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Vergütung > Löhne & Gehälter

Diskussion um Reallöhne

Neuste Zahlen zur Entwicklung der Reallöhne in Deutschland zeigen zwei zentrale Entwicklungen. Zum einen steigen die Reallöhne das dritte Jahr in Folge, doch sie liegen immer noch unter dem Stand des Jahres 2000.

Wie das Statistische Bundesamt meldet, sind die Reallöhne in Deutschland im Jahr 2012 im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 0,6 Prozent gestiegen. Im Jahr 2011 waren es 1,1 Prozent und 2010 sogar 1,5 Prozent. Die Nominallöhne lagen im Jahr 2012 sogar um 2,6 Prozent über dem Wert des Vorjahres. Das Amt betont außerdem, dass der Anstieg der Nominallöhne von Quartal zu Quartal stärker wurde. Während das Wachstum im ersten Quartal 2012 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal 2,1 Prozent betrug, erhöhte es sich bis zum vierten Quartal auf 3,2 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung beobachtete das Statistische Bundesamt auch bei den Reallöhnen.

Neue Berechnungen des WSI-Tarifarchivs in der Hans-Böckler-Stiftung kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass die durchschnittlichen Bruttolöhne der Beschäftigten in Deutschland zwischen 2000 und 2012 um rund 1,8 Prozent gesunken sind. Obwohl auch die Stiftung auf die zuletzt gestiegenen Reallöhne verweist, hätten diese die zuvor angefallenen Reallohnverluste noch nicht aufwiegen können. Die Lücke sei allerdings dabei sich zu schließen, im Jahr 2009 lag der Unterschied zu den Reallöhnen im Jahr 2000 noch bei 4,9 Prozent. Als Ursache für die sinkenden Reallöhne in den 2000er Jahren nannte die Hans Böckler Stiftung schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Deregulierung am Arbeitsmarkt sowie den gestiegenen Druck durch die Hartz-Reformen.

Tarifbindung wird schwächer

Eine wichtige Stütze der Durchschnittslöhne waren auch im Jahr 2012 die Tariflöhne, die real um 6,9 Prozent über dem Wert des Jahres 2000 lagen. Doch trotz dieser Entwicklung verzeichneten die Experten des WSI-Tarifarchivs in fast allen Jahren dieses Zeitraums eine insgesamt negative Lohnentwicklung, da die Löhne der übrigen Arbeitnehmer hinter den Tariflöhnen zurückblieben. „Das zeigt, dass das Tarifsystem in der vergangenen Dekade mehr denn je das Rückgrat der Lohnentwicklung in Deutschland war“, sagt Dr. Reinhard Bispinck, der Leiter des WSI-Tarifarchivs. Er verweist jedoch gleichzeitig darauf, dass die Prägekraft der Tariflöhne zuletzt abnahm, da die Tarifbindung sank und Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten tarifliche Öffnungsklauseln nutzten.

Gerade die Lohnzurückhaltung der 2000er Jahre wurde zuletzt immer wieder gelobt, so erklärte Wolfgang Clement gegenüber Markt und Mittelstand: „Wichtig für die Stabilität des Arbeitsmarkts ist aber auch die vernünftige Tarifpartnerschaft, die dazu geführt hat, dass in den vergangenen zehn Jahren die Lohnstückkosten wesentlich langsamer gestiegen sind als in allen europäischen Volkswirtschaften.“

Die Einkommensschere weitet sich

Das Hans-Böckler Insitut kritisiert darüber hinaus, dass die Einkommen aus Vermögen und Unternehmensgewinnen die Arbeitseinkommen seit der Jahrtausendwende massiv hinter sich gelassen haben. Zwischen 2000 und 2012 legten sie trotz eines zwischenzeitlichen Einbruchs in der Wirtschaftskrise 2009 nominal um rund 50 Prozent zu. Die nominalen Arbeitnehmerentgelte wuchsen hingegen nur um knapp 24 Prozent. WSI-Experte Bispinck warnt vor den Auswirkungen der sich weiter öffnenden Einkommensschere: "Wir sehen derzeit deutlich, wie wichtig eine solide Binnennachfrage für unsere wirtschaftliche Stabilität ist. Eine deutliche Stärkung der Massenkaufkraft durch höhere Löhne ist dafür unverzichtbar."

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