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Vergütung > Zum Equal Pay Day

Gleiches Geld für gleiche Arbeit - was Betriebe jetzt ändern müssen

Die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen macht Tausende Unternehmer derzeit sehr nervös. Sie müssen jetzt messen, berichten und verbessern. Aber wie?

Schwein gehabt? Nicht ganz. Verglichen mit Männern ­bekommen Frauen immer noch weniger Geld für vergleichbare Arbeit. Bildquelle: iofoto/Shutterstock.com

Seit Jahren läuft es beim Equal Pay Day wie bei „Dinner for One“ an Silvester: Same procedure as last year, nur, dass es nicht zum Lachen ist. Der Tag, der die rechnerische Lohnlücke zwischen Männern und Frauen markiert, fällt 2024 auf den 6. März. Bis zu diesem Tag haben Frauen, statistisch betrachtet, kostenlos gearbeitet. Doch inzwischen ist das Thema weit mehr als ein Aufreger in den sozialen Netzwerken, wo emotionale Posts von Abertausenden mit gehobenen Daumen und Kommentaren bedacht werden. Das Problem, dass Frauen für gleiche Arbeit weniger Geld bekommen, betrifft jetzt die meisten Unternehmen im Kern. Denn eine gesetzliche Regulierung greift, Betriebsräte sind hellwach und Finanzmarkt sowie Kunden ebenfalls.

Frauen haben nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes 2023 durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Sie erhielten brutto 20,84 Euro je Stunde, Männer 25,30 Euro. Immerhin hat sich etwas gebessert. 2006 waren es noch 23 Prozent. Doch seit 2020 bleibt es bei 18 Prozent. Die Zahl an sich ist kein Maß für Diskriminierung, denn es gibt andere Erklärungen für den Unterschied, auch sie sind Baustellen für Unternehmen und Politik. So unterbrechen Frauen ihre Karriere häufiger für die Familie. Sie steigen deshalb seltener auf, nehmen nicht so viele Lohnerhöhungen mit. In Deutschland steigen die Bruttostundenlöhne für Frauen nach dem dreißigsten Lebensjahr kaum noch, bei Männern aber stark. Es ist genau das Alter, in dem Frauen hierzulande im Schnitt das erste Kind gebären.

Die zweite Zahl, das bereinigte Gender-Pay-Gap, lag 2023 bei sechs Prozentpunkten – etwas niedriger als in den Jahren zuvor. Hier ist alles herausgerechnet, was abgesehen vom Geschlecht potenzielle Unterschiede im Gehalt erklären könnte – zum Beispiel Bildungsniveau, Berufserfahrung oder Arbeitszeit. „Das unbereinigte Gender-Pay-Gap spiegelt die gesellschaftliche Realität unter anderem mit all ihren tradierten Rollenmustern wider“, sagt Charlotte Thiel, Vergütungsexpertin bei der Personal- und Managementberatung Kienbaum. „Für die einzelne Organisation steht das Bereinigte im Fokus, weil man hier Unterschiede erkennen kann zwischen Männern und Frauen, die eigentlich dasselbe verdienen müssten. Das bereinigte Gender-Pay-Gap ist auch die Größe, die für Unternehmen gemäß der EU-Richtlinie mit Konsequenzen verbunden ist.“

Druck vom Gesetzgeber

Immer mehr Unternehmen wollen herauszufinden, wie hoch die Lücke im eigenen Haus ist. 2024 darf als das Jahr der Wende bezeichnet werden – das Thema nimmt gerade mächtig Fahrt auf. Der Handlungsdruck kommt nicht nur durch gestiegene Ansprüche der Belegschaft, sondern vor allem durch den Gesetzgeber. Neue regulatorische Rahmenbedingungen greifen bereits oder werfen ihre Schatten voraus. Die im Juni 2023 in Kraft getretene EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz betrifft zukünftig alle Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden. Sie müssen regelmäßig geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede offenlegen und gegensteuern, wenn das bereinigte Gender-Pay-Gap fünf Prozent übertrifft. Zudem kommen auf die Betriebe im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive Berichtspflichten zu, die auch Informationen zur Lohnlücke umfassen.

Kein Wunder, dass das Geschäft der Vergütungsexperten brummt. Kienbaum-Beraterin Thiel fasst das Problem ihrer Kunden in zwei Fragen. „Wie hoch ist das Gender-Pay-Gap in meinem Unternehmen? Und, wenn ein signifikantes Gap existiert, was muss ich jetzt tun, um die Entgeltlücke zu schließen?“ Die Zeit drängt, auch wenn die ersten Berichte erst im Jahr 2027 fällig sind. Sie blicken auf das Jahr 2026 zurück. Denn es dauert, die notwendigen Daten zu erheben und gegenzusteuern. „Sinnvolle und nachhaltige Maßnahmen entfalten ihre Wirkung nicht sofort. Das geht nicht in einem Jahr“, sagt Thiel. Bis 2026 laufen in den meisten Unternehmen noch zwei Gehaltsrunden. Es lohnt sich also, jetzt schon etwas zu unternehmen, um die Lohnlücke zu schließen. Denn keiner will 2027 am Pranger stehen. Unwissenheit schützt dabei nicht vor Strafe. Auch eine unbewusst hergestellte Lohnlücke hat Folgen. Sei es im Employer Branding oder durch Geldstrafen.

Der erste Schritt ist, die Lohnlücke – unbereinigt und bereinigt – im eigenen Betrieb zu ermitteln und dafür die zum Teil noch nicht ganz eindeutigen Vorgaben des Gesetzgebers zu kennen. Dafür müssen Arbeitgeber in der Lage sein, gleiche oder gleichwertige Arbeit in ihrem Unternehmen zu identifizieren. Viele Betriebe haben schon eine Clusterung zum Beispiel der Stellenbewertungen oder Tarifstufen, aber die muss nicht zwingend den Kriterien des Gesetzgebers entsprechen. Die Vorgaben im aktuell gültigen deutschen Gesetz sind recht klar, aber noch ist die EU-Richtlinie hier und da schwammig formuliert, was zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht ungewöhnlich ist.

Wer eine Lücke von mehr als fünf Prozent bei sich entdeckt, sollte sich umgehend mit Arbeitnehmervertretern zusammensetzen, um gegenzusteuern. Noch ist nicht geklärt, mit wem sich die Geschäftsführung ins Benehmen setzen muss, wenn es etwa keinen Betriebsrat gibt. Wer die Zahl über eine gewisse Zeit hinweg nicht in den Griff bekommt, muss unter Umständen mit Strafen rechnen oder den betroffenen Frauen Gehalt nachzahlen. Auch Sammelklagen sind möglich.

Wie sehen Maßnahmen gegen die Lohnlücke aus? „In den wenigen Gehaltsrunden, die noch Zeit sind, sollten Betriebe handeln, um die Gestaltungsspielräume groß zu halten“, rät Michael Kind, Gehaltsexperte bei der Beratungsfirma Kienbaum. Wenn ein Teil des Gehaltsbudgets verwendet werde, um Lücken wegen des Gender-Pay-Gaps zu schließen, stehe weniger für Gehaltserhöhungen aus anderen Gründen zur Verfügung, vermutet er. „Das wird dann ein Verteilungskampf.“

Tücke der Dienstwagen

Was es noch komplexer gemacht. Ursache für eine große Lohnlücke kann in vielen Fällen nicht nur das Grundgehalt sein, sondern auch andere Vergütungsbestandteile. Hier ist eine differenzierte Ursachenforschung erforderlich. Gerade bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen gibt es meist keine einheitlichen Regeln für Nebenleistungen oder Vergütungskomponenten, wie zum Beispiel Zulagen. „Ein interessantes Beispiel sind Dienstwagen“, sagt Kind. „Wir hatten Fälle, in denen Frauen zwar das gleiche Budget zur Verfügung hatten, dieses aber deutlich seltener ausgeschöpft haben als Männer.“ Frauen fuhren freiwillig kleinere und damit günstigere Fahrzeuge. Im Ergebnis war ihr geldwerter Vorteil geringer. Im Gender-Pay-Gap machte sich dies bemerkbar, aber Diskriminierung lag hier nicht vor.

Die Erfahrung der Vergütungsexperten ist eindeutig. Je höher die Transparenz, desto niedriger ist die Lücke bei der Bezahlung von Frauen und Männern. Zwar treten durch die erhöhte Transparenz unangenehme Wahrheiten zutage, und so manche langjährige Führungskraft muss fürchten, dass eine gewisse Ungleichbehandlung öffentlich wird. Aber die Erfahrung zeigt, dass der gute Wille belohnt wird.

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