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Personal > Maschinenbaustudentin im Interview

Fachkräftemangel: „Oft kennen junge Mädchen gar nicht alle Möglichkeiten“

Am Girls‘ Day durfte sie an einem Roboter herumschrauben und entdeckte so ihr Interesse für Technik: Die Maschinenbaustudentin Melanie Zilch verrät im Interview, was Unternehmen jungen technikversierten Frauen wie ihr bieten müssen.

Gerade einmal jeder achte Maschinenbau-Student ist weiblich, in vielen anderen technischen Studiengängen sieht es nicht anders aus. Das zeigen Zahlen des statistischen Bundesamtes. MINT-Fächer scheinen immer noch viele junge Frauen abzuschrecken – was nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels fatal ist. Aber wie können Unternehmen dem entgegenwirken und junge Frauen für technische Berufe begeistern? Wir haben Melanie Zilch gefragt. Die 26-jährige studiert im vierten Semester eines dualen Studienganges Maschinenbau an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg. Daneben arbeitet sie bei einem naturwissenschaftlichen Forschungszentrum. 

Frau Zilch, an vielen Universitäten kursiert der Spruch „1000 Männer, eine Frau – ich studier Maschinenbau“. Was ist dran?

Eine Frau bei 1000 Männern ist natürlich übertrieben, andere Frauen sehe ich in meinen Kursen aber in der Tat selten. Die meisten, die es bei uns gibt, studieren zudem die Fachrichtung Produktionstechnik- und Management – ich habe mich auf Entwicklung und Konstruktion spezialisiert. Da kommen in meinem Semester auf 60 Studierende etwa 5 Frauen. 

Das ist nicht viel. Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern, damit die Zahlen zumindest etwas ausgeglichener wird?

Ich glaube, ein wichtiger Punkt ist es, den Schülerinnen – und vor allem auch ihren Eltern – klarzumachen, dass auch Frauen Berufe ausüben können, bei denen man körperlich arbeitet. Oft kennen junge Mädchen gar nicht alle Möglichkeiten – zum Beispiel, wenn die Eltern beide im Büro arbeiten. Da ist der Werdegang dann oft schon programmiert. Unternehmen, die etwas dagegen tun wollen, können zum Beispiel Praktikumsplätze proaktiv auch jungen Frauen anbieten und gezielt mit Schulen kooperieren. Und sie sollten bei Aktionen wie dem Girls‘ Day teilnehmen.

Wie war das bei Ihnen? Woher kam der Wunsch, Maschinenbau zu studieren?

Da muss ich etwas ausholen: In meiner Familie wurde ich schon als Kind immer dazu motiviert, mit anzupacken, wenn es etwas aufzubauen gab. Und als ich in der fünften Klasse war, brachte mich mein Onkel darauf, den Girls’ Day an der TU Hamburg zu besuchen. Ich durfte an einem Roboter mitbasteln und fand sofort Gefallen daran, an Maschinen zu arbeiten. Als sich dann am Ende meiner Schulzeit die Frage stellte, was ich machen möchte, sprach ich unter anderem mit zwei Bekannten, die beide bei meinem heutigen Arbeitgeber angestellt waren. Sie berichteten mir von ihrer Arbeit, die für mich sehr interessant klang – deshalb habe ich beim gleichen Unternehmen eine Ausbildung zur Industriemechanikerin gemacht und im Anschluss das duale Studium begonnen.

 

Was ist Ihnen denn besonders wichtig bei der Wahl des Arbeitgebers?

Am wichtigsten ist mir ein sicherer Arbeitsplatz. Ich möchte nicht jeden Tag darum bangen, meinen Job zu verlieren. Außerdem halte ich eine Regelung mit flexiblen Arbeitszeiten für sinnvoll. Ich gehe gerne schon früh am Morgen zur Arbeit. Wenn mein Pensum erfüllt ist, und es nichts mehr zu tun gibt, möchte ich nicht von Kollegen verurteilt werden, die einen anderen Rhythmus haben und vielleicht erst um 10 Uhr zur Arbeit gekommen sind. Das bringt mich zum nächsten Punkt: das Arbeitsklima muss für mich stimmen. Ich finde es gut, wenn man mit den Kollegen auch auf einer persönlichen Ebene klarkommt. Das heißt nicht, dass man mit jedem befreundet sein muss. Aber es ist doch schön, wenn nicht jeder komplett auf sich selbst fixiert ist. Der Arbeitgeber sollte deshalb das Miteinander der Kollegen fördern. Und natürlich möchte ich nicht anders behandelt werden, weil ich eine Frau bin.

Hat Ihnen schon einmal jemand das Gefühl gegeben, in Ihrem Job als Frau fehl am Platz zu sein?

Ich denke schon, dass man als Frau in einer Männerdomäne schlagfertig sein muss. Allerdings habe ich in meinem bisherigen Berufsleben und auch in der Uni durchweg positive Erfahrungen gemacht. 

Trotzdem gibt es ja nicht viele Maschinenbauerinnen. Was spricht Ihrer Meinung nach aus Arbeitgebersicht dafür, jemanden wie Sie gezielt einzustellen?

Ich glaube, dass Frauen, die einen „Männerberuf“ ausüben, wirklich an dem Job interessiert sind. Keine Frau studiert Maschinenbau, „weil man das halt einfach so macht“ – oder „weil sie nicht wusste, was sie sonst studieren sollte“. Da muss wirklich Interesse hinter stehen.

Komm, Mach MINT.“

Der Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen „Komm, mach MINT.“ ist eine bundesweite Netzwerk-Initiative, die Mädchen und Frauen für MINT-Studiengänge und -Berufe begeistern soll. Initiiert von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik hat sie zum Ziel, dem Fachkräftemangel in MINT-Berufen entgegenzuwirken. Dafür stellt das Bundesbildungsministerium jährlich rund 3 Millionen Euro bereit. Für Unternehmer bedeutet das Beratung, Vernetzung und einen Überblick: über Projekte, Schnuppertage, Stipendien, Mentoringprogramme und Wettbewerbe aus dem MINT-Bereich.

 

Girls‘ Day

38 % der Unternehmen erhalten Bewerbungen von ehemaligen Girls' Day-Teilnehmerinnen. Der Mädchenzukunftstag ist das größte Berufsorientierungsprojekt für Schülerinnen in Deutschland. An diesem entdecken Mädchen ab der fünften Klasse Berufe aus Technik, Handwerk, IT, Naturwissenschaften und der Industrie. Unternehmer können über den Girls‘ Day-Radar ihr Angebot veröffentlichen.

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