Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Debatte > Gastbeitrag

In 5 Schritten zur E-Rechnung: Herausforderung angenommen

Ab Januar 2025 wird die E-Rechnung zur Pflicht. Ein Leitfaden für Unternehmen in fünf Schritten zur systematischen Umstellung.

Cegedim-Geschäftsführer Tim Roßky

Ab Januar 2025 wird es augenscheinlich ernst: Der Empfang von E-Rechnungen für in Deutschland umsatzsteuerpflichtige Unternehmen wird laut Plan der Bundesregierung verpflichtend. Die Betonung liegt zwar auf dem Begriff „Empfang“, es liegt aber in der Natur der Sache, dass damit auch der Versand von Rechnungen an deutsche Unternehmen (B2B) einhergeht. Die Verpflichtung zu Letzterem wird für Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 Euro voraussichtlich ab 2027 gelten. Es ist eher unwahrscheinlich, dass Unternehmen Rechnungen empfangen, aber selbst keine Rechnungen ausstellen. Der Versand ist in 2025 noch nicht verpflichtend, allerdings können Unternehmen einfacher als bisher von allen Vorteilen der elektronischen Rechnung profitieren. Dadurch lassen sich trotz steigender Kosten für Porto und Rohstoffe, v.a. für Papier, Ausgaben senken. Zusätzlich ermöglicht dies eine schnellere Übertragung der Rechnungen, um nur einige Vorteile zu nennen. 

Viele Unternehmen versetzt der zu erwartende Aufwand aufgrund der Umstellung in große Sorge. Verschiedene Verbände kritisieren besonders die hohen finanziellen Belastungen, die kleine Unternehmen besonders betreffen.

Aber was ist überhaupt eine E-Rechnung? Ist diese identisch mit bereits jetzt häufig per Mail versendeten PDF-Rechnungen? Nein! Man kann sich eine E-Rechnung eher wie eine Excel-Tabelle mit einem vorgegebenen Aufbau vorstellen: Schnell zustellbar, maschinenlesbar und mit minimiertem Fehlerpotenzial. Eine einfache PDF-Rechnung ist zwar digital, erfüllt aber nicht die geforderten Kriterien einer E-Rechnung mit strukturierten Daten.

Exkurs:  Der Hintergrund der verpflichtenden Änderung

Das Hauptziel der EU ist die (mittelfristige) Schließung der sog. Mehrwertsteuerlücke. Dazu wird man Unternehmen zu einer digitalen und zeitnahen Steuermeldung an die Finanzbehörden veranlassen. 

Deutschland hat sich entschieden, das Thema in zwei Etappen anzugehen. Der erste Schritt ist dabei, dass Rechnungen elektronisch ausgetauscht werden. Der zweite Schritt umfasst ab 2028 nach aktuellem Plan die elektronische Steuermeldung an das Finanzamt. 
Ein Blick über die Landesgrenzen, wie zum Beispiel in Richtung Frankreich, zeigt, dass beim deutschen Weg die Komplexität deutlich reduziert oder zumindest zeitlich entzerrt wird. Das kommt der Wirtschaft, den Finanzbehörden und E-Invoicing Dienstleistern entgegen.

Unternehmen, die zur Rechnungsstellung immer noch mit Word und Excel oder sogar noch mit Stift und Papier arbeiten, sollten also jetzt das Momentum nutzen und sich digital (um-)rüsten. 

Leitfaden zur systematischen Umstellung

Eines ist sicher: Die verpflichtende Umstellung auf E-Rechnungen im B2B-Bereich stellt viele Unternehmen vor technische und finanzielle Herausforderungen. Verantwortliche wissen teilweise nicht konkret, welche Schritte zur Umstellung in welcher Reihenfolge getan werden müssen. Dieser Beitrag soll als praxisorientierter Leitfaden dienen, wie man den Übergang von Papier- und PDF-Rechnungen auf E-Rechnungen erfolgreich bewältigen kann. Das Ganze basierend auf der europäischen Norm EN 16931 und gemäß der EU-Richtlinie 2014/55/EU. 

Schritt 1: Aufbau einer ausreichenden Expertise

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ab 2025 auch die Zustimmungspflicht für die E-Rechnung entfallen dürfte. Rechnungsempfänger sollten also grundsätzlich technisch in der Lage sein, E-Rechnungen digital empfangen und idealerweise entsprechend verarbeiten zu können. Nicht nur Angestellte in der Buchhaltung sollten sich also auf den neuesten gesetzlichen Stand bringen. IT-Verantwortliche müssen die technischen Voraussetzungen zum Empfang – und wenn möglich auch zur Verarbeitung – von E-Rechnungen schaffen bzw. administrieren. Das umfasst die eingesetzte Hardware und Infrastruktur, aber auch die entsprechenden Softwareanwendungen. Im C-Level bedeutet das: Aneignen von Wissen und Freigeben von notwendigen Budgets.

Wie bei den meisten Veränderungen gibt es auch hinsichtlich der E-Rechnung Übergangsfristen. Die erste Frist für den Versand beträgt zwei Jahre und endet im Jahr 2026 – für Unternehmen mit einem Umsatz von über 800.000 Euro. In diesem Zeitraum sind Papierrechnungen und digitale Rechnungen erlaubt, auch wenn sie nicht den konkreten Anforderungen der EN 16931 entsprechen – mit und ohne strukturierte Daten (z. B. auch einfache PDFs).

Die zweite Übergangsfrist für "EDI"-Verfahren dauert drei Jahre bis Ende 2027. Hierbei sind elektronische Rechnungen erlaubt, auch wenn sie nicht den genauen Vorgaben der EN 16931 entsprechen.

Zusätzlich werden nach dem aktuellen Plan der Bundesregierung auch all diejenigen digitalen Rechnungsformate toleriert, die die geforderten strukturierten Datenfelder enthalten und mit den gesetzlichen und technischen Anforderungen kompatibel – interoperabel – sind. ABER: Bei dieser „Ausnahme” bedarf es zwingend der Zustimmung jedes einzelnen Rechnungsempfängers.

Schritt 2: Analyse des Status Quo

Es gilt, die aktuelle Kunden- bzw. Lieferantenstruktur für den Rechnungsaustausch zu erfassen, zu analysieren und den Handlungsbedarf je Format zu ermitteln. 

Hierbei sollten Formate, Versandkanäle und die Anzahl der Rechnungen pro Monat berücksichtigt werden. Perspektivisch wird die E-Rechnung auch im internationalen Rechnungsverkehr zunehmend gefordert. Daher ergibt es Sinn, auch bereits jetzt zu prüfen, in welche Länder Rechnungen – aktuell und zukünftig – verschickt werden. Ab wann eine Pflicht zum Versand von E-Rechnungen bei internationalen Geschäften besteht, hängt von den jeweiligen Gesetzen und der Unternehmensstruktur ab. Fakt ist: Auch wenn sich alle grundsätzlich nach der Europäische Norm EN 16931 richten müssen, gibt es bereits heute bei Format und zulässigen Übermittlungswegen klare nationale Unterschiede. 

Hilfreich kann die Erstellung einer Listenübersicht sein, für die sich folgende Fragen stellen: Welche Formate müssen Sie bedienen? Und welche Übermittlungswege sind heute im Einsatz? Auf Basis dieser Information kann dann eine Übersicht für jede relevante Kombination aus Format und Versandweg erstellt werden. So könnte eine Hilfstabelle aussehen:

Schritt 3: Einordnung in die Systemlandschaft

Für IT-Verantwortliche im Unternehmen ergeben sich bei der Umsetzung der gesetzlichen wie technischen Vorgaben eine Vielzahl von notwendigen Maßnahmen zur Umstellung. Zunächst ist zu klären, welche Systeme und welche Schnittstellen für den Rechnungsversand und -eingang berücksichtigt werden müssen. Dabei ist Vorsicht geboten: ERP-Systeme beispielsweise unterstützen die notwendigen Formate oder Versandwege oft nicht von Natur aus. Es muss eine Lösung gewählt werden, die eine Brücke zwischen den kommenden Anforderungen und Ihrer IT-Systemlandschaft schlägt. Zu beachten sind dabei Faktoren wie Benutzerfreundlichkeit, Integrationsfähigkeit in bestehende Systeme, Sicherheitsmerkmale und Compliance mit gesetzlichen Anforderungen. 

Erzeugt ein System laut Hersteller schon eine E-Rechnung (EN 16931-konform), empfiehlt es sich, diese sicherheitshalber mithilfe eines entsprechenden Validators zu prüfen. Zusätzlich sollte man feststellen, ob – abhängig von Branche und Anforderungen der Kunden – Erweiterungen des Standards berücksichtigt werden müssen. 
 

Schritt 4: Prüfung der Rechnungsinhalte

Rechnungen sind wichtige Dokumente, die Geschäftskunden und Lieferanten gleichermaßen für ihre Umsatzsteuererklärung benötigen. Entsprechend unterliegen sie strengen inhaltlichen Richtlinien. So müssen Rechnungsdokumente hierzulande alle Pflichtfelder nach § 14 des Umsatzsteuergesetzes enthalten. Ab Inkrafttreten der neuen Anforderungen (voraussichtlich ab 01.01.2025) müssen E-Rechnungen der EU-Norm EN 16931 entsprechen. Das bedeutet, es gibt (auch zusätzliche)  Pflichtangaben und eine vorgegebene Struktur. Zahlenformate, Beträge und Mengenangaben sind entsprechend der Norm zu berechnen. 

Sind relevante Inhalte bei der Rechnungsstellung unvollständig oder fehlerhaft, kann der Empfänger die Rechnung ablehnen. Im ersten Schritt wird dies zur Verzögerung der Zahlung durch den Kunden führen. Etwas weitergedacht wird es kritisch, wenn dadurch die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden kann – oder besser ausgedrückt: Nicht geltend gemacht werden durfte. Dementsprechend sollte der ‎Rechnungsempfänger prüfen, ob das empfangene ‎elektronische Rechnungsdokument den Anforderungen des ‎(neuen!) Umsatzsteuerrechts entspricht. Sollte dem nicht so sein, muss er die Rechnung reklamieren, weil er die Feststellungslast ‎für den Vorsteuerabzug hat.‎

Übrigens: Im deutschen Umsatzsteuerrecht gelten für E-Rechnungen zusätzliche Pflichtangaben gegenüber der bisherigen Papierrechnung. Zu diesen Pflichtangaben zählen zusätzlich zu vollständigem Namen, Anschrift des Lieferanten und Leistungsempfängers und einer fortlaufenden Rechnungsnummer auch z. B. das Kennzeichen für den Dokumenttyp und die E-Mail-Adresse des Rechnungsstellers. Darüber hinaus gibt es auch bedingte Pflichtfelder. Die Details sind aus der EN 16931-Spezifikation Part 1 zu entnehmen (kostenpflichtig über die Europäische Kommission oder direkt über das DIN erhältlich). 

Ob man als Unternehmen ein Rechnungsformat und die Art der Zustellung vorgeben kann, hängt maßgeblich von der Marktmacht ab. Das Gesetz verpflichtet die Empfänger, alle EN 16931-konformen Formate anzunehmen. Beim Versand können Sie selbst definieren, welches Format Sie nutzen. Es sei denn, Ihr Kunde gibt Ihnen zwingend ein Format und/oder Übermittlungsweg vor – eben per Marktmacht.

Es ist völlig unerheblich, ob sich ein Unternehmen für XRechnung, das EN-konforme ZUGFeRD-Format oder eine andere zugelassene Form der E-Rechnung entscheidet. Der Vorteil von Hybridformaten wie ZUGFeRD ist, dass die Rechnungsinhalte zusätzlich auch noch bildlich dargestellt werden. Hier ist allerdings auch Vorsicht geboten: Sollte es zu inhaltlichen Abweichungen zwischen der reinen Datenkomponente und dem Sicht-Dokument kommen, gilt nach dem Willen des Finanzministeriums künftig ausschließlich das, was im strukturierten Datensatz steht. 

Die Zustellung der elektronischen Rechnungsformate ist im aktuellen Gesetzentwurf nicht geregelt. Somit ist ein Versand per E-Mail vorerst zulässig – aus Sicherheitsgründen jedoch auf lange Sicht nicht die allerbeste Wahl. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Großunternehmen stärker zur Übertragung via WebService oder Einlieferungsportal tendieren. Diese Methode kann – und sollte – über dedizierte Portale erfolgen, doch auch EDI bleibt als möglicher Übertragungsweg erhalten. 

Ein erster, sehr sinnvoller Schritt zur Einschätzung Ihres Handlungsbedarfs ist die Untersuchung einer aktuellen Rechnung und die Prüfung auf Pflichtangaben nach der Norm EN 16931. Diese lässt sich sehr einfach mit Unterstützung eines spezialisierten Dienstleisters für E-Rechnungen durchführen. 

Ist das Delta identifiziert, lässt sich als nächstes ermitteln, ob bzw. was zukünftig aus den bestehenden Systemen geliefert werden kann. So kommen Sie Schritt für Schritt Ihrem Ziel näher: Bereit sein für den Umstieg auf die E-Rechnung. 

Schritt 5: Kommunikationsstrategie definieren

Sinnvoll: Mit Kunden sollte unbedingt im Vorfeld kommuniziert werden, dass der Umstieg auf die E-Rechnung ansteht und ggf. die Wahl des Übermittlungswegs abgestimmt werden. Informieren Sie bei dieser Gelegenheit auch Ihre Lieferanten, wie diese Ihnen E-Rechnungen zustellen können. Dadurch haben diese die Möglichkeit, ihre Faktura umzustellen bzw. anzupassen. Eine frühe Einarbeitung in die Thematik und eine schrittweise Umsetzung sind ebenso angeraten. Das bei Ihnen betroffene Personal muss von Anfang an involviert und geschult werden. Etwaige Bedenken oder Berührungsängste können mithilfe von Einführungsseminaren oder Webinaren ausgeräumt werden. 

Ein bewährtes Vorgehen besteht darin, Mitarbeiter während der Testphase einzubeziehen. Passt man die Prozesse auch anhand deren Feedbacks an, dient das nicht nur dem reibungslosen Ablauf, sondern erhöht auch die Akzeptanz. Testen können Sie die neuen Abläufe dann beispielsweise mit Kunden, die bereits heute E-Rechnungen nach EN 16931 entgegennehmen. Auch der Rechnungsaustausch mit wohlgesonnenen Stammkunden mit vielen Rechnungen pro Monat und/oder einem hohen durchschnittlichen Rechnungsvolumen dienen als perfekte Übungseinheit.

Die innerbetriebliche Anpassung an die E-Rechnung ist für Unternehmen nicht nur eine gesetzliche Notwendigkeit, sondern auch eine Chance, Prozesse zu digitalisieren und zu optimieren.

Ähnliche Artikel