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Vergütung > Von Menschen und Märkten

Chefs (w) verdienen 30 Prozent weniger Gehalt

Böse Männer: Weibliche Führungskräfte verdienen 30 Prozent weniger Gehalt als die männlichen Chefs. Dahinter können nur Männer-Seilschaften stecken. Oder vielleicht doch nur die Tücken der Statistik?

Wie unfair: Eigentlich sollten alle gleich stark darüber klagen können, dass sie ja zu wenig verdienen. Aber regelmäßig zerstört das Statistische Bundesamt diese geschlechterübergreifende Solidarität der Arbeiter und Angestellten – denn Frauen verdienen deutlich weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen. Welcher Mann traut sich da noch über zu wenig Gehalt zu klagen (im Beisein von Kolleginnen)? Dass die so genannte „Gender Pay Gap“ seit 2006 von 23 Prozent auf aktuell (Werte für 2010 sind jetzt erst erschienen) 22 Prozent „geschlossen“ worden ist, bringt nicht viel. Ganz schlimm geht es mit der Ungerechtigkeit auf den Zigarren-und-Cognac-Chefetagen dieses Landes zu: Weibliche Führungskräfte haben 30 Prozent weniger auf dem Gehalts-Zettel als die Chefs (m).

Sie können gleich mit den Kommentaren unten beginnen, wir haben ein paar Textbausteine („Männliche Seilschaften“; „Babypause“) schon mal für Sie vorformuliert.

Oder Sie schauen sich die Statistik doch einmal genauer an. Da fällt auf: Erst seit 2006 wird überhaupt eine Bereinigung der Vergleichsdaten vorgenommen, die erstmals Unterschiede wie Alter, Ausbildung oder Beruf herausrechnet. Vorher war alles ein großer, undifferenzierter Brei. Dabei haben die Statistiker festgestellt, dass fast Zweidrittel der Ungerechtigkeit diesen Unterschieden zuzurechnen sind. Wenn man Äpfel mit Äpfeln statt mit Birnen vergleicht, bleiben von 23 Prozent Gehalts-Gefälle also nur noch 8 Prozent Unterschied übrig. Das ist aber längst nicht mehr so dramatisch, darum schaffen es die 8 Prozent in keine Überschrift.

Außer hier:

Nur noch 8 Prozent weniger Gehalt

Und es sind noch nicht mal 8 Prozent. Diese 8 Prozent, schrieb das Bundesfamilienministerium damals selbst, seien eine Obergrenze. Denn die Statistiker können weitere Merkmale, die relevant für das Gehalt sind, noch nicht berücksichtigen. Besonders der echte Vergleich von Qualifikation und Erfahrung. Weibliche Erwerbsbiographien sind meist relativ kompliziert und damit sehr aufwendig zu erfassen. So wird eine weibliche Führungskraft, die 2 Jahre Führungserfahrung hat, dann kurz wegen Schwangerschaft aussetzt, 6 Jahre in Teilzeit mit halber Stelle arbeitet und danach zum Erhebungszeitpunkt zwei weitere Jahre Vollzeitarbeit leistet, nicht anders behandelt als eine männliche Führungskraft, die zehn Jahre voll gearbeitet hat. Hat sie also 10 Jahre Führungserfahrung oder nur 7 Jahre? Irgendwo dazwischen liegt die Antwort, die meist auch noch ziemlich stark von der jeweiligen Position und Branche abhängt. Man braucht aber keine männliche Verschwörung, um nachzuvollziehen, warum der Chef (m) aus dem Beispiel 8 bis 10 Prozent mehr verdient als die Chefin.

Erst wenn wir die gleichen Sorten Äpfel miteinander vergleichen, wissen wir, wie groß der Unterschied beim Gehalt zwischen dem, was ein Chef (m) und eine Chefin (w) wirklich ist. Die Statistik schweigt dazu. Aber sie sagt uns so viel: Er ist deutlich unter 10 Prozent. Was, wenn am Ende gar herauskommt, dass Chefinnen sogar mehr verdienen?

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