Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Management > Unternehmensnachfolge

Viele Nachfolger mischen mit

Kryolan beliefert die ganze Welt mit Theaterschminke. Drei Generationen samt Ehepartner packen mit an. Jeder Nachfolger schafft sich seine Rolle selbst.

Eingebettet in Kleingartenkolonien im Berliner Bezirk Wedding, liegt in einer Sackgasse die Firmenzentrale von Kryolan. Das unscheinbare Verwaltungsgebäude in der Papierstraße 10 ist in die Jahre gekommen. Genauso wie Firmengründer

Arnold Langer. Er kommt trotz seiner 91 Jahre noch regelmäßig in die Firma. Sich ganz in das Privatleben zurückzuziehen ist für den Senior undenkbar. Zu eng ist die Bindung an das Familienunternehmen, das der Chemiker vor 67 Jahren gegründet hat.

 

Kryolan und die Familie Langer sind untrennbar miteinander verbunden. Für den Erfolg des Herstellers von Theaterschminke mit 250 Mitarbeitern krempeln inzwischen drei Generationen die Ärmel hoch. Mit vereinten Kräften hat sich das Berliner Unternehmen die weltweite Marktführerschaft in seinem Nischensegment erkämpft. Faktisch führt Nachfolger Wolfram Langer schon viele Jahre das operative Geschäft.

 

Wann genau er die Rolle des Geschäftsführers übernommen hat, weiß er nicht mehr. Es hat aber auch keine Bedeutung für ihn. „Mein Vater hat immer pragmatisch gehandelt nach dem Motto: ,Na, dann mach  mal!‘“, sagt er. „Irgendwann sagte er: ,Übrigens, du müsstest eigentlich auch mal Geschäftsführer werden.‘“ Inzwischen steuert Wolfram Langer mit seinen 62 Jahren selbst auf das Rentenalter zu. Als ewiger Junior im Unternehmen fühlt er sich aber nicht. Für ihn ist es selbstverständlich, dass die ganze Familie mit anpackt – so war es schon immer.

Vertrauen schafft Verbundenheit

Bereits während seines BWL-Studiums arbeitete Wolfram Langer im väterlichen Unternehmen. Er reiste ins Ausland und unterstützte seine Eltern beim Aufbau des Geschäfts zunächst in Großbritannien, später in den USA. Nach seinem Abschluss stieg der Nachfolger ganz ins Unternehmen ein; etwas anderes zu tun, kam ihm nie in den Sinn.

 

Als Kryolan Anfang der neunziger Jahre eine Niederlassung in Polen aufbauen

wollte, wurde Wolfram Langers Ehefrau Malgorzata, eine gebürtige Polin, Geschäftsführerin der Unternehmenstochter. „Meine Frau hat unsere Stettiner Produktionsstätte zum Vorzeigemodell unserer Auslandsaktivitäten entwickelt“, sagt Wolfram Langer stolz. Gerade ist sie aus Indien zurückgekehrt, wo sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren die indische Tochter weiterentwickelt hat.

 

Indien ist auch der Markt, wo sich ab 2008 Junior Dominik Langer seine ersten Sporen verdiente. Bevor seine Mutter ihn dort ablöste, baute der damals 24-jährige Nachfolger die indische Produktionsstätte auf – gemeinsam mit seiner Freundin und heutigen Ehefrau Nadine. Die Familie ist dort, wo das Unternehmen sie braucht. Das prägt selbst die Kunden, mit denen die Langers oft seit Jahrzehnten verbunden sind.

 

„Wir haben ein sehr enges, fast familiäres Verhältnis zu unseren Partnern im Ausland“, sagt Wolfram Langer. „Sie verstehen sich als Mitglied einer erweiterten Kryolan-Familie.“ Oft reichen auch die Partner von Kryolan ihr Geschäft von Generation zu Generation weiter. Enkel Dominik weilte als Sprachschüler in Spanien

bei Geschäftspartnern seines Vaters. Aus der Türkei schickten Kunden ihre Kinder zum Deutschlernen zu den Langers nach Berlin. Auch heute noch werden die engen Bindungen ins Ausland gepflegt. Für Kryolan ist das Auslandsgeschäft

existentiell, denn 80 Prozent der Produktion werden exportiert.

Jeder schafft sich Freiräume

Während sich die erste Generation vor allem um den Aufbau der Produktion und die zweite Generation um das Auslandsgeschäft kümmerte, hat sich die dritte Generation inzwischen das Thema Marke vorgenommen. Der älteste Sohn

Sebastian verantwortet den Private-Label-Bereich, in dem Produkte für andere Marken und den Messebereich hergestellt werden.

 

Sein neun Jahre jüngerer Bruder Dominik will die Marke Kryolan für den B2C-Markt weiterentwickeln. „Als Profimarke bewegen wir uns in einer Marktnische“, sagt Nachfolger Dominik. „Wir wollen aber, dass unsere Marke bekannter wird, und werden uns dem Konsumgütermarkt öffnen.“ Außerdem möchte er das Vertriebssystem verändern, um künftig Maskenbildner und Kosmetikschulen besser betreuen zu können.

 

Dominik Langer drängt mit Selbstbewusstsein und jugendlichem Ehrgeiz in die Zukunft: „Für uns geht es nur nach vorne“, sagt er. Das bedeutet permanente Weiterentwicklung, „denn wenn alles so bleibt, wie es ist, geht es bald bergab“.

Wie schwer es ist, sich in der Langer-Familie dem Unternehmen zu entziehen, haben beide Brüder erlebt. Sebastian verspürte zunächst kein Interesse an dem Familienunternehmen. Nach seiner Ausbildung zum Speditionskaufmann

änderte er aber seine Meinung.

 

Auch Dominik versuchte, sich zeitweise während seines MBA-Studiums herauszuziehen. Richtig gelungen ist es ihm aber nicht. „Wenn man die Familie trifft, redet man doch immer über die Firma“, sagt er. Druck von den Eltern, in das Unternehmen zu kommen, habe es keinen gegeben,  versichert der Nachfolger. Aber irgendwie gehört die Firma eben zur Familie.

 

Dass sich die Familienmitglieder bei Kryolan nicht gegenseitig in die Quere kommen, schreibt Dominik Langer drei Grundtugenden zu, die die Familie verinnerlicht habe: „Leistung und Disziplin werden bei uns einfach vorgelebt“, versichert er. Ebenso sei Bescheidenheit essentiell, um auf dem Boden zu bleiben. Konflikte im Familienkreis gebe es so gut wie nie, bestätigt der Vater. „Es gibt mal Diskussionen,  unterschiedliche Auffassungen, auch mal Emotionen. Aber Verstimmungen

halten nicht länger als einen halben Tag an.“

 

Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Doch offenbar hat das Nebeneinander der drei Generationen bislang funktioniert.

Meilensteine von Kryolan

 

Der Chemiker Arnold Langer gründet nach dem Krieg das Unternehmen Kryolan –

zunächst mit einem Freund, der seinen Unternehmensteil nach der Teilung Berlins

im Ostteil weiterführt, später jedoch enteignet wird. Ende der fünfziger Jahre knüpfen Arnold und seine Ehefrau Waltraud Kontakte in die Schweiz und nach Österreich, später auch nach Skandinavien und Italien. 1961 übernimmt Kryolan einen Wettbewerber in Hamburg. Während seines Studiums steigt Sohn Wolfram Langer in das Unternehmen ein. Der Nachfolger erschließt weitere Märkte im Ausland, zunächst in Großbritannien. 1976 wird ein Tochterunternehmen in Kalifornien gegründet. Weitere Auslandstöchter in Polen, Südafrika und Indien folgen.

 

Das Familienunternehmen, in dem inzwischen auch die dritte Generation mitarbeitet, beschäftigt 250 Angestellte, davon 150 in Berlin. Kryolan gilt als weltweit führender Hersteller von professionellem Make-up für Theater, Film und Fernsehen und den Beauty-Bereich und vertreibt seine Produkte in über 90 Ländern. Die meisten der 800 Kryolan-Farben werden nach den von Arnold Langer selbst erstellten Rezepturen hergestellt. Arnold Langer ist vom Familienunternehmerverband ASU als „Familienunternehmer des Jahres 2012“ ausgezeichnet worden.