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Management > Energiewende

Wirtschaft hofft auf Altmaier

Die Wirtschaft hat in den vergangenen Monaten viel über Norbert Röttgen geschimpft. Jetzt ist der Neue da. Doch zu viel sollten Wirtschaftsbosse auch von Peter Altmaier nicht erwarten.

Vor allem hapert es aber an Netzen zum Abtransport des Stroms. Die Nord-Süd-Achse wird nicht bedient und Offshore-Windparks sind kaum angebunden. Doch die Hoffnungen der Industrie sind verfrüht. Altmaier wird wahrscheinlich die Tonlage wechseln – aber das Stück „Energiewende“ ist festgeschrieben. Hier ist der Zeitdruck durch den Ministerwechsel nicht gesunken, im Gegenteil.

Altmaier wird es schwer haben, den Zeitplan anzupassen. Denn schon 2013 stehen Neuwahlen im Bund an. Wenn der Regierung das Projekt Energiewende und der damit verbundene Fahrplan bis dahin entgleitet, bietet sie eine offene Flanke gegen Rot-Grün. Die Energiewende steht in Altmaiers Lastenheft, an ihren Erfolg ist auch seiner geknüpft. Es steht zu erwarten, dass Altmaier bei allem Kommunikationstalent schnell an die Grenzen des Machbaren stoßen wird.

Tonlagenwechsel durch Altmaier?

Norbert Röttgen hat sich von Anfang an, schon vor der Energiewende, als Atomkraftgegner positioniert. Damit hat er sich keine Freunde in der Wirtschaft und im wirtschaftsnahen Flügel der Koalition gemacht. Im Gegenteil, „Starrheit“ wurde ihm vorgeworfen; Röttgen war von Anfang an ein Kämpfer an verhärteten Fronten.

Die Wirtschaftsverbände stehen bereits bei Altmaier Schlange. BDI-Chef Keitel sagte zu Altmaiers Einführung: „Dem neuen Bundesumweltminister Peter Altmaier sichern wir unsere volle Unterstützung zu.“ – Ganz anders hört sich sein Urteil über dessen Vorgänger an: „Mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen war nicht zu reden.“ Selbst harte Fakten hätten eine einmal gefasste Meinung Röttgens nicht ins Wanken gebracht.

Außerdem hatten die Pläne des ehemaligen Umweltministers die Industrie von Anfang an nicht überzeugt. Beispielsweise der Vorstoß Röttgens, dass die Laufzeit der Atomkraftwerke insgesamt 40 Jahre nicht überschreiten sollten, war auf Kritik gestoßen. Grundlaststrom sei nicht mit Strom aus erneuerbaren Energien zu vergleichen, solange diese nicht speicherbar seien. Sollten die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, wenn die erneuerbaren Energien einen Anteil von 40 Prozent erreicht haben, so wie Röttgen vorgeschlagen hatte, „würde das abertausende Arbeitsplätze gefährden“, hieß es von Seiten des BDI.

Auch bei der Suche nach einem Endlager oder Verfahren um Stromtrassen ging es unter Röttgens Führung nicht voran. Bisher fehlen immer noch zahlreiche Gaskraftwerke, um den Energiebedarf nach Wegfall der Atomkraft 2022 zu decken. Auch in Sachen Speicherung besteht Nachholbedarf. Bisher gibt es in Pumpspeicherkraftwerken noch nicht einmal 7.000 MW Speicherkapazitäten. Viel zu wenig. Ohne Speicher sind regenerative Energiequellen unkalkulierbar und somit für die Industrie nicht zuverlässig nutzbar.

Kompetenzgerangel

Das liegt an der undankbaren Verteilung von Verantwortung. Die Energiewende wird nur gelingen, wenn das Thema Netzausbau angegangen wird. Doch ausgerechnet dieses Themenfeld fällt nicht in sein Ressort. Hier liegt die Verantwortung im FDP-geführten Wirtschaftsministerium. Und die FDP zeigt sich bislang wenig kompromissbereit. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle protestierte laut Handelsblatt umgehend über Vorschläge aus der Union, die Verantwortungsbereiche einem, nämlich dem Umweltministerium, zu unterstellen. Die Bundesregierung habe zu Beginn der Legislaturperiode festgelegt, wesentliche Zuständigkeiten in diesem Bereich zwischen dem Wirtschafts- und das Umweltministerium aufzuteilen, beharrt Brüderle. Und das muss offenbar so bleiben. Auch an anderen Stellen waren Umwelt- und Wirtschaftsressort an Sachfragen aneinandergeraten.

So hatte Röttgen beispielsweise auf eine Einigung zwischen Bund und Ländern für Steuerboni bei der Gebäudesanierung gehofft, um so für mehr Energieeffizienz zu sorgen. Wirtschaftsminister Rösler hatte allerdings dafür gesorgt, dass entsprechende EU-Vorschläge nicht umgesetzt wurden.

Altmaier ist zum Erfolg in der Energiewende gezwungen – er wird Erfolge vorzeigen müssen. Da das wegen Röslers Rolle nicht einfach sein wird, wird er sich an anderer Stelle profilieren müssen. Röttgen hat es auf Kosten der Wirtschaft getan. Auf wessen Kosten wird es Altmaier tun?

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