Wie der Seiffener Spielzeugmacher Tino Günther mit einem neuartigen Räuchermännchen in der Corona-Krise durchgestartet ist.
Tino Günther ist ein zupackender Mensch mit vielen Ideen. Und eine aus dem Herbst 2020 rettete nicht nur sein Unternehmen im erzgebirgischen Seiffen, sondern gab auch einer in Deutschland eher entlegenen Region einen Schub in Pandemiezeiten. Günther dachte den klassischen Räuchermann, oft eine bauchige, bärtige Holzfigur mit Pfeife und Hut, neu und kombinierte ihn mit dem bekanntesten Virologen Deutschlands: Christian Drosten von der Berliner Charité.
Das Ergebnis ist 28 Zentimeter hoch. Eine schlanke Holzfigur, die Hände in die Taschen des weißen Kittels gesteckt, mit Maske und durchdringendem Blick. Der Mini-Drosten steht auf einem stilisierten Virus. Und wenn die Räucherkerze in der Figur angezündet ist, raucht es durch die wuseligen schwarzen Haare aus dem Kopf.
Günther ist Chef der gleichnamigen Spielzeugmacher-Firma. Das Unternehmen stellt in Handarbeit Schwibbögen, Pyramiden, Engel, Baumschmuck aus Holz her – viele Klassiker der Weihnachtszeit. Mehr als 100 Produkte hat Günther im Programm, verkauft wird überwiegend auf Weihnachtsmärkten, die 2020 wegen der Covid-19-Pandemie ausfielen. Eine Katastrophe für Günther und viele andere Hersteller im Erzgebirge. Und dann kam die Idee mit dem Virologen.
11.000 Figuren verkauft
"Die Bestellungen laufen besser als gedacht", sagt Günther zurückhaltend, aber ganz kann er den Stolz nicht unterdrücken. Denn nichts war bisher so erfolgreich wie der Virologe. Rund 11.000 Stück der 80 Euro teuren Figur hat Günther verkauft. Die Lieferzeit beträgt mehrere Monate, schließlich ist alles Handarbeit. Bestellungen kommen aus aller Welt, vor allem den USA. Der wohl weiteste Versand bisher ging nach Schanghai.
Und bestellt wird. Besonders Firmen aus der Medizinbranche sähen sich nach Weihnachtsgeschenken für Geschäftspartner um, sagt Günther. "Das merken wir gerade." Dass der rauchende Virologe rechtzeitig bei den Kunden ist, garantiert der Seiffener Unternehmer. "Wer bis September bestellt, bekommt die Ware bis Weihnachten." Aus 28 Teilen besteht der hölzerne Drosten, die Produktion des Räuchervirologen ist stark arbeitsteilig und auf verschiedene Unternehmen verteilt. So kommt der Körper von einer Firma, die sich auf CNC-Technik spezialisiert hat, Kleidung und Knöpfe liefert ein Anbieter mit besonderer Expertise in Lasertechnik.
Andere Teile stellt Günther selbst her und montiert die Figur in zahlreichen Arbeitsschritten auch. Wegen der großen Nachfrage nach dem neuen Räuchermann musste Tino Günther seine sieben Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit schicken, wie sich noch im Oktober abzeichnete. Er stockte sein Team sogar um fünf Beschäftigte auf. Dazu kommen noch einmal elf Aushilfen, die sich etwa um Verpackung oder Formulare kümmern. In den Zulieferbetrieben sind zehn weitere Mitarbeiter ausschließlich mit der Figur beschäftigt.
Günthers Umsatz wird sich 2021 wohl verdreifachen, genaue Zahlen nennt er nicht. Warum der schlanke Räuchermann so erfolgreich ist? "Natürlich wegen der außergewöhnlichen Form", sagt Günther. Die Figur wird allein bleiben im Sortiment. "Wir planen keine Fortsetzung mit Figuren dieser Art", sagt Günther. "Normalerweise wird die zweite Auflage eines sehr erfolgreichen Produkts ein Flop. Deshalb machen wir das nicht." Aber es wird anderes geben, Günther arbeitet bereits daran. Denn: "Niemals bei solch einem Erfolg denken, dass man damit gerettet ist."