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“Wir bauen das Markenhaus der Zukunft”

Wanja S. Oberhof ist CEO der Social Chain AG – die Unternehmensgruppe baut Marken und Produkte auf Social Media auf und erwirtschaftete so im Jahr 2021 rund 620 Millionen Euro Umsatz. Im Interview verrät der 35-Jährige seine Tipps für die Bestseller der Zukunft.

Von links nach rechts: Christian Senitz, Ralf Dümmel, Wanja S. Oberhof, Dr. Georg Kofler (© Jens Oellermann)

MuM: “Social Commerce” – was heißt das eigentlich? Der Käufer findet das Produkt auf Social-Media-Plattformen wie Instagram, TikTok oder Facebook?

Wanja S. Oberhof: Richtig und Social Commerce umfasst noch viel mehr als nur den Kanal. Für uns bedeutet Social Commerce, dass es eine lebendige Kommunikation zwischen den Käufern und den Verkäufern gibt. Also nicht nur eine Einbahnstraße, wie in den Einkaufserlebnissen des letzten Jahrtausends – ich gehe in den Laden und muss kaufen, was angeboten wird. Und auch nicht nur E-Commerce, also ich kaufe mit ein paar Klicks weltweit das, was in den Onlineshops verfügbar ist, nur mit einer größeren Auswahl und höheren Preistransparenz. Social Commerce geht noch einen Schritt weiter, ist flexibler und durchlässiger. Wir machen es so, dass wir zunächst erstmal zuhören, was die Kunden sich wünschen. Die Leute verbringen heute viel mehr Zeit auf Social Media und sind deswegen hier für uns erreichbar. 

 

Also “Social Listening”; wo findet das statt?

Aktuell sind Communities meist auf Instagram, YouTube, Facebook, TikTok oder Pinterest aktiv – aber das kann sich wandeln. Was bleibt ist, dass wir die Interessen und Leidenschaften der Menschen von Grund auf verstehen und miterleben – und daher auch genau die Produkte anbieten können, die sie sich wünschen. Diese “gemeinsame Produktentwicklung mit den Usern” finde ich nachhaltiger als herkömmliche Produktentwicklungsverfahren.

 

Bitte nennen Sie ein Beispiel …


Gern – beispielsweise haben wir in 2018 durch unser Engagement in Studenten-Communities und durch dezidierte Analysen der Zufriedenheit bei getätigten Online Bestellungen herausgefunden, dass eine wichtige Nische bei Zelten nicht besetzt war. Die meisten Zelte waren von ihren Features her ausgelegt auf Camping. Junge Leute suchen aber Zelte, mit denen sie auf Musikfestivals übernachten können. Wir haben also zugehört und dann das Gelernte mit unserer Firma Lumaland weiterentwickelt. Wir habe ein robustes Zelt auf den Markt gebracht, das schnell und unkompliziert aufgebaut ist. Das kam gut an und wir haben in drei Monaten die Umsatzmillion geknackt.

 

Nutzen Sie dafür auch Influencer?


Klar – so, wie man früher Anzeigen geschaltet hat, um hunderttausende Leser zu erreichen, so kooperieren wir heute mit Influencern, die als Gatekeeper Zugang und Vertrauen zu ihren – teilweise millionenfachen – Followerinnen und Followern haben. Ein besonders gutes Beispiel ist KoRo. Wir haben hier gemeinsam mit dem Gründerteam die Firma aufgebaut. KoRo ist mit Social Commerce und der Unterstützung von Influencern in fünf Jahren von einer auf über 100 Millionen Euro Umsatz gewachsen.

“Wir werden den ältesten Grillhersteller LANDMANN zur Love Brand machen – auf Social Media”

 


Die Social Chain AG verfügt über etwa 10.000 Produkte – bedienen Sie alle Produktbereiche oder gibt es einen Fokus?

Unsere Produkte siedeln sich in den Kategorien Food, Home & Living, Beauty und Fitness an – also ein breiter Warenkorb. Im Herbst haben wir uns mit der DS Unternehmensgruppe zusammengeschlossen, dem Handelsunternehmen, in dem unter anderem der bekannte TV-Investor und Handelsexperte Ralf Dümmel Geschäftsführer ist. Heute ist er unser Produktvorstand. Durch die Fusion zählt inzwischen auch LANDMANN zu unseren Eigenmarken. LANDMANN ist der älteste deutsche Grillhersteller und konnte als Familienunternehmen jahrzehntelange Erfahrung im Grillgeschäft sammeln. Eines unserer wichtigsten strategischen Ziele aktuell ist, das Potenzial von LANDMANN jetzt über Social Commerce für noch viel größere Zielgruppen verfügbar zu machen. Wir können Social Commerce. Und wir führen Handelsmarken in die Zukunft.

 

Aktuelle Studien sprechen von einem Billionenmarkt – Die Unternehmensberatung Accenture geht davon aus, dass der Branchenumsatz sich auf bis zu 1,2 Billionen Dollar im Jahr 2025 verdreifachen wird (Markt und Mittelstand berichtete). Was ist Ihre Prognose?

Das ist auch unsere Einschätzung. Vor allem die Generationen Y und Z lösen dieses Wachstum aus und werden mehr als 60 Prozent an den weltweiten Social-Commerce-Ausgaben tätigen. Insgesamt wächst das Online-Shopping-Verhalten in allen Altersgruppen, auch bei den über 50-Jährigen. Deswegen konzentrieren wir uns aktuell stark auf den Aufbau unserer Marken und auf innovative skalierbare Produkte. Als nächstes werden wir unser US-Geschäft ausbauen und vorhandene Synergien unserer Fusion mit der DS Gruppe heben, insbesondere im Sourcing und in der Produktentwicklung. Wir haben in Social Commerce die Chance, ganz am Anfang des Trends den Markt mitzubestimmen und diese Herausforderung nehmen wir als ambitioniertes junges Social-First-Unternehmen gern an.

 

Heißt das, der stationäre Handel hat ausgedient?

Das glaube ich nicht. Wir verfolgen das “Omnichannel”-Prinzip – das bedeutet, dass wir das Produkt auf allen Vertriebskanälen anbieten, die für die entsprechende Zielgruppe passen – also sowohl in den Filialen wie auf Sozialen Medien, auf Marktplätzen und auch im Teleshopping. Der Handel hat den Vorteil, dass das Produkt hier haptisch erlebbar ist – der Kunde kann es anfassen und bei Interesse sofort kaufen und mitnehmen. Daher ist der Handel sehr wichtig und befruchtet auch den Social Commerce. Denn je präsenter das Produkt sowohl in den Regalen wie auch in den Communities ist, desto besser sind die Conversions und Abverkäufe.

Was würden Sie mittelständischen Entscheidern raten – wie können Sie Social Commerce für sich nutzen?

Ich denke, es ist außerordentlich wichtig, die Transformation und Digitalisierung jetzt auf Prio 1 zu setzen und die Kompetenzen für Social Commerce inhouse aufzubauen. Übrigens: Wer schon mal einen Kunden über Soziale Netzwerke gewonnen hat, der hat auch schon Social Commerce Erfolg gehabt.
Die Menschen verbringen immer mehr Zeit auf Social Media, also muss man dahin gehen wo die Menschen sind. Daran kommt kein Unternehmen der Zukunft vorbei und so ergeben sich spannende neue Potentiale.

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