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Zukunftsmärkte > Indien

Corona-Krise: Die Auswirkungen der geschlossenen Grenzen

Indien war die erste große Volkswirtschaft, die sich im Zuge der Corona-Pandemie gegen Einreisen aus Deutschland abriegelte. Was das für Auswirkungen auf deutsche Mittelständler vor Ort hat, erklärt Indienexperte Rahul Oza im Interview.

Mitte März erklärte die Regierung Indiens sämtliche Visa, die deutschen Staatsbürgern erteilt wurden, wegen der Corona-Krise für ungültig. Nur wer sich schon im Land aufhalte, könne bleiben. Was das für Expats bedeutet, erläutert Rahul Oza, Partner bei der Kanzlei Rödl & Partner und Leiter der indischen Niederlassungen in West- und Südindien.

Welche Auswirkungen hat das Einreiseverbot für deutsche Unternehmen?

In erster Linie sorgt es für Unsicherheit. Das liegt aber auch daran, dass die indische Regierung das Einreiseverbot kurz nach Bekanntgabe mehrfach abgeändert hat. Seit dem 16. März ist überhaupt nicht eindeutig geklärt, ob Deutsche mit einem Projekt- oder Arbeitsvisum von dem Einreiseverbot betroffen sind. Nach derzeitigem Stand sind wohl alle Visaarten betroffen.

Nehmen die Firmen das Verbot ernst?

Absolut. Laufende Angelegenheiten oder bereits angestoßene neue Projekte werden nur noch mit teils geringer Intensität vorangetrieben. Zudem haben viele Unternehmen nicht zwingende Investitionen in Indien erst einmal zurückgestellt. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt verständlich, mittel- und langfristig aber keine Lösung.

 

Ziehen sich erste Mittelständler aus Indien zurück?

Nein, das wäre auch vollkommen überstürzt. Aus unserer Sicht reagieren die meisten mittelständischen Unternehmen sehr besonnen und verständnisvoll. Gerade Unternehmen, die die soziale Struktur Indiens kennen, verstehen, dass die Regierung frühzeitig und konsequent reagieren musste. 

 

Wie halten die Mittelständler vor Ort den Betrieb am Laufen?

Notwendige Meetings werden nun digital abgehalten. Vielleicht gewöhnen sich die Manager ja sogar an diese Form der Interaktion. Dem Geschäft würde es nicht schaden, denn digitale Kommunikation ermöglicht letztlich schnelle und kosteneffiziente Entscheidungen. Was mich positiv überrascht: Die virtuellen Meetings verringern die Distanz zwischen der indischen Tochtergesellschaft und dem deutschen Stammhaus, weil die Kontaktaufnahme viel spontaner und schneller möglich ist.

Was empfehlen Sie den Entscheidern und Mitarbeitern vor Ort?

Dringend Ruhe bewahren. Indien ist derzeit vom Coronavirus weniger betroffen als Europa. Es ist wichtig, sich an diese staatlichen Restriktionen wie etwa das temporäre Versammlungsverbot zu halten. Auch Reisen innerhalb Indiens sollten tunlichst vermieden werden – egal ob privater und geschäftlicher Natur. 

Was erwarten Sie: Wie lange gilt das Einreiseverbot für Deutsche?

Das ist schwer zu sagen und hängt im Wesentlichen von der weltweiten Entwicklung ab. Was aber klar ist: Indien hat kein Interesse, sich von der Welt länger als nötig abzuschotten. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Einschränkungen bis in den April hineinwirken werden. 

Wie wirkt sich das auf die indische Wirtschaft aus?

Das dürfte Spuren hinterlassen. Von den globalen wirtschaftlichen Auswirkungen wird Indien nicht verschont bleiben. Die staatlichen Maßnahmen haben zwar das Vertrauen der Bevölkerung in die Krisenkompetenz der indischen Regierung gesteigert. Aber noch fehlen klar kommunizierte Konjunkturpakete und weitere Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der Wirtschaft. Wenn Indien seine ambitionierten Ziele für die Zukunft erreichen will, braucht es eine stabile und handlungsfähige politische Führung – und zwar sowohl während als auch nach der Krise.

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