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Technologie > Feinstaub

Unternehmen müssen für saubere Luft in der Produktion sorgen

Was auf der Straße verboten ist, ist in der Fertigung normal: eine hohe Feinstaubbelastung. Unternehmen müssen für eine saubere Luft sorgen, sonst drohen empfindliche Strafen – Möglichkeiten dazu, gibt es viele.

Die 58 Umweltzonen in deutschen Städten, die das Umweltbundesamt aufführt, sorgen bei vielen Unternehmen und ihren Mitarbeitern für Gesprächsstoff. Schließlich bedeuten sie, dass man in bestimmte Bereiche des Landes nicht mehr so einfach mit einem Service- oder Lieferfahrzeug hineinfahren und Kunden aufsuchen kann, wenn dieses über keine grüne Plakette verfügt.

Der sogenannte Feinstaub entsteht bei Verbrennungsprozessen. Die Partikel gelangen bei der industriellen Herstellung von Produkten, beim Betrieb von Kraft- und Fernheizwerken oder durch Verbrennungsmotoren von Autos in die Atmosphäre. In der Außenluft ist nach der EU Richtlinie 2008/50/EG maximal ein mittlerer Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erlaubt. Wird dieser Wert überschritten, sind Fahrverbote zulässig, um damit den Messwert zu senken. „Das ist nun mal so geregelt“, sagt Jan W., Geschäftsführer bei einem Hersteller von Stahlprodukten. Seinen vollständigen Namen will er nicht in der Presse lesen. Für ihn bedeuten die strengen Vorgaben kein Problem, da er mit einem Geschäftswagen mit Hybridmotor unterwegs ist. Und auch bei den Dieselfahrzeugen seines Fuhrparks achtet er darauf, dass sie die bestmöglichen Abgaswerte einhalten.

Viel Staub

Ähnlich sieht es bei den Arbeitsplätzen in der Produktion aus. Auch hier gibt es Grenzwerte. Falls sich die gemessenen Werte nach oben verändern sollten, ist der westfälische Unternehmer zuversichtlich, das Problem zu lösen: „Dann werden wir mit Filteranlagen nachrüsten.“

Diese erstaunlich hohe zulässige Staubbelastung in der Luft eines Produktionsbetriebs darf sein, weil das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Grenzwert unter Berücksichtigung von Studien genehmigt hat. Sind den dort verantwortlichen Politikern und Bürokraten die Unternehmer und ihre Mitarbeiter an den Produktionsstandorten weniger wert als Passanten an Straßenkreuzungen?

Deutliche Vorgaben

Eine Antwort auf diese Frage liefert das Umweltbundesamt in seinem Informationsblatt „Unterschied zwischen Außenluft- und Arbeitsplatzgrenzwert“. Darin heißt es: „Der Arbeitsplatzgrenzwert hat einen anderen Zeit- und Personenbezug als der Grenzwert für die Außenluft: Der Wert gilt für gesunde Arbeitende an acht Stunden täglich und für maximal 40 Stunden in der Woche. Dem Stickstoffoxid in der Außenluft sind hingegen alle Menschen rund um die Uhr ausgesetzt, wenngleich die Konzentration je nach Aufenthaltsort schwanken kann.“

Wie weit diese Begründung politischen Interessen geschuldet ist, mag dahingestellt bleiben. Solange sie gilt, müssen Unternehmen die Obergrenze für Staub in der Produktion ernst nehmen. Denn es liegt in der Verantwortung des Unternehmers, sich um den Arbeitsschutz seiner Mitarbeiter zu kümmern. Darüber hinaus überwachen die Berufsgenossenschaften die Feinstaubbelastung am Arbeitsplatz. Das ist in der gesetzlichen Unfallversicherung und im Sozialgesetzbuch vorgeschrieben. Demnach haben „die Unfallversicherungsträger die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren (…) zu überwachen“. Wenn ein Kontrolleur der Berufsgenossenschaften unangemeldet in einen Betrieb kommt, wird er zunächst die vom Unternehmen erstellten Gefährdungsbeurteilungen zum Arbeitsschutz für jeden einzelnen Arbeitsplatz prüfen – etwa in welchem Zustand sich der Maschinenschutz befindet oder wie es um den Einsatz von Gefahrstoffen bestellt ist. Sollte keine Gefährdungsbeurteilung vorliegen, wird das bereits als Mangel gerügt. Danach sieht sich der Aufpasser den Betrieb genau an. Was er als Verbesserungsmaßnahme empfiehlt, sollte man befolgen. Der Kontrolleur ist in der Tat berechtigt, im Extremfall den Betrieb stillzulegen. Doch diese extreme Sanktion zählt wohl zu den seltenen Ausnahmen. Die absolute Mehrheit der Mittelständler lässt es darauf natürlich nicht ankommen und sorgt rechtzeitig vor.

Auf der Hut sein müssen Betriebe, die prozesstechnische Luftverunreinigung etwa durch Schweißanlagen oder Maschinen in der Holzbearbeitung verursachen. Die Schweißarbeiten sind deshalb so heimtückisch, weil der Rauch an der Entstehungsstelle ein Gemisch von Partikeln aus der Verbrennung und dem geschmolzenen Material, wie Aluminiumoxid oder Chromaten, enthält. Wenn die Stäube über die Atemwege in die Lunge gelangen, kann das im ungünstigsten Fall Lungenkrebs verursachen, warnt die Weltgesundheitsorganisation.

Die Absorber

 

Welche Konzepte gegen Staub in der Produktion helfen

 

Tresor: gekapselte Maschinen mit integrierter Staubabsaugung

Staubsauger: Produktionsmaschinen mit Absaugung an der Emissionsquelle

Dunstabzugshaube: Absaugung der Luft des Arbeitsplatzes an der Emissionsquelle

Luftreiniger: Raumlüftung mit Anordnung der Absaugelemente in der Nähe von Gefahrenquellen, um hohe lokale Luftwechselraten zu erzeugen

Ein probates Mittel dagegen sind technische Filter- und Absaugsysteme. Selbst in größeren Hallen mit 8.000 Kubikmeter Volumen kann ein Luftreinigungssystem Staub absaugen. Die Anlage besteht aus einer unter der Hallendecke aufgehängten Kanalleitung. In den Kanal sind Öffnungen mit Filtern eingebaut, die an kritischen Stellen die Abluft der Produktionsanlage absaugen. Zum Einsatz kommen dabei zwei verschiedene Filter: Der eine zieht mit elektrostatisch aufgeladenen Flimmerhärchen kleinste Partikel aus der durchströmenden Luft an. Nach diesem Durchgang kämmt ein weiterer Filter alle Partikel auf, die bisher nicht erfasst wurden. Dieser Luftreinigungsprozess soll die Staubbelastung um 80 Prozent senken.

Die Unternehmen sollten selbst aktiv gegen die Feinstaubbelastung vorgehen. Doch so manchem Mittelständler fehlt angesichts voller Auftragsbücher die Zeit, sich auch noch im Detail um die Technik von Belüftungsanlagen zu kümmern: „Was wollen Sie da mit einem Betrieb mit sieben Mann schon machen?“, zeigt sich Unternehmer Jan W. mit Blick auf kleinere Mitbewerber verständnisvoll.


Der Artikel gehört zu einem Thema aus der „Markt und Mittelstand“-Ausgabe Oktober 2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.

 

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