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Technologie > Fuhrpark

Lohnen Hybrid-Nutzfahrzeuge?

Der Boom der Hybrid-Nutzfahrzeuge lässt auf sich warten. Denn außer zu Marketingzwecken rechnet sich die Anschaffung bislang nicht. Ein Praxisbericht aus dem Mittelstand.

Es klingt verlockend: Im Hybridantrieb sind die Vorteile des Diesel- wie des Elektroantriebs vereint. Die Hersteller versprechen bis zu 25 Prozent Kraftstoffreduzierung.  Laut Studien sieht die Zukunft der Hybrid-Nutzfahrzeuge entsprechend rosig aus. Doch Mittelständler, die Hybrid-Fahrzeuge in ihrem Fuhrpark betreiben, finden sich nur wenige. Und falls doch, dann kommen sie aus dem Logistikbereich. Denn dort zählt die Kraftstoffersparnis  zum Überlebenskampf. Die Unternehmer hoffen auf einen Wettbewerbsvorteil.

Im leichten Nutzfahrzeugbereich, wie ihn beispielsweise das Handwerk häufig nutzt, gibt es kaum Hybrid-Modelle. Kein Wunder, ist der Hybridantrieb vor allem im schweren Nutzfahrzeugbereich sinnvoll. Dort gibt es mit einer hohen Laufleistung und einem hoher Kraftstoffverbrauch großes Einsparpotenzial. Bei den mittleren Nutzfahrzeugen ist die Laufleistung zwar geringer, aber die Fahrzeuge fahren deutlich mehr im Stadtverkehr, so dass die Einsparung hier auch noch recht hoch ist.

Die Hersteller der Hybrid-Nutzfahrzeuge versprechen von 10 bis 25 Prozent an Kraftstoffersparnis. Doch die Realität sieht anders aus. Die 50 ersten Mercedes Atego Hybrid fahren seit Anfang 2011 in einer Testphase auf deutschen Straßen. Stephan Gustke, Geschäftsführer der Spedition Heinrich Gustke, testet den Atego Hybrid seit Juni 2011. Zu seinem Fuhrpark gehören rund 100 Lkw, die vorwiegend Stückgüter transportieren. Für den Hybrid ist das von Vorteil, denn kleinteilige Ware bedeutet auch mehr Stopps. Und bei jedem Bremsen lädt sich die Batterie wieder auf. Pro Tag fährt der Atego durchschnittlich 150 Kilometer mit rund 20 Stopps. „Wir setzen ihn speziell im Stadtverkehr ein, um die maximale Kraftstoffersparnis zu erreichen“, sagt Gustke.

Ersparnis bei Hybrid-Nutzfahrzeug geringer als erwartet

Bis zu 15 Prozent Ersparnis hat der Hersteller versprochen. „Wir sind nicht ganz zufrieden, wir erreichen nur 10 Prozent“, sagt der Spediteur. Das machen insgesamt 1.700 Euro weniger Kraftstoffkosten jährlich. Wie viel davon dem Hybridantrieb zuzurechnen ist, weiß Gustke nicht. Zumal auch durch die Start-Stopp-Automatik weniger Kraftstoff verbraucht werde. Über drei Jahre läuft die Testphase. Gustke hatte 45.000 Euro mehr Anschaffungskosten im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug dieser Klasse. Die Hälfte wurde durch das Konjunkturprogramm II zur Erprobung und Marktvorbereitung von Elektromobilität gefördert.

Alle Hybrid-LKW haben ein Notfahrprogram zur Deaktivierung des Elektroantriebs. Das braucht es auch, wie Gustke bestätigt. Seine Fahrer berichten davon, dass sich der E-Motor ständig zu- und abschaltet, wenn die Batterie nur noch 10 Prozent Leistung hat. Dabei komme es zu einem Ruckeln beim Anfahren. „Der Fahrer muss dann anhalten und den E-Motor abschalten“, sagt der Spediteur. Auch beim Einlegen der Gänge, vor allem beim Rückwärtsgang, komme es zu Problemen. Bis der Kraftschluss ankomme und das Fahrzeug rolle, dauere es länger als bei herkömmlichen Nutzfahrzeugen.

„Wirtschaftlich gesehen, macht die Anschaffung des Hybrid überhaupt keinen Sinn, deshalb haben wir auch nur einen auf dem Hof stehen“, sagt der Unternehmer. Warum er den Hybrid trotzdem gerne fährt? „Wirtschaftlich gesehen, macht die Anschaffung des Hybrid zur Zeit noch keinen Sinn, deshalb haben wir auch nur einen auf dem Hof stehen“, sagt Unternehmer Gustke. Warum er den Hybrid trotzdem gerne fährt? „Wir wollen ein Zeichen in Richtung Umweltbewusstsein setzen, haben es beschriftet und es hat uns schon viel Werbung eingebracht“, sagt Gustke.

Das sagt Mercedes zu den Problemen:

"Eine Differenz bei Treibstoffverbräuchen kann es immer geben, Das hängt zum Beispiel von der Topografie der Innenstadt (Stuttgart = Steigungen), der Beladung und den Möglichkeiten der Rekuperation (=Wiederaufladung) ab. Von Problemen beim Rückwärtsfahren bzw. Ruckeln bei 10 Prozent-Batteriekapazität haben wir bis dato noch nichts gehört. Das gilt es weiter zu verifizieren."
Claws E. Tohsche, Kommunikation Mercedes-Benz-Lastkraftwagen

 

Beispielrechnung Atego:

Mehr an Anschaffungskosten gegenüber Dieselfahrzeug: 45.000 €
Förderung durch Konjunkturprogramm II: 22.500 €
Kraftstoffersparnis pro Jahr: 1.700 €

Um die Mehrkosten auf Unternehmerseite zu amortisieren, müsste das Hybrid-Nutzfahrzeug über 13 Jahre fahren.

 

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