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Stihl kappt Abwanderungspläne in die Schweiz

Die Nachricht über die Verlagerung der Produktion von Deutschland in die Schweiz hat viele aufgeschreckt. Doch nun stoppt Stihl seine Überlegungen. Warum die Lohnkosten hierzulande höher sind, obwohl die Schweizer mehr verdienen.

Michael Traub
„Wir planen keine Verlagerung in die Schweiz“. Michael Traub, der Vorstandsvorsitzende des Motorsägen- und Gartengeräteherstellers Stihl, spricht bei der Bilanz-Pressekonferenz in der Liederhalle. Bildnachweis: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

„Wir planen keine Verlagerung in die Schweiz“, sagt Michael Traub, Chef des Herstellers von Motorsägen und Gartengeräten Stihl – und kappt damit alle Spekulationen um eine mögliche Abwanderung des Familienunternehmens. Die Debatte hatte Nikolas Stihl, Mitgesellschafter und Vorsitzender des Beirats, kürzlich mit dem Hinweis angefacht, die Lohnkosten seien selbst in der Eidgenossenschaft günstiger als in Deutschland. Konkret nannte er die von der IG Metall für die Stahlindustrie geforderte 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Gleichzeitig hatte das Unternehmen aus dem schwäbischen Waiblingen den Bau eines Standorts im benachbarten Ludwigburg gestrichen. In der Schweiz produziert Stihl bereits in Wil und Bronschhofen (Kanton St. Gallen) Sägeketten. 

Die für Ludwigsburg geplanten Arbeiten sollen vorerst im Stammhaus in Waiblingen übernommen werden. In ein bis zwei Jahren überlegen wir neu“, so Traub. „Deutschland ist unser teuerster Standort. Hier zu investieren, muss man wollen“, macht der Vorstandschef deutlich. So würden die Lohnkosten in der Schweiz zwischen 15 und 20 Prozent weniger betragen als im Heimatland. In Rumänien sind es sogar 30 Prozent“, rechnet Personalchef Michael Prochaska vor. 

Die Beschäftigten in der Schweiz würden zwar mehr verdienen, arbeiteten über das Jahr hinweg mit 1662 aber auch 374 Stunden mehr als die deutschen Beschäftigten. Die Gedankenspiele mit der Schweiz wollte man als Weckruf verstanden wissen, heißt es heute bei Stihl. Die Wirkung war offenbar übersichtlich. „Reaktionen von der Politik gab es so gut wie keine“, räumt Traub ein. Die Abwanderungsüberlegungen sind wohl aber auch ein Signal an die eigene Belegschaft, mit der über die 2025 auslaufende Beschäftigungssicherung verhandelt werden soll. Rund 6000 der knapp 20.000 Beschäftigten arbeiten in Deutschland.

Lohnkosten sind für Stihl der entscheidende Faktor bei der Standortwahl. „Die Kosten für den Bau sind im europäischen Vergleicht nahezu gleich“, macht Produktionschef Martin Schwarz deutlich. Darum baut derzeit Stihl ein Batteriewerk im rumänischen Oradea, das 2025 mit 700 Beschäftigten. „Wir wollen so langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Bei Stihl ist der Anteil der akkubetriebenen Geräte innerhalb eines Jahres von 20 auf 24 Prozent gestiegen. Bis in drei Jahren sollen es mehr als ein Drittel sein und 2035 hat nach den Planungen des Unternehmend 80 Prozent keinen Benzinantrieb mehr. Im Stammhaus Waiblingen werden die Kapazitäten für akkubetriebene Profi-Geräte und E-Motoren ausgebaut. In diesem Hochleitungssegment seinen die Margen auch besser.

Der Wettbewerb im Akkubereich sei wegen der starken Konkurrenz aus China und den USA aber deutlich heftiger, räumt Traub ein. Die Nachfrage nach Geräten mit E-Speicher ist deutlich größer als jene mit Benzinmotor. Die werden zunehmend auch im Profibereich verdrängt. Für den professionellen Gebrauch hat Stihl jetzt einen fahrbaren Rasenmäher auf den Markt gebracht, dessen Batterie für einen Betrieb von acht Stunden ausreicht. „Ein E-Auto für den Rasen“, meint Traub stolz. Ein Akku speist auch den neuen Trennschleifer, der selbst durch eine Marmorplatte kommt. 

Der Wettbewerb hat sich insgesamt zuletzt verschärft, weil die Branche nach dem Boom während der Pandemie deutlich weniger verkauft. So ist der Umsatz von Marktführer Stihl um vier Prozent auf 5,27 Milliarden Euro zurück gegangen. Zum Ertrag teilt Stihl traditionell nur die Floskel „zufriedenstellend“ mit. „Hätte besser sein können“, ergänzt Traub diesmal. Die Waiblinger können den Rückschlag verschmerzen, ist das Familienunternehmen in den vergangenen Jahren doch sehr kräftig gewachsen. So betrug der Umsatz 2019 noch 3,94 Milliarden Euro. Die Eigenkapitalquote von 65 Prozent belegt, dass Stihl insgesamt solide dasteht. In diesem Jahr will Stihl wieder leicht zulegen und setzt dabei auf eine Erholung der Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte.  

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