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Finanzierung > Private Debt

Kredite von privaten Investoren werden bei Mittelständlern beliebter

Darlehen von privaten Investoren können eine Alternative zur Hausbank sein. Bei dieser Art der Finanzierung sind zwar die Zinsen deutlich höher – doch es gibt Situationen, in denen sich die sogenannten Private-Debt-Kredite dennoch lohnen.

Lange Zeit führte für einen Mittelständler kein Weg an der Hausbank vorbei. Und auch nach wie vor ist der langjährige Bankberater für viele mittelständische Unternehmen die erste Adresse bei allen Fragen rund ums Geld. Doch die Konkurrenz wächst – und buhlt um Aufmerksamkeit.

Immer häufiger ersetzen private Investoren Banken als Kreditgeber bei Unternehmensfinanzierungen. Bei dieser als Private Debt bezeichneten Finanzierungsform leihen institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen Unternehmern langfristig Geld. „Im Private-Equity-Umfeld hat sich Private Debt als alternative Finanzierungsform bereits etabliert. Auch Mittelständler prüfen solche Finanzierungen immer häufiger“, sagt Johannes Schmittat, Managing Director des Frankfurter Büros der Investmentbank GCA Altium. Mittelständler greifen vor allem für Wachstumskapital oder bei Übernahmen auf Private Debt zurück.

Weniger Regulierung

Abgewickelt wird das Geschäft meistens über eine Investmentgesellschaft. Wesentlicher Unterschied zwischen Private Debt und Bankkredit: Bei den Krediten aus Privathand fallen keine regelmäßigen Rückzahlungsraten an. Stattdessen handelt der Unternehmer den Zeitpunkt der Raten nach seinen individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten aus, oder er bezahlt den gesamten Kredit erst am Ende der Laufzeit zurück. Diese Flexibilität beim Rückzahlungsprozedere lassen sich die Investoren allerdings attraktiv vergüten: Je nach Ausgestaltung fallen für einen Private-Debt-Kredit bis zu 10 Prozent Zinsen an. Bankkredite liegen derzeit zwischen 2 und 3 Prozent.

Es gibt gleich mehrere Gründe dafür, warum diese relativ neue Finanzierungsform bei Mittelständlern zunehmend beliebter wird. Das liegt zum einen an einer Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) aus dem Jahr 2016. Seitdem dürfen Anbieter von Private Debt Darlehen ohne eine Banklizenz ausgeben. „Damit hat die Bafin Private Debt aus ihrem Schattendasein geholt“, sagt Andreas Doerfert, Geschäftsführer des Fonds HF Private Debt. Zuvor befanden sich die Investoren in einer rechtlichen Grauzone. Sie liefen Gefahr, von der Bafin als Kreditinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes eingestuft zu werden. Dann hätten sie sich an die Bankenregulierung halten müssen.

Dabei ist die Freiheit, eben nicht die seit der Finanzkrise 2008 verschärften Vorschriften einhalten zu müssen, ein wichtiger Vorteil für die Anbieter von Private Debt. Das führt dazu, dass die privaten Investoren Darlehen vergeben können, die sich für Banken nicht lohnen. „Das ist eine sehr positive Entwicklung, da zusätzliche Liquidität zur Verfügung steht“, sagt Schmittat.

Doch Private Debt kann sich nicht nur für Mittelständler lohnen, die es – aus Bonitäts- oder anderen Gründen – schwer haben, an Bankkredite zu kommen. Gerade in Wachstumsphasen zahlt es sich aus, wenn Unternehmen zusätzliches Kapital investieren und das Geld nicht dazu verwenden, einen Kredit abzuzahlen. Auch wer langfristig Geld braucht, hat bei privaten Investoren bessere Karten. „Banken sind bei langfristigen Krediten wegen zunehmender Regulierungsvorschriften restriktiver geworden“, sagt Andreas Doerfert. Ein Private-Debt-Kredit läuft in der Regel zwischen fünf und sieben Jahre, ein Darlehen bei einer Bank nur drei bis fünf Jahre.

Mittelstand als neue Zielgruppe

Mittelständler, die ein privates Darlehen suchen, können sich bei Fonds wie HF Private Debt melden. Der Finanzier, der zu 49 Prozent zur Private-Equity-Gesellschaft Hannover Finanz gehört, bietet seit diesem Jahr Kredite an, die sich speziell an Mittelständler richten. Während viele andere Private-Debt-Gesellschaften vor allem Kredite ab 25 Millionen Euro im Portfolio haben, die für viele mittelständischen Unternehmen aufgrund der hohen Summe nicht in Frage kommen, stellt HF Darlehen zwischen 5 Millionen und 25 Millionen Euro zur Verfügung. „Es gibt eine Nachfrage für diese kleineren Kredite“, sagt Doerfert. „Daher haben wir uns entschieden, diese Marktlücke zu schließen.“

Bisher hat der Fonds vier Kredite ausgezahlt, weitere sind in Planung. Von privaten Investoren hat HF Private Debt Kapitalzusagen in Höhe von 110 Millionen Euro erhalten, die der Fonds mittelständischen Unternehmen als Darlehen zur Verfügung stellen kann. An Nachfrage mangelt es laut Doerfert nicht. Über hundert Anfragen habe der Fonds inzwischen erhalten.

Formen von Private Debt

 

Nachrangiges Fremdkapital (Junior Debt): Darlehen, das im Falle einer Insolvenz erst nach anderen Forderungen wie beispielsweise einem Bankkredit bedient wird und daher einen hohen Zinssatz hat.

 

Vorrangiges Fremdkapital (Senior Debt): Fremdkapital, das bei Zahlungsunfähigkeit als Erstes bedient wird.

 

Mezzanine-Kapital: Kapital, das sowohl Eigenschaften von Fremd- als auch Eigenkapital besitzt, da der Kreditgeber häufig auch Anteile am Unternehmen erhält. Es wird bei einer Insolvenz erst nach dem Fremdkapital bedient und hat daher einen hohen Zinssatz.

Vollkommen bedingungslos und ohne Bonitätsprüfung werden aber auch Private-Debt-Kredite nicht vergeben. HF fordert von den Kreditnehmern mindestens 20 Millionen Euro Umsatz und ein Ebitda, also einen Gewinn vor Steuern, Abschreibung und Zinsen, von mindestens 2 Millionen Euro. „Wir machen keine Finanzierung von Verlusten oder Insolvenzverhinderung“, betont Doerfert, „das ist uns und unseren Investoren zu riskant.“

Bei vielen privaten Krediten müssen die Mittelständler vorher eine Due Diligence durchlaufen. Das ist eine Untersuchung des Geschäftsmodells durch externe Wirtschaftsprüfer In ihrem Abschlussbericht legen die Prüfer dar, wie hoch sie das Ausfallrisiko des potentiellen Kredits einschätzen. „Diesen Aufwand sollten mittelständische Unternehmen nicht unterschätzen“, sagt Schmittat von der Investmentbank GCA Altium. „Die Prüfer sind zwei bis drei Wochen vor Ort, schauen sich alles genau an und stellen auch Fragen an das Management.“

Ob das Ausfallrisiko bei Private Debt tatsächlich höher ist als bei Bankkrediten, lässt sich noch nicht sagen. Bislang sind kaum Kredite ausgelaufen. Ebenfalls eine Unbekannte ist, wie sich die Fonds und privaten Investoren bei einer Wirtschaftskrise verhalten. In den vergangenen Jahren ging es wirtschaftlich in Deutschland nur nach oben. Daher ist unklar, was passiert, wenn die nächste Krise kommt. „Banken ziehen, wenn es schlecht läuft, nicht so schnell den Stecker und halten zu ihren Kunden“, sagt Schmittat. „Ob dies bei Private-Debt-Fonds auch so ist, wird die Zukunft zeigen.“


Der Artikel gehört zu einem Thema aus der „Markt und Mittelstand“-Ausgabe September 2018, die am 7. September erscheint. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.

 

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