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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Ungünstige Klausel im Berliner Testament bestraft Kinder bei der Erbschaftsteuer

Indem sie sich gegenseitig als Erben einsetzen, verhindern Eltern, dass die Kinder nach dem Tod eines Elternteils ihre Ansprüche auf das Erbe realisieren können. Steuerlich kann dies ungünstig sein, wie ein BFH-Urteil zeigt.

Steuerlich kann es ungünstig sein, wenn sich Eltern gegenseitig als Erben einsetzen. Bildquelle: Shutterstock

Bei einem Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein. Kinder erben erst nach dem Tod beider Eltern. Sie können allerdings nach dem Tod von Vater oder Mutter bereits ihr Pflichtteil geltend machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Pflichtteil schon nach dem ersten Todesfall eingefordert wird, verringern können Eltern mit der sogenannten Jastrowschen Klausel. Die besagt, dass Kinder, die schon beim Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil einfordern, weniger bekommen, als wenn sie vorerst verzichten und erst nach Versterben beider Eltern ihren Teil fordern. Diejenigen, die nach dem ersten Sterbefall keinen Pflichtteil einfordern, bekommen zusätzlich zu ihrem Erbteil ein Vermächtnis zugeschrieben. 

Wie eine solche Erbfolgelösung sich steuerlich auswirkt, dazu urteilte jetzt noch einmal der Bundesfinanzhof.
 

Der Fall

Die Eltern der späteren Klägerin hatten ein Berliner Testament errichtet und als Erben des überlebenden Ehegatten vier ihrer Töchter eingesetzt. Ein Sohn und eine weitere Tochter wurden enterbt. Das Testament enthielt auch die besagte Jastrowsche Klausel mit dem Ziel, dass die Pflichtteile erst nach dem Tod beider Eltern ausgezahlt werden sollten. 

Nach dem Tod des Vaters machten die enterbten Kinder ihren Pflichtteil geltend. Die Klägerin als spätere Schlusserbin erwarb daher mit dem Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, das mit dem Tod der Mutter fällig wurde. Dann erst musste sie die enterbten Geschwister auszahlen.

Nach dem Tod der Mutter setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer fest, ließ aber das Vermächtnis steuerlich unberücksichtigt. Die Klägerin meinte allerdings, ihr sei das Vermächtnis doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlassverbindlichkeit steuerlich abzugsfähig.

Die Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Der BFH sah dies genauso und keine Doppelbesteuerung der Klägerin. Er begründete dies wie folgt: Der Wert des Vermächtnisses sei zunächst einmal nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin versteuern worden. Fällig wurde es aber erst beim Tod der Mutter, auf die der Nachlass des Vaters komplett übergegangen war. 

Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit steuerlich nicht geltend machen, weil sie mangels Fälligkeit keine Schuld zu begleichen hatte. Dieser Fall trat erst nach dem Tod der Mutter ein, weshalb die Tochter als Schlusserbin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern hatte. Das Vermächtnis unterlag bei der Klägerin daher nur einmal der Besteuerung.

Dass mit Blick auf das Vermächtnis im Ergebnis trotzdem zweimal Erbschaftsteuer entsteht – einmal bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Tochter nach dem Tod der Mutter – sei zwar ungünstig für den Steuerpflichtigen, so der BFH, aber rechtlich nicht zu beanstanden. Dies liege an der Verwendung der Jastrowschen Klausel, nach der ein Vermächtnis zwar schon bei Tod des Erstverstorbenen anfällt, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig wird. 

Das sagt der Experte

Für folgerichtig hält die Entscheidung des BFH der Münchner Rechtsanwalt Christoph Meyer, Partner der Kanzlei SKW Schwarz. Nach seiner Einschätzung sollte das Berliner Testament auf Fälle beschränkt werden, bei denen die Freibeträge der Erbschaftssteuer – 500.000 für die Ehegatten, 400.000 für die Kinder – absehbar nicht überschritten werden. „Wenn das Vermögen höher ist als die Freibeträge, ist das Berliner Testament in aller Regel die falsche Lösung“, sagt der Experte für Nachfolge- und Vermögensfragen. Dies gelte umso mehr, als der mit dem Berliner Testament verfolgte Zweck auch durch andere Gestaltungen erreichen lasse. „Vor steuerlichem Hintergrund ist die anhaltende Beliebtheit des Berliner Testaments aus Sicht der Praxis kaum nachvollziehbar“, so Christoph Meyer.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.10.2023, Az. I R 34/20

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