten bemängelt. Ansprüche gegenüber der Werkstatt kann der Geschädigte dann aber an die Versicherung abtreten.

Werden die Kosten allerdings angezweifelt, bevor die Rechnung vollständig beglichen ist, kann der Geschädigte nur die Zahlung der Reparaturkosten an die Werkstatt verlangen, nicht an sich selbst; andernfalls geht das Werkstattrisiko doch auf ihn über. 

Urteile vom 16. Januar 2024 – Az. VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23  

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