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Zukunftsmärkte > Verlagsspezial: Digital X

Innovationen für mehr Nachhaltigkeit

Besitzstandswahrung geht in Deutschland vor Investitionsmut. Dabei gibt es reichlich Chancen.

Besitzstandswahrung geht in Deutschland vor Investitionsmut. Dabei gibt es reichlich Chancen © Deutsche Telekom

Kann mit mehr Digitalisierung das Leben rund um den Globus nachhaltig verbessert werden? Immerhin verbrauchen die Rechenzentren gewaltige Mengen an Energie, automatisierte Prozesse verdrängen viele einfache Tätigkeiten. Auf der Digitalisierungsmesse Digital X in Köln sind sich die Redner in diesem Punkt einig: Nachhaltigkeit für unseren Planeten und die auf ihm lebenden Bewohner kann erst durch mehr Digitalisierung tatsächlich gelingen.

„Nachhaltigkeit bedeutet, nicht bloß umweltfreundliche Alternativen zu finden. Es geht darum, die gesamte Gesellschaft umzugestalten. Dafür müssen wir die Angst verlieren, neue Wege zu gehen“, fordert deshalb Domitila Barros, die in diesem Jahr zur „Miss Germany“ gekürt wurde. Sie ist in einem brasilianischen Slum aufgewachsen, hat dort als Teenager anderen Kindern das Lesen und ­Schreiben beigebracht. Dafür wurde sie von der Unesco ausgezeichnet.

Dank eines Handys habe sie mit der Welt außerhalb der Favela kommunizieren können und so den Weg in eine bessere Zukunft gefunden, betont die 38-Jährige. Unter ihrem Label „She is from the Jungle“ handelt Barros mit Bademoden und Accessoires, die in Zusammenarbeit mit brasilianischen Frauen aus der Favela „Linha do Tiro“ (Schusslinie) nachhaltig und ökologisch produziert werden. Sie verwenden kein Gold, weil bei der Goldgewinnung sehr viel Giftmüll entsteht. Stattdessen nutzen die Frauen die brasilianische Pflanze „Capim Dourado“ (Goldenes Gras).

Neue Wege in Sachen Nachhaltigkeit geht auch Tamaris, eine Marke des Schuherstellers Wortmann. „Den größten Effekt kann man mit 80 Prozent auf der Materialschiene erziehen“, erklärt Andreas Burmeister, Head of Sustainability bei der Lemgoer Unternehmensgruppe. Darum hat Tamaris einen Schuh entwickelt, der ganz ohne Leder auskommt. Die Riemen der Pantolette bestehen aus HyphaLite, einem Material, das auf der Basis von Pilzen hergestellt wird. Die Sohle ist aus einer algenhaltigen Biomasse, Futter und Decksohle aus recyceltem Plastik. Der vegane Schuh ist somit weitgehend biologisch abbaubar. „Und das kostet nur einen Zehner mehr“, betont Burmeister.

Für die ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ist dies ein Beispiel, wie ein Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit überzeugend angehen kann. Sie warnt davor, sich besser darzustellen, als man tatsächlich ist. „Bleiben Sie bei der Wahrheit“, mahnt die SPD-Politikerin. Durch die Digitalisierung sei es heutzutage ein Leichtes, jeden Etikettenschwindel zu entlarven.

 

Ehrlich und authentisch sein

„Nachhaltigkeit ist kein Thema nur für junge Leute“, sagt Korbinian Spann. Für die Unternehmen werde das immer bedeutender. Der Gründer von Insaas in München liefert Daten für nachhaltige und kundenorientierte Produkte. Nachhaltigkeit werde heute noch zu kompliziert dargestellt, sagt der Experte für Sprachen, digitales Marketing und Data-Science. „Wir müssen das Thema einfacher und greifbarer machen.“

Der Sanitäranlagenhersteller Grohe will mit dem Thema Nachhaltigkeit nicht nur bei den Kunden punkten. Marketingchef Björn Hamacher möchte sein Unternehmen auch für junge Menschen auf Jobsuche interessant machen. „Wer sich beruflich damit beschäftigt, wie Wasser energieeffizienter konsumiert werden kann, der versteht diese Tätigkeit als global sinnstiftend“, sagt er. Aber auch Hamacher warnt davor, sich besser darzustellen, als man ist: „Ganz wichtig ist, dass man ehrlich und authentisch ist. Man muss klar sagen, was man —Leuten bieten kann – und was aber auch nicht.“

Steffen Szeidl, Chef der Immobilienberatung Drees & Sommer, appelliert an die Unternehmen bei aller Notwendigkeit, junge, frische Kräfte in die Betriebe zu holen: „Vergesst nicht die eigenen Leute – die kennen das Unternehmen, die kennen den Markt.“ Veränderung gelinge prinzipiell von innen heraus. Doch da geht es Timotheus Höttges in Deutschland nicht entschlossen genug voran. „Wir sind teilweise selbstgerecht geworden“, klagt der Telekom-Vorstandschef. Und setzt nach: „Wir neigen dazu, die Schuld auf andere zu schieben. Damit beginnt schon das erste Problem. Es geht nicht darum, anderen die Verantwortung zuzuschieben.“

So wie Höttges warnt auch Allianz-Chef Oliver Bäte vor dem Niedergang des Standorts Deutschland. „Wenn wir weiter vor uns hin schlafen und sagen, die Rente sei sicher, dann wird’s unangenehm.“ Ins englische Wörterbuch sei inzwischen nach „Kindergarten“ auch der Begriff „Besitzstandswahrung“ aufgenommen worden. Höttges verweist auf eine Studie, wonach jedes Jahr sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Innovationen investiert werden müssen, damit eine Volkswirtschaft weiterwachse. Im vergangenen Jahr habe der Deutschland-Wert nur ein Prozent betragen. „Wie soll ‚Made in Germany‘ in einer digitalen vernetzten Welt funktionieren, wenn diese Gesellschaft nicht mehr in die Zukunft investiert?“

„Unser Dachstuhl brennt“, mahnt Green-Influencerin Domitila Barros. Sie ruft deshalb die Deutschen dazu auf, „Vorreiter bei der grünen Digitalisierung zu sein“. So könne man die Lebensbedingungen der Menschen bis in den tiefen brasilianischen Urwald hinein verbessern. „Wir brauchen Innovation jetzt als Treiber für mehr Nachhaltigkeit.“ Für Höttges sind Investition von grundlegender Bedeutung: „Was sind unsere Freiheit und Demokratie wert, wenn wir keinen Zukunftsoptimismus haben.“

Die erfolgreiche Unternehmerin und Schauspielerin Jessica Alba sieht keinen Grund zu verzagen. Es bestehe immer noch Hoffnung. Sie sei überzeugt, dass es den Menschen „in die Wiege gelegt ist, dass alles möglich ist, wenn man hart genug arbeitet“. Die Hollywood-Schauspielerin wünscht sich, „dass sich diese Hoffnung und dieser Traum zu einer besseren Zukunft entwickeln wird, zu einem nachhaltigeren Planeten. Dass wir uns umeinander kümmern und natürlich um unseren Planeten.“ Alba betreibt seit 2012 The Honest Company, die schadstofffreie Windeln und Kosmetika herstellt. Das Unternehmen ist an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet und inzwischen mehr als eine Milliarde Dollar wert.

„Ich habe nach Produkten gesucht, die ich bedenkenlos benutzen kann. In Europa gibt es relativ hohe Standards, das haben wir in den USA nicht. Also habe ich Risikokapital eingesammelt und meine eigene Firma gegründet“, erinnert sich Alba an die Anfangstage. Ihr Rat an künftige Unternehmerinnen: „Glaubt an euch, bleibt stark, verfolgt konsequent eure Ziele. Anfangs ist es oft schwer, aber es lohnt sich!“

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