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Firmen sind Motor der kommunalen Klimatransformation

Klimaneutralität bis 2040: Uwe Schneidewind, einer der renommiertesten Klima-Wissenschaftler und heutiger Bürgermeister von Wuppertal, erklärt, wie Städte und Unternehmen gemeinsam die Zukunft gestalten.

Uwe Schneidewind
Uwe Schneidewind (Grüne) ist Oberbürgermeister von Wuppertal. Davor war er Präsident des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Bildquelle: vom Stein, Stadt Wuppertal

Die meisten Städte verfügen heute über Strategien, die auf eine Klimaneutralität 2035 bis 2040 zielen. Dahinter steckt ein ökonomisch und infrastrukturell ambitioniertes Investitionsprogramm, das nur als Gemeinschaftsaufgabe von Staat, Unternehmen und Bürgern zu bewältigen ist. Das Ziel der ­Klimaneutralität fordert Städte auf vielen Ebenen.

Es gilt erstens, den Gebäudebestand klimafit zu machen. Dazu gehören eine bessere Wärmedämmung und CO2-freien Heizungssysteme. Hier sind die Eigentümer mit Investitionen in Ihre Gebäude gefordert. Gleichzeitig müssen Kommunen und Stadtwerke Nah- und Fernwärmenetzen ausbauen und Stromnetze ertüchtigen, um den erhöhten Bedarf einer stark durch Wärmepumpen geprägten Heizungslandschaft sicherzustellen.

Zweitens: Die Stromerzeugung muss regenerativ werden. In Städten bedeutet das einen Ausbau der Fotovoltaik auf Frei- und Dachflächen. Auch hier sind öffentliche und private Gebäudeeigen­tümer gefordert.

Drittens erfordert die Mobilitätswende in den Städten einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, eine weitgehende Elektrifizierung des Fahrzeugbestandes und eine bessere Kopplung zwischen unterschiedlichen Mobilitätsformen. Die öffentliche Hand muss kräftig in den Nahverkehr, in eine Ladeinfrastruktur in Städten und Mobilstationen investieren.

Die vierte Ebene betrifft die energieintensiven Branchen, die gerade in industriell geprägten urbanen Zentren vor großen Herausforderungen stehen.

In einer Studie des Wuppertal Institutes von 2021 wurde allein für Wuppertal ein jährlicher Investitions- und Finanzierungsbedarf von über 500 Millionen Euro für die kommenden 15 Jahre errechnet, um den klimaneutralen Umbau zu ermöglichen.

Die Aufzählung macht deutlich, dass die Transformation eine Mischung privater und öffentlicher Investitionen erfordert und ein sehr gutes Zusammenspiel von Firmen und öffentlicher Hand. Ein wichtiger Motor dafür ist die Unternehmenslandschaft in Städten. An der Seite von international agierenden Konzernen mit Standorten vor Ort stehen Familienunternehmen mit einer oft hohen Bindung zur Heimatstadt, öffentliche Firmen wie Stadtwerke und Verkehrsbetriebe, Start-ups sowie Sozialunternehmen.

Den Betrieben kommt in solchen Transformations-Ökosystemen eine besondere Bedeutung zu: Wenn Randbedingungen klar sind, handeln Unternehmen in aller Regel konsequenter, rationaler und berechenbarer als private Akteure. Damit werden Unternehmen zu einem wichtigen Taktgeber beim klimaneutralen Umbau der Städte. Aktuell ist dies zum Beispiel beim Fotovoltaik-Ausbau zu spüren, den Unternehmen vor Ort systematisch angehen und so Erfolgsbeispiele liefern, die private Eigentümer zu eigenen Investitionen anregen.

Der Effekt verstärkt sich dort, wo es Unternehmen mit einer hohen Bindung zum Standort gibt. Sie sind öfter bereit, Vorbild zu sein, das in die Stadt ausstrahlt. Da, wo die öffentliche Hand durch überbürokratisierte Prozesse wie beim Vergaberecht blockiert ist, können Unternehmen über Public-Private-Partnerships dazu beitragen, dass auch der Klimaschutz im öffentlichen Bereich schneller vorangeht. Vor-Ort-Plattformen können das verstärken. Dazu gehören eine enge Zusammenarbeit aller öffentlichen Firmen im „Konzern Stadt“, der Aufbau von unternehmensbezogenen Beratungsangeboten, die Koordination öffentlicher und privater Investitionen beim Ladesäulenausbau und künftig natürlich eine gut gemachte Wärmeplanung in der Stadt. Klimaneutrale Städte sind eine Dekadenaufgabe der 20er- und 30er-Jahre. Ohne enge Einbindung, Nutzung der Motorfunktion von Unternehmen und gute Vernetzung kann diese Aufgabe nicht gelingen.

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