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Zukunftsmärkte > Anlage-Kolumne

Krieg und Kapital

Auch wenn der Ukraine-Krieg noch nicht beendet ist, so mehren sich die Anzeichen, wie er ausgehen wird. Zunächst können wir an den Finanzdaten ablesen, dass Russland zu den Verlierern gehören wird. Auch ein militärischer Sieg wäre mit so hohen menschlichen und wirtschaftlichen Verlusten erkauft, dass er einer Niederlage gleichkäme.

Capitol und Grafik von Zinskurs
Fallende Zinsen sind so passé wie Frieden in Europa.

Ist die Ukraine-Krise eine Kapitalmarkt-Krise?

 

Wir befinden uns nicht nur am Ende einer jahrzehntelangen Phase des Friedens in Europa, Nordamerika und Ostasien. Auch die historisch beispiellose 40-jährige Ära fallender Zinsen dürfte beendet sein. In etlichen Ländern erreichen im Kielwasser der Corona-Pandemie Zinssätze null Prozent, was ökonomisch nicht nachhaltig und historisch beispiellos ist. Außerdem steht der massive und allgemein unerwartete Anstieg der Inflationsraten seit Anfang 2021 einer Fortdauer des Zinssenkungstrends entgegen. Daraus ergeben sich fünf Trends:

 

 

  • In der westlichen Welt wird dauerhaft mehr Geld für Rüstung ausgegeben werden müssen. Nicht unbedingt wegen Russland, sondern vor allem wegen des weitaus mächtigeren und zunehmend aggressiven Chinas.
  • Für Aktien als Anlageklasse sind Kriege relativ ungefährlich. Kriege, sogar die beiden Weltkriege, oder durch Kriege ausgelöste Krisen haben geringere Aktienkursverluste bewirkt als die drei großen Spekulationsblasen der letzten hundert Jahre: den „goldenen“ 20er Jahren, dem Boom der Technologie- und Telekomaktien bis zum Jahr 2000 und dem Immobilienboom in den USA bis 2006 folgten die drei stärksten Kurseinbrüche der letzten 152 Jahre am US-Aktienmarkt, der für langfristige Analysen besonders geeignet ist, weil die beiden Weltkriege weder das politische System verändert noch eine Währungsreform ausgelöst haben.
  • Staatsanleihen leiden unter kriegerischen Auseinandersetzungen weitaus stärker als Aktien. Von 1900 bis 1984 erreichte deren Gesamtertrag (Kursänderungen + Zinsen) weltweit magere 0,13 Prozent pro Jahr nach Abzug der Inflationsrate, real stieg demzufolge ein Staatsanleihevermögen in 84 Jahren von 100 Euro auf 116 Euro. Im gleichen Zeitraum schafften Aktien 4,5 Prozent im Jahr, also wurden aus 100 Euro nach 84 Jahren 4.034 Euro.
  • Durch den Verzicht auf russische Ressourcen wie Gas wird die Energiewende beschleunigt, aber die dafür benötigten Rohstoffe und Arbeitskräfte sind schon heute knapp und steigen weiter im Preis.
  • Die schrumpfende Zahl der Arbeitskräfte wird in vielen Ländern eine inflationstreibende Lohn-Preis-Spirale auslösen.

Neue Rüstungsausgaben und eine forciertere Energiewende wirken inflationssteigernd und erfordern zusätzliche Staatsschulden. Diese sind allerdings jetzt schon enorm hoch. Außerdem wird diese Inflation kaum noch bekämpft werden können, da Staaten in Zeiten hoher Schulden sicherstellen müssen, dass die Zinsen niedrig bleiben. Zur effektiven Inflationsbekämpfung müssen die Zinsen die Inflationsraten übersteigen, damit Sparen wieder attraktiv wird. Die Zinsen müssten also einen mittleren bis oberen einstelligen Prozentsatz erreichen, was die meisten Finanzminister inzwischen überfordern dürfte.

 

Für die Kapitalmärkte bedeuten Inflationsraten, die künftig über den bisher für die nächsten zehn Jahre erwarteten Inflationsraten von drei Prozent liegen, dass wir auch etwas höhere Zinsen erwarten dürfen, die allerdings in der Eurozone kaum über zwei und in den USA kaum über drei Prozent hinausgehen sollten.

 

Gold wird ebenfalls höhere Erträge abwerfen als bisher erwartet, auch weil die Kapitalmarktteilnehmer noch immer langfristige Inflationserwartungen haben, die kaum über zwei Prozent liegen. Die inflationsbedingten Kostensteigerungen werden die Unternehmensgewinne durchaus etwas belasten, aber dem stehen zusätzliche Einnahmequellen durch höhere Rüstungsausgaben und Investitionen für die Energiewende gegenüber. Bei weiterhin sehr negativen Realzinsen werden also noch viele Anleger den Weg aus „sicheren“ Anlagen wie Anleihen oder Sparkonten hin zu Aktien, Unternehmensbeteiligungen, Gold und Immobilien finden, möglicherweise schneller als bisher angenommen, wenn der Putin-Krieg hoffentlich bald beendet ist.

 

 

Was bedeuten die aktuellen Zeiten nun aber für Anleger:

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  • Aktien bleiben nach wie vor eine ausgewogene Anlageform, die sich vom Kriegsgeschehen bisher unbeeindruckt zeigt und auch stabil bleiben wird.
  • Staatsanleihen sind nicht empfehlenswert.
  • Gold bleibt weiterhin eine erfreuliche ertragsreiche Anlageklasse, da die Kapitalmarktteilnehmer noch immer langfristige Inflationserwartungen haben, die kaum über zwei Prozent liegen
  • Immobilien eignen sich ebenfalls eine wertstabile Anlage – wenn es sich hierbei nicht um überteuerte Luxusimmobilien handelt oder Wohnungen in gefragten Großstädten
  • Neben den Alternativen-Anlagen wie Gold und Immobilien sollte ein Anleger, der eine gewisse Illiquidität verkraften kann, auch durchaus bis zu 30 Prozent seines Vermögens in Private Equity, also Fonds, die sich an nicht börsennotierten Firmen beteiligen, anlegen, da die Renditen auch künftig etwas über den von Aktien liegen werden.

 

Reinhard Panse ist Chief Investment Officer und Mitgründer der FINVIA Family Office GmbH. Bis Februar 2020 war er Mitglied der Geschäftsführung und Chief Investment Officer für die im Eigentum der Familie Harald Quandt stehende HQ Trust GmbH. Von 2004 bis zum Eintritt in die HQ Trust GmbH im Jahre 2011 war Panse Chief Investment Officer des in der UBS Deutschland AG geschaffenen Geschäftsbereichs UBS Sauerborn. Ab 2001 war er Mitglied des Vorstands der Sauerborn Trust AG bzw. der Rechtsvorgänger. Begonnen hat Reinhard Panse mit der Übernahme von Kapitalmarkt- und Kundenbetreuungstätigkeiten bei der Feri GmbH im Jahre 1989, nachdem er eine eigene Vermögensverwaltung als Geschäftsführer gegründet und geführt hatte

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