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Management > Bereich Mobility Solutions

Bosch spricht Beschäftigungsgarantie im Kerngeschäft aus

Die Verhandlungen waren intensiv, aber das Ergebnis steht für sich: Die Jobs von 80.000 Bosch-Beschäftigten sind bis 2027 gesichert. Das hat angesichts des immensen Wandels Symbolcharakter.

Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH
Christian Fischer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. Bild: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

Die Beschäftigten im kriselnden Bosch-Geschäftsbereich Mobility Solutions können etwas entspannter in die Zukunft blicken. Bis 2027 erhalten die 80.000 Beschäftigten an den deutschen Standorten einen sicheren Arbeitsplatz. Darauf haben sich Geschäftsführung und Betriebsrat geeinigt. „Das ist ein wichtiger Schritt“, betonte eine Sprecherin der Arbeitnehmervertretung. Der Einigung seien lange zähe Verhandlungen vorausgegangen.

Der Einigung ist heftigen Protesten von Betriebsrat und Belegschaft vorausgegangen. Sie beklagten, dass der Stuttgarter Konzern sie über die Zukunft des Autozulieferbereichs im Unklaren ließ. „Wir wissen nicht, was das Management plant. Die reden nicht mehr mit uns“, beklagte Betriebsratschef Frank Sell im Februar. Die Arbeitnehmervertreter veranstalteten deshalb im März eine gemeinsame Betriebsversammlung mehrere Standorte – ein einmaliger Vorgang in der 136-jährigen Geschichte des Konzerns. Damit wurde auch in der Öffentlichkeit deutlich, wie tiefgreifend die Verstimmung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat fortgeschritten war. Traditionell beharken sich beide Seiten sonst zwar heftig, aber hinter verschlossenen Türen. Über Unstimmigkeiten dringt kaum etwas nach außen.

Im Bosch-Bereich Mobilitiy Solutions sind alle Produkte und Dienstleistungen zusammengefasst, mit denen die Autoindustrie beliefert werden. Im vergangenen Jahr erzielte die größte Sparte des Konzerns einen Umsatz von 52,6 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieb ein Ertrag vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 1,8 Milliarden Euro übrig, was einer Rendite von 3,4 Prozent entspricht. Weltweit beschäftigt die Sparte mit 233.000 Mitarbeiter 55 Prozent aller Bosch-Beschäftigten. 

Wie es im Kerngeschäft von Bosch künftig weiter geht, bleibt offen. Dem Betriebsrat bereitet Sorge, dass der Konzern im Ausland in Zukunftstechnologien investiert. So soll in China für eine Milliarde Euro ein neues Technologiezentrum entstehen. Jüngst wurde der Bau einer neuen Wärmepumpenfabrik in Polen verkündet. „Wir müssen auf einen Kostenmix achten“; betonte eine Sprecherin des Konzerns.  Die Verlagerung bestehender deutscher Fertigungen ins Ausland sei nicht geplant. Nach eigenen Angaben soll der Unternehmensbereich Mobilitiy Solution jährlich um sechs Prozent wachsen. 

Künftig soll der Betriebsrat früher als bisher in die Planungen der Bosch-Geschäftsführung einbezogen werden. „Hierzu erden neue Gremien geschaffen“, bestätigte eine Sprecherin des Konzerns in Stuttgart. Dem Vernehmen nach haben im Vorfeld Betriebsrat und IG Metall auf allen Ebenen massiv Druck auf das Management ausgeübt. Bisher wurden die Arbeitnehmervertreter über wichtige Entscheidungen im Aufsichtsrat informiert. Doch da waren viele Weichen im Vorfeld bereits gestellt. Mit der neuen Struktur wollen Management und Betriebsrat gemeinsam über die Zukunft der einzelnen Standorte und deren künftigen Produkte beraten und entsprechende „Zielbilder“ definieren. Konkret betrifft dies Art, Kostenstruktur und Umfang der Beschäftigung. „Somit können wir viel früher als bisher mitreden“, betont eine Sprecherin von Betriebsratschef Frank Sell. Die neuen Gremien, die auf verschiedene Ebenen eingerichtet werden, sollen Anfang 2024 die Arbeit aufnehmen.

Aktuell befindet sich das Bosch-Kerngeschäft wie viele Autozulieferer mitten im Wandel vom Verbrenner hin zu Elektro- und Wasserstoffantrieben. Das kostet Geld. In der Branche geht man davon aus, dass die Unternehmen eine Rendite von mindestens sechs Prozent erzielen müssen, um den Umbau stemmen zu können. Davon sind die meisten Zulieferer allerdings weit entfernt. Viele Unternehmen treiben deshalb die Verlagerung nach Osteuropa, Asien oder Nordamerika voran. So baut der Esslinger Autozulieferer Eberspächer baut eine neue Fabrik für E-Auto-Heizungen in Bulgarien. Beim Friedrichshafener ZF-Konzern bis zu 9000 Stellen in Deutschland durch Verlagerungen in Gefahr sein.

Im Frühjahr ließ der Chef des Stuttgarter Zulieferers Mahle, Arnd Franz, durchblicken, dass nicht alle deutschen Standorte die Transformation in der Autobranche überstehen werden. Jetzt wurde bekannt, dass der US-Zulieferer Cooper Standard – ein Hersteller von Dichtungen und Bremsleitungen - 60 Stellen von Lindau ins Ausland verlagert werden. Der Zulieferer Allgaier aus Uhingen bei Göppingen hat Ende Juni sogar Insolvenz anmelden müssen.

„Während die Automobilhersteller trotz Krise derzeit prächtig verdienen, stehen viele Zulieferer mit dem Rücken zur Wand“, urteilt Constantin Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei der Wirtschaftsprüfgesellschaft Ernst & Young (EY). Die Betriebsratsvorsitzenden Sell (Bosch), Achim Dietrich (ZF Friedrichshafen) und Boris Schwürz (Mahle) haben laut dem Manager Magazin bereits dem Stuttgarter Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) ihre Sorgen vorgetragen und einen Brief an SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich geschrieben. Sie beklagten bereits während einer gemeinsamen Pressekonferenz im Februar, dass auf politischer Seite zu wenig getan werde, um die Transformation in der deutschen Autoindustrie zu begleiten.

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