Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Management > Christliche Unternehmer

Halleluja, die Bilanz stimmt!

Jesus war auch ein Macher. Wie er dachte, ist Vorbild für christliche Unternehmer. Einer von ihnen ist Abus-Chef Christian Bremicker. Er macht einiges anders.

Abus-Chef Christian Bremicker
„Wir wollen dem Herren gefallen“: Schloss-Herr und Abus-Chef Christian Bremicker. Bild: picture alliance / AAPimages | AAPimages

So lesen sich Führungspersonalien selten: „Wir sind als Familie und Geschäftsführung froh und Gott gegenüber dankbar, dass wir die Weiterentwicklung der Unternehmensgruppe mit der fünften Generation weiter gestalten können.“ Konkret geht es um die zwei Ururenkel Daniel und Nicolas des Abus-Gründers August Bremicker. Das Familienunternehmen aus Wetter an der Ruhr dankt seit seiner Gründung 1924 auch dem Herrn und nicht nur den Rahmenbedingungen, wenn Dinge gut laufen. Punkt eins der Unternehmensrichtlinien lautet folgerichtig: „Wir sind ein inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen, das von christlichen Prinzipien geprägt wird.“

Christian Bremicker leitet das Familienunternehmen heute. Er hat eine klare Haltung: „Wir sind Gottes Geschöpfe – und wir wollen und sollen dem Herren als solche gefallen. Zum Beispiel durch absolute Ehrlichkeit und Offenheit. Wir lügen niemanden an. Keinen Kunden, keinen Mitarbeiter.“ Die scheinen das gut zu finden. Aus der Kellerschmiede, in der einst Vorhängeschlösser entstanden, wurde ein weltweit tätiges Unternehmen für ­Alarmanlagen, Videoüberwachungssysteme und Schließanlagen mit 4000 Mitarbeitern. 2020 wurde Abus als einer der „500 Top-Arbeitgeber Deutschlands“ ausgezeichnet.

Einflussreiche Familienmitglieder gehören der evangelischen Kirche an. Auch Christian Bremicker lebt seinen Glauben offensiv. Auf Youtube erklärt er einen der wichtigsten Momente seines Lebens: den, als er erkannte, auch er sei ein Sünder und dass Jesus seine Last trage. Einige Familienmitglieder werden der evangelikalen Brüderbewegung zugerechnet. Deren Bibelinterpretation darf man konservativ nennen. Sie ist weit entfernt von Zeitgeistthemen wie Diversity. Frauen der Familie in Führungspositionen sind bei August Bremicker Söhne (daher die Abkürzung Abus – das „und“ ist im Laufe der Zeit verschwunden) schwer zu finden. Ohnehin ist das Unternehmen verschwiegen, auch wenn es um Zahlen geht. Das brachte der Familie den Ruf ein, wie eine Sekte zu handeln – was Bremicker weit von sich und den Seinen weist.

Christliche Macher wandeln auf einem schmalen Pfad. Die Öffentlichkeit ist ein Sensibelchen. Aufs Missionieren reagiert sie allergisch, aber ihr moralischer Anspruch an glaubensfeste Firmenchefs ist turmhoch. Wäre die Lösung also einfach: Tue Gutes und rede darüber? „Das ist für viele christliche Unternehmen doppelt blöd“, sagt Peter Leibinger. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Maschinenbauers Trumpf beschreibt das Dilemma. „Was heute ESG oder Nachhaltigkeitskriterien heißt, leben solche Familienunternehmen seit Generationen. Aber weil sie Bescheidenheit praktizieren, wollen sie das keinesfalls wie eine Monstranz vor sich hertragen.“

Dabei profitieren viele von gelebten christlichen Werten. Führungskräfte handeln nach einem klaren Wertesystem, Mitarbeiter erfahren Wertschätzung, die Gesellschaft drum herum hat einen zuverlässigen Partner und Arbeitgeber. Die Sinnfrage stellt sich auch in der Berliner Gründerszene. Stephanie Renda, Mitgründerin der Beraterfirma Moinland, hat sie für sich beantwortet. „Mein Gründerpartner teilt meine christlichen Werte. Wir müssen viele Fragen gar nicht verhandeln, wir stehen auf derselben Seite.“

Beruf und Berufung leben

Peter Barrenstein, Vorsitzender des Kuratoriums des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer in Deutschland und einst Direktor beim Beratungshaus McKinsey, zieht nach seinem langen Berufsleben diesen Schluss. „Es gibt nicht per se eine christliche Unternehmensführung, es hängt immer am Menschen. Aber von Christen erwarte ich zum Beispiel, dass sie die Spielräume der Legitimität nicht ausreizen. Aus der Überzeugung ihres breiten Menschenbildes sollten sie Mitarbeiter entwickeln und halten, Beruf und Berufung leben.“

Hohe Ansprüche, aber „der Glaube schenkt Führungskräften mit seiner Hoffnung, Vertrauen und Jesus Christus als Vorbild ein hohes Maß an Resilienz“, sagt Barrenstein. Verbunden damit sei der Gedanke der Demut. „Ein Christ kann einen Schritt zurücktreten und anerkennen: Erfolg kann ein Geschenk sein, das im Team erarbeitet wurde und vielleicht auch Hilfe von oben bekommen hat.“ Die Freiheit des Christenmenschen bedeute in schlechten Zeiten die Gewissheit: Auch für Unternehmer gebe es nach einer Niederlage die Wiederauferstehung.

Was für eine frohe Botschaft. Aber die sei noch viel zu selten sichtbar, kritisiert Nicola Beer, Vizepräsidentin des EU-Parlaments und FDP-Politikerin. Sie mahnt christliche Unternehmer: „Werben Sie für Ihren Glauben! Unsere Gesellschaft wird immer aggressiver, und viele Menschen ziehen sich ins Private zurück. Gerade jetzt müssen sich Christen einbringen und die Diskussion suchen.“ Auch, wenn’s weh tut. Denn wie schnell man dafür verspottet wird, hat auch Beer erlebt. „Mir wurde in der Partei gesagt: Als Politikerin kannst du dich nicht gleichzeitig für die Kirche engagieren. Kirche sei für Privatleute.“ Das hat die quirlige Politikerin nicht daran gehindert, heute Mitglied im Präsidium des Evangelischen Kirchentages zu sein.

Doch selbst für Christen müsse Toleranz in der Wirtschaft Grenzen haben, sagt Multi-Aufsichtsrat Barrenstein. „Auch wenn subtile Korruption in manchen Staaten üblich ist: Solche Geschäfte habe ich nicht gemacht, auch nicht, wenn es einen lukrativen Auftrag gekostet hat.“

Ähnliche Artikel