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Debatte > Gastbeitrag von Andreas Ehlert

Warum der Glaube an die Energieplanwirtschaft irre ist

Der Präsident der Handwerkskammer Nordrhein-Westfalen über Fehlinvestitionen in der Klimapolitik, Sinn und Unsinn von Wärmepumpen und mehr Technologieoffenheit.

Das Handwerk steht dafür, die deutsche Wirtschaft klimaneutral, energieeffizient und ressourcenschonend aufzustellen. Viele tausend Betriebe sind als Ausrüster und Dienstleister im Einsatz, um ihren Kunden dabei mit überzeugenden technischen Lösungen zu helfen. Elektrotechniker oder Kälteanlagenbauer können sich vor Aufträgen derzeit nicht retten. Sie kommen kaum hinterher, sie zu erledigen – trotz steigender Beschäftigung und trotz Zuwachs an Auszubildenden.

Der Weg in die Klimaneutralität ist eine Generationenaufgabe.

Umso wichtiger ist es, dass wir bei knappen Mitteln möglichst effiziente und wirkungsvolle Investitionsentscheidungen treffen. Wir müssen deshalb weg von einer Energiepolitik der Fiktionen, die einfach das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 proklamiert, ohne sich ehrlich zu machen, woher die Energieproduktion bis dahin kommen soll und wie wir die dafür notwendige Infrastruktur rechtzeitig aufgebaut haben. Wir müssen auch weg von der Illusion, dass der Staat solche komplexen technischen Fragen für Jahrzehnte im Voraus entscheiden will. Aber was heißt das konkret? An ein paar Punkten lässt sich das festmachen:
 
Die Bundesregierung zäumt erstens das Pferd von hinten auf, wenn sie zunächst mit großer Hektik das Gebäudeenergiegesetz durchpeitscht und erst danach die Rahmenbedingungen für die Wärmeplanung definiert. Da werden nach dem bisherigen Stand Eigentümer zu Investitionen gedrängt, obwohl sie möglicherweise in zwei oder drei Jahren durch ihre Kommune zum Anschluss an die Fernwärme gezwungen werden. Damit provoziert man Fehlinvestitionen, die dem Klima überhaupt nicht nützen. Das treibt viele Menschen aus Sorge um ihr Vermögen in Verunsicherung und Verzweiflung.  
 
Wir brauchen auch zweitens deutlich mehr Offenheit für technologische Alternativen, die wir uns heute vielleicht noch gar nicht vorstellen können. Ja, Fernwärme und Wärmepumpen können Teil der Lösung sein. Aber sie lassen sich nicht auf jedes Gebäude sinnvoll anwenden. Eine Wärmepumpe kann an einem unzureichend geeigneten Wohnhaus zu einem Stromfresser werden. Und in vielen Fällen wäre dem Klima mehr gedient, wenn die Eigentümer in die Sanierung und Dämmung der Gebäude oder in demnächst verfügbare Stromspeichertechnologien investieren würden.
 
Deshalb ist drittens wichtig, dass die Politik nicht einseitig einzelne Instrumente als Lösung vorschreibt, sondern dass die Menschen ihr Wissen um dezentrale Umstände nutzen dürfen. Wir erleben derzeit ein chaotisches Nebeneinander von Steuerungsanreizen. Auf den Verbraucher prasseln unzählige, widersprüchliche Signale ein. Er flüchtet sich in Attentismus oder lässt sich das, was er ohnehin vorhat, noch tüchtig subventionieren. Nötig wäre eine konsequente Entscheidung für marktwirtschaftliche Steuerungsinstrumente – am besten eine sektorübergreifende Bepreisung von CO2-Emissionen. Dann können Verbraucher selbständig entscheiden, welche Maßnahmen den größten Nutzen erbringen.
 
Das gilt viertens auch sehr konkret für die Fernwärme. Schon heute sind die Fernwärmepreise auffällig hoch, und es gibt keinen vernünftigen Grund, die Verbraucher noch mehr zu entmachten und ihnen Anschluss- und Benutzungszwänge aufzuerlegen. Monopole sind immer zu teuer und immer zu träge, weil sie den Wettbewerb ausschalten und den Verbraucher in Unmündigkeit zwingen. Es macht durchaus Sinn, dass Kommunen künftig im Rahmen einer verpflichtenden Wärmeplanung abwägen, in welchen Gebieten Fernwärme einen Beitrag zur Wärmeversorgung und zum Klimaschutz leisten kann. Dann aber bitte als Angebot und nicht als Zwang für die Verbraucher! Die Fernwärme muss sich dem Wettbewerb mit anderen Lösungen stellen.

Weder in Brüssel noch in Berlin darf man sich länger dem Glauben hingeben, eine Energieplanwirtschaft werde schon alles richten.

Wir brauchen für eine erfolgreiche Transformation mehr ordnungspolitische Vernunft, mehr Verlässlichkeit und mehr Vertrauen in Freiheit und Innovation.

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