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Einkauf, Marketing und Marken > Porträt Pustefix

Blasen aus der Hexenküche

Das blaue Röhrchen mit dem gelben Teddybären schütteln, den Deckel samt Stäbchen herausnehmen und in den gezackten Ring am Ende pusten: Dann tanzen sie, regenbogenfarbenschillernd in der Luft.

Pustefix - Das Unternehmen aus Deutschland hält sich trotz Konkurrenz aus Asien solide. Bildnachweis: picture alliance/dpa | Julian Rettig

Doch kurz und vergänglich ist das Leben der Seifenblase. Sie beendet mit einem leisen Platzen ihr Dasein – um von neuen Blasen und Bläschen gefolgt zu werden. Generationen von Kindern kennen dieses Vergnügen. Denn Pustefix gibt es inzwischen seit mehr als 75 Jahren. 

Das Unternehmen aus Tübingen hält sich trotz der Konkurrenz aus Asien solide. Mehr als eine Million Liter Flüssigkeit rühren sie in ihrer Hexenküche jedes Jahr zusammen. So nennen die 28 Beschäftigten den Ort, an dem die geheimnisvolle Mixtur entsteht, die später die Herzen von Klein und natürlich auch Groß in der ganzen Welt erfreuen.

Woraus genau die seifige Flüssigkeit besteht, ist streng gehütetes Geschäftsgeheimnis. Die Zusammensetzung variiert je nach der beabsichtigten Größe der Seifenblase. Für XXL-Blasen mit bis zu zwei Metern Länge wird eine andere Rezeptur verwendet als für die klassischen Röhrchen, die jedes Jahr millionenfach auf den Markt kommen. Pustefix setzt jedes Jahr rund sechs Millionen Euro um.

Firmengründer Rolf Hein hatte 1948 eigentlich anderes im Sinn. Er wollte Waschmittel an Haushalte verkaufen. Doch der Unternehmer musste schnell feststellen, dass er den großen Konzernen kaum was entgegensetzen konnte. Also experimentierte der Chemiker und suchte nach Alternativen zu den billigeren Massenprodukten. Wie bei vielen Traditionsprodukten steht auch hier der Zufall Pate. Hein stellte fest, dass sich eine Mixtur sehr gut für Seifenblasen eignete. So entstand der Gedanke, Kindern eine fertige Mischung anzubieten. Die Geburtsstunde der Marke Pustefix.

Das erste Set besteht noch aus einer Aluminiumdose mit Korkdeckel, einem Stahlstift und einer zum Blasring gebogenen Feder. Die Seifenmischung wird anfangs per Hand aus einer Kaffeekanne abgefüllt. Und der geliebte gelbe Teddy von Heins Kindern wird zum Symbol der neuen Marke, dem seifenblasenden Bären. Den „Pusti“ vermarktet das Unternehmen heute zusammen mit dem Plüschtierhersteller Heunec als eigenes Produkt. Wie viele Erzeugnisse hat auch Pustefix mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. Zum einen war ist Korkverschluss nie ganz dicht, was häufig zu Transportschäden führt. Die austretende Flüssigkeit löst zudem schnell das Etikett ab. Außerdem zersetzt die Seifenblasenflüssigkeit die Drahtspirale. Das Problem kann erst Ende der 60er-Jahre durch die Verbreitung von Kunststoff gelöst werden.

Die Blasen entstehen, weil die Seifenflüssigkeit aus einem wasserlöslichen und einen fetthaltigen Teil besteht, der sich an der Oberfläche sammelt. Es bildet sich so eine Schicht von gleich ausgerichteten Seifenteilchen, die mit ihrem wasserlöslichen Teil in der Flüssigkeit schwimmen und ihren fettigen Part in die Luft halten. Wird Luft auf diese Oberfläche geblasen, entsteht ein dünner, gebogener Wasserfilm. Die so geborene Blase hat eine Schicht aus Seifenteilchen auf der Innen- und der Außenseite. Das verleiht der schimmernden Kugel die nötige Stabilität. Bis die Schwerkraft das Wasser anzieht und die zarte Schicht immer mehr ausdünnt. Dann platzt die Blase.

Zur Unterhaltung der Kinder wurden bereits im 19. Jahrhundert spezielle Vorrichtungen für die Seifenblasen entwickelt. Später waren sie eine Attraktion auf Volksfesten. Den Massenmarkt mit einem Produkt für Generationen von Kindern hat Pustefix erschlossen. Das Unternehmen gehört seit 2019 zum Finanzinvestor Quantum Capital, der auch die Carrera-Autorennbahnen und den Modellbausatzspezialisten Revell besitzt – eine Chance für Pustefix. Die Tübinger wollen unter anderem auf dem Markt für Werbemittel wachsen. Mit Revell wurde ein „Bubblecopter“ entwickelt – eine Drohne mit Seifenblasenfunktion. Die Zukunft sieht also gut aus. Vergänglich sind nur ihre Produkte – aber dafür gibt es ja einen Nachfüllkanister.
 

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