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Technologie > Bosch-Siemens Hausgeräte

Kühlschrank erschnüffelt verdorbene Ware

Mit künstlicher Intelligenz in der Küche will Bosch-Siemens Hausgeräte (BSH) in dem kriselnden Markt für Herde, Kühlschränke und Spülmaschinen punkten.

Matthias Metz
Matthias Metz, CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch-Siemens Hausgeräte. Bildnachweis: picture alliance / SZ Photo | Robert Haas

Der Konzern spürt die Immobilienkrise vor allem Deutschland und China, wohin gut zwei Fünftel des Gesamtumsatzes verkauft werden. Die Münchner verkaufen derzeit vor allem technisch anspruchsvolle Geräte, deren Kundschaft sich nicht von der lahmenden Konjunktur beeindrucken lässt. Dazu zählt ein Herd, - Kostenpunkt ab 2000 Euro - der über eine Kamera erkennen kann, welches Gericht gegart werden soll. Über die Cloud gleicht das Gerät zudem die bisherigen Kochgewohnheiten ab. Schon ab 1200 Euro kommt ein Kühlschrank auf den Markt, der über einen Geruchsensor verdorbene Lebensmittel erkennt und dem Besitzer das auch über das Smartphone mitteilen kann. Intelligente Waschmaschinen fragen den Nutzer, wie er mit dem Ergebnis zufrieden war und passen dann ihr Programm den individuellen Erwartungen an. 

Insgesamt ist der Umsatz um sieben Prozent auf 14,8 Milliarden Euro zurückgegangen. Neben der Immobilienkrise spielt auch eine vorausgegangene Sonderkonjunktur eine Rolle, warum die Geschäfte 2023 nicht mehr so gut gelaufen sind. In den Jahren 2021 und 2022 hatten viele Kunden während der Pandemie viel Geld für die Modernisierung ihrer Haushaltsgeräte ausgegeben. Im vergangenen Jahr blieben mehr Herde, Waschmaschinen und Staubsauger beim Handel stehen. In Europa, China und Nordamerika war ein heftiger Preiskampf die Folge, der zum Teil heute noch anhält.   „Wir konnten dennoch unseren Marktanteil ausbauen“, kann BSH-Chef Matthias Metz der Entwicklung etwas Positives abgewinnen. 

Die Münchner erwarten für 2024 ein weiteres schwieriges Jahr. So liegt der Umsatz im ersten Quartal vier Prozent hinter dem Vorjahr. BSH setzt auf Innovationen, um sich die Konkurrenz auf abstand zu halten. Wie im vergangenen Jahr sollen mehr als 800 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung fließen. „Zudem profitieren wir von vielen Entwicklungen der Konzernmutter Bosch“, beschreibt Technikchef Lars Schubert die Vorteile des Unternehmens. In den Ausbau und die Modernisierung der Produktion hat die BSH 2023 mehr als 600 Millionen Euro investiert. Davon flossen allerdings gut zehn Prozent in die Restrukturierung zweier Werke in Spanien und Slowenien, die von einer Flutkatastrophe betroffen waren. „Viele Kleingeräte waren deshalb über Monate nicht mehr lieferbar“, erklärt Gerhard Dambach. 

Der Finanzchef windet sich traditionell um klare Aussagen zur Ertragsentwicklung. „BSH ist und muss profitabel bleiben“, ist die offizielle Aussage. Die konkreten Zahlen hält die Konzernmutter in Stuttgart unter Verschluss. Doch für Bosch ist das Geschäft von allerwichtigster Bedeutung. Neben einem Fünftel des Umsatzes steuern die Münchner Tochter dem Vernehmen nach etwas die Hälfte des Nettoertrages bei. In guten Zeiten waren es sogar schon mal zwei Drittel. Schon deshalb ist die Erwartung hoch, dass die Münchner ihre kosten Im Griff behalten. Im Februar hatte Metz den Abbau von 3500 Stellen in der Verwaltung angekündigt. Kündigungen werde es nicht geben. Dem Vernehmen nach setzt BSH auf die demografische Entwicklung der kommenden Jahre um bis 2027 auf eine Mitarbeiterzahl von 58.000 zu kommen. Vor zwei Jahren waren noch 63.000 bei BSH beschäftigt.

Als „Bestrafung heimischer Unternehmen“ betrachtet BSH-Chef Metz die ungleiche Behandlung seines Unternehmens gegenüber der asiatischen Konkurrenz. Für die gelten die Vorschriften des Lieferkettensorgfaltsgesetzes nicht, weil sie in Deutschland nur eine kleine Vertriebsgesellschaft betreiben. Das führt dazu, dass Wettbewerber wie die chinesische Haier oder die türkische Arcelick ihren Stahl günstig in Russland beziehen können und dort auch waren verkaufen. Auch die Arbeitsbedingungen werden nicht kontrolliert oder gar sanktioniert. Unternehmen wie Miele oder Bosch-Siemens halten sich hingegen an die teureren regeln der EU. „die Politik sollte schon dafür sorgen, dass wir in dem gerade stattfindenden harten Wettbewerb auf faire Rahmenbedingungen vorfinden“, so Metz. 

Grundsätzlich will Europas größter Hausgerätehersteller weiter wachsen und setzt dabei fest auf den Fachhandel. „Der ist eine wichtige Größe, denn die Kunden müssen die Geräte real erleben“, erklärt Rudolf Klötscher, in der BSH-Führung unter anderem für den Europa-Vertrieb verantwortlich. Er nennt den „Cookit“ eine Küchenmaschine, die dem „Thermomix“ des Wettbewerbers Vorwerk die Vormachtstellung in den Küchen streitig machen soll. Allerdings sieht Klötscher auch neue Vertriebswege. Dazu gehören Abo-Modell für Hausgeräte, die derzeit in Deutschland und den Niederlanden aufkommen. „Manche Kunden leben berufsbedingt nur für eine gewisse Zeit in einer Wohnung und wollen dafür keine neuen Geräte kaufen. Oder sie wollen eine hochwertigen Kaffeeautomat ausprobieren, bevor sie ihn tatsächlich kaufen“, so Klötscher.

Auf dem stark umkämpften Markt in China entwickelt sich eine neue Vertriebsform. Hier nutzen die Anbieter den Umstand, dass schon heute 60 Prozent der Geräte online gekauft werden. Auf Kanälen wie Tiktok spielen Verkaufshows eine immer größere Rolle. Hier kaufen die Kunden mit einem einzigen Klick eine neue Waschmaschine oder den nächsten Mixer. Gut die Hälfte des Onlineverkaufs findet bereits über diese Verkaufsveranstaltungen statt. BSH will das Geschäft auch mit mehr regionaler Präsenz ausbauen. Ende des Jahres nimmt in Mexiko eine zusätzliche Fertigung von Waschmaschinen für den Nordamerikanischen markt den betrieb auf. In Ägypten startet die erste Produktion für den afrikanischen Kontinent. Dort entstehen Gasherde die für Großfamilien gedacht sind.

BSH gehört seit 2015 ganz zu Bosch nachdem Siemens nach knapp 50 Jahren aus dem Gemeinschaftsunternehmen ausgestiegen ist. Die Marke wird allerdings weitergeführt. Zur Gruppe gehören auch Produkte von Neff, Constructa, Junker, Profilo und die Luxusmarke Gaggenau. Der Konzern mit Sitz in München beschäftigte 2023 weltweit an 37 Standorten rund 60.000 Mitarbeiter davon 17.000 in Deutschland. Produziert wird in Bretten, Giengen an der Brenz, Dillingen, Traunreut, Nauen und Bad Neustadt. Die Produktpalette reicht vom Mixer, Kaffeemaschinen über Staubsauger und Waschmaschinen bis zu Kühlgeräten, Herde und Geschirrspüler.

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