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Zukunftsmärkte > Business Transformation

Bestehen durch Wandel

Wenn die Nachfrage wegbricht, müssen sich Unternehmen neu erfinden. Oder neue Märkte erschließen. Zwei Beispiele

Über Jahrzehnte lief das Geschäft von Kai Sannwald und Thorsten Lehmann wunderbar. Ihr Unternehmen Sunny Cars vermittelt MietwagenKontingente der Branchenriesen an das Reservierungsgeschäft von Reisebüros und Onlineportalen. Ende der Sommersaison 2019 hatte das Unternehmen mit 830.000 Buchungen noch 270 Millionen Euro umgesetzt. Doch dann kam Corona. "Es gab Tage, da haben wir hohe fünfstellige Stornierungen bekommen", erinnert sich Sannwald. Bis heute hat sich das Geschäft von dem Einbruch nicht erholt. Sannwald und Lehmann haben darum vor einem Jahr überlegt, wie man die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen in ein anderes Geschäftsmodell übertragen könnte. Und wenn Corona einem schon das normale Geschäft vermasselt, so könnte sich ja durch die Pandemie was ergeben.

Die Münchner wurden fündig: "Der Vertrieb von Luftreinigern passt gut zu unserer Art zu arbeiten. Hier sind wir Vermittler zwischen den technisch orientierten Herstellern und den Kunden, die Beratung benötigen", erklärt Sannwald. Dabei mussten die Gründer der Sunny-Tochter Air Solutions feststellen: "Da ist viel Schrott dabei. Offenbar glauben die Leute, dass ein Gerät auch offiziell zugelassen ist, nur weil es im Onlinehandel angeboten wird", sagt Sannwald. Richtige Standards gab es nicht und die Zertifikate auf den Geräten seien oft recht zweifelhaft gewesen. Der Händler hat zusammen mit der Gesellschaft für Werkstoffprüfung (GWP) in München ein Zertifizierungsverfahren entwickelt. Damit ist man den amtlichen Stellen voraus. Umweltbundesamt und Verband Deutscher Ingenieure (VDI) haben erst vor wenigen Wochen Prüfkriterien fürmobile Luftreiniger vorgestellt.

Der Einstieg in das neue Geschäftsmodell hat einen "siebenstelligen Betrag" verschlungen, den die verhinderten Mietwagenvermittler mithilfe der Reserven aus der Vergangenheit aus eigener Kraft stemmen konnten. Sunny Air wird im ersten Betriebsjahr rund drei Millionen Euro erwirtschaften. Dabei soll die Neugründung nicht den Lückenbüßer in Pandemiezeiten spielen, sondern sich zu einem neuen Geschäftszweig entwickeln. Für Sannwald und Lehmann hat die neue Firma auch ein wichtiges Signal nach innen gehabt. "Die Mitarbeiter haben gesehen, dass wir in der Krise alles daransetzen, Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern. Das honorieren sie und bleiben uns so auch erhalten", meint Sannwald.

Chance E-Mobilität

Neues Terrain sucht auch die börsennotierte Manz AG im Reutlingen. Der schwäbische Anlagenbauer schwenkt von Solartechnik auf Elektromobilität um. Das 1987 gegründete Unternehmen ist mit Maschinen für Solarzellen groß geworden. Doch als das Geschäft infolge verschobener und stornierter Aufträge vor allem aus China nicht mehr lief, stürzten die Schwaben in eine tiefe Krise. Seit 2016 hält die staatliche Shanghai Electric Group knapp 20 Prozent an Manz. Die Chinesen waren an der Dünnschicht-Solartechnologie (CIGS) interessiert, in die der Mittelständler viele Millionen Euro Forschungsgelder gesteckt hatte. Der Vorteil sind niedrigere Produktionskosten im Vergleich zur üblichen kristallinen Technik. Doch die Nachfrage nach Dünnschichtmodulen blieb begrenzt.

Mit den neuen Investoren im Rücken nabelt sich Manz von der Solarwirtschaft ab und wendet sich mehr und mehr der Elektromobilität und Energiespeicherung zu. Angeboten werden Spezialmaschinen für alle Arten von Lithium-Zellen: von kleinen gewickelten Knopfzellen, die in Kopfhörern zum Einsatz kommen, und Produktionsanlagen zur vollautomatisierten Fertigung von Hochleistungs-Batteriemodulen. "Die Automobilindustrie befindet sich in einem fundamentalen Wandel. Dadurch werden die benötigten Batterie- und Produktionskapazitäten rasant ansteigen", erklärt CEO Martin Drasch. Hiervon werde man in den kommenden Jahren profitieren. "Dies zeigt sich auch im ersten Halbjahr 2021 (Umsatz 114 Millionen Euro) am weiter steigenden Interesse an unseren Lösungen, was sich in einer erfreulichen Umsatz- und Ergebnisentwicklung im Segment Energy Storage widerspiegelt", sagt Drasch. Manz hat inzwischen immer mehr Finanzinvestoren auf sich aufmerksam gemacht. Seit März 2020 ist die Aktie von zehn auf zeitweise mehr als 60 Euro gestiegen.

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