
Das Hauptpfund von Industriemessen ist auch in Zeiten der Digitalisierung der persönliche Kontakt zu Bestands- und Neukunden. Auch die Möglichkeit, Maschinen und Geräte der Aussteller live erleben und im wahrsten Sinne des Wortes begreifen zu können, schätzen Messebesucher. Können digitale Präsentationsformate Messen trotzdem bereichern?
Ja, sagt Holger Steffentorweihen, der im Digital Competence Center Ruhr (DCC Ruhr) mit 40 Mitarbeitern Kommunikations- und Medienkonzepte für Produktpräsentationen entwickelt: Drei Ansatzpunkte eröffnet digitale Technik auf Messen.
Erstens: technische Details von Produkten besser visualisieren
Die digital erweiterte Präsentation sei vor allem von Vorteil für Hersteller erklärungsbedürftiger Produkte, findet Holger Steffentorweihen. Über Bildschirmdarstellungen könne ein Besucher erkennen, was im Inneren der Maschinen und Anlagen ablaufe und wie sie funktionierten.
Auch bei Großgeräten und Motoren könne man Teile und Prozesse im Inneren sichtbar machen. Indem sie beispielsweise den installierten Bildschirm verschieben wie eine Lupe, könnten Kunden an allen Stellen in die Maschine hineinschauen. „Dadurch erhalten Vertriebsmitarbeiter eine ganz neue Erklärungstiefe“, ist Steffentorweihen begeistert.
Zweitens: Informationen für Kunden personalisierter zugänglich machen
Bereits jetzt erhalten Besucher bei einigen Messen Eintrittskarten mit integriertem Chip, der den Besuch personalisieren soll. Diesen könnte man nutzen, um Besuchern das Schleppen von Informationsmaterial zu ersparen, findet Steffentorweihen. „Aussteller können einzelne Stationen ihres Standes mit Lesegeräten ausstatten, an denen Besucher mit ihren Chipkarten digital interagieren können.“
Noch am selben Tag erhielten sie dann einen Link zur Webseite des Anbieters an ihre im Chip hinterlegten Kontaktdaten geschickt, wo sie nähere Informationen und spezielle Ansprechpartner zu denjenigen Stationen finden, die sie auf der Messe angesehen hatten.
Drittens: Besucherdaten als Aussteller zeiteffizienter aufbereiten
Der Aussteller wiederum kann später auslesen, an welchen Stationen der Besucher wie lang verweilt und welche Informationen er sich online angeschaut hat. „Da der Besucher beim Erhalt des Chipkartenausweises die Datenverwendung autorisiert hat, gibt es auch vor dem Hintergrund der Datenschutzgrundverordnung keine Probleme“, ist sich Steffentorweihen sicher.
Nach der Messe könnten sich Aussteller eine Liste erstellen lassen mit Namen, Unternehmen, Kontaktdaten und Interessengebieten all derjenigen Besucher, die am Stand waren. „Das würde Ausstellern einiges an Zeit sparen“, glaubt Steffentorweihen. Momentan tippten viele ihre Messeberichte noch händisch.
Die Anfangsinvestition für die Einbindung dieser digitalen Erweiterungen liege zwischen 15.000 und 100.000 Euro und sei auch für kleinere Mittelständler zu stemmen, meint Steffentorweihen. „Noch vor einigen Jahren waren digitale Messetechnologien dieser Art den ganz Großen vorbehalten; mittlerweile haben wir auch Kunden mit einem Jahresumsatz unter 100 Millionen Euro.“