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Personal > Mitarbeiterbindung

Mit Firmen-Events die Welt ein bisschen besser machen

Firmenveranstaltungen erhöhen die Bindung der Mitarbeiter. Vor allem, wenn sie mehr als nur Spaß und Genuss zum Thema haben. Ein Start-up zeigt, wie es geht - am Beispiel Schokolade.

Frische Ware: Die Theyo-Gründer Madita Best und Moritz kleine Bornhorst begutachten eine geöffnete Kakaofrucht. © Theyo

Die lila Kühe sind nur ein Beispiel: Es gibt wohl kein Produkt, wo Wahrheit und Wahrnehmung so weit auseinanderliegen wie bei Schokolade. Wenn ein US-Konzern die Verbraucher mit Pseudo-Regionalität und glücklichen Kühen darüber hinwegtäuscht, dass sich in Afrika Kinder bei der Kakaoernte die Finger abschneiden, dann müssen wir dagegen etwas tun, dachten sich die Gründerinnen und Gründer von Theyo. Als dann auch noch die Corona-Lockdowns das Interesse an Firmenveranstaltungen aus der Ferne erhöhten, war ihre Idee vom Start weg erfolgreich. Firmenevents mit genussvollem Schokoladentest – online oder in Präsenz – und ethisch wertvoller Botschaft.

Bei den Theyo-Workshops naschen die Kolleginnen und Kollegen nicht nur gemeinsam, oft vor dem Bildschirm aus der extra zugesandten Testkiste, sondern lernen auch etwas. Nämlich welche Schokolade man überhaupt noch guten Gewissens essen kann. „Wir kriegen sehr viel Rücklauf, dass sich das Verhalten der Menschen ändert, wenn sie an unseren Workshops teilgenommen haben“, sagt Moritz kleine Bornhorst, der Theyo gemeinsam mit Madita Best in Berlin gegründet hat. „Viele Gäste greifen danach nicht mehr zur Supermarktschokolade – viele sind geschockt. Es ist eben eine andere Form von Veranstaltung und gibt dem Firmenevent mehr Relevanz.“


Die meisten Schokoladenliebhaber ignorieren eine unbequeme Wahrheit: Ein Großteil der Schokolade stammt aus Kakao, an dessen Anbau und Ernte Kinder beteiligt sind. Allein in der Elfenbeinküste und Ghana sind es rund 1,6 Millionen. Die beiden Länder sind die Hauptlieferanten für Kakao, zwei Drittel aller Bohnen stammen von dort. Kinder kommen bei der Ernte nicht nur durch das Schleppen von schweren Säcken zu Schaden oder indem sie Pestizide einatmen. Das Hantieren mit scharfen Macheten kostet Finger oder ganze Gliedmaßen.

Wer es sich nicht leisten kann, Arbeitskräfte einzustellen, muss auf die Hilfe seiner Kinder bei der Ernte zurückgreifen. Nicht einmal zehn Prozent der Kakaobauern in der Elfenbeinküste können laut einer Studie ein existenzsicherndes Einkommen erwirtschaften, wenn sie den Nachhaltigkeitsstandards von Fairtrade International gerecht werden wollen. Um einer gesetzlichen Regulierung zu entgehen, haben sich vor langer Zeit die großen Schokoladenhersteller im sogenannten Harkin-Engel-Protokoll dazu verpflichtet, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis 2005 auszumerzen. Passiert war bis dahin kaum etwas. 

2016 startete dann der weltweit größte Verarbeiter von Kakao, Barry Callebaut, ein ehrgeiziges Nachhaltigkeitsprogramm mit dem Titel „Forever Chocolate“, um Kinderarbeit in der eigenen Lieferkette zu beenden. Das Schweizer Unternehmen ist als Marke kaum bekannt, aber rein rechnerisch stammt jedes vierte Gramm Schokolade, das weltweit verkauft wird, von ihm. Entsprechend hoch war die Aufmerksamkeit für das Programm. Und entsprechend laut war das Echo, als Barry Callebaut bekannt gab, das Ziel nicht erreichen zu können.

Kaum Überwachung

Für Hersteller liegt die erste Herausforderung darin, herauszufinden, welche ihrer Lieferanten in all den afrikanischen Dörfern Kinder beschäftigen. Dass die Zahl der entdeckten Fälle von Kinderarbeit 2021 und 2022 um 19 Prozent auf mehr als 25.000 stieg, dürfte damit zu tun haben, dass mehr kontrolliert wurde. Wer genauer hinschaut, sieht auch mehr. Nur ein Viertel der Drittlieferanten hat ein hinreichendes Überwachungssystem. Inzwischen kaufen einige Hersteller ihre Kakaobohnen direkt ein, unter anderem um eine bessere Kontrolle über die Arbeitsbedingungen zu haben. Das deutsche Familienunternehmen Ritter Sport hat sogar eigene Plantagen gegründet und kümmert sich dort um Umweltfreundlichkeit und die Familien.

Für Theyo ist im Winter Hauptsaison, es gibt auch mehrere Formate speziell zu Nikolaus am 6. Dezember. Morgens stecken die Eltern ihren Kindern die 66-Cent-Schokoweihnachtsmänner in den ­Stiefel und abends lernen sie beim Onlinefirmenevent, warum das keine gute Idee war. Kann nach hinten losgehen, würde so mancher Arbeitgeber da wohl denken. Firmenevents sind für gute Laune da. Bei Theyo sehen sie das anders. „Wir merken auch eine gewisse Dankbarkeit in den Workshops, die Perspektive eröffnet zu haben. Das gilt uns gegenüber, aber auch dem Arbeitgeber.“ Schokolade sei eben etwas Besonderes. Wie ein guter Wein, ein Genussprodukt.

Es braucht viele Ressourcen und soziales Engagement, wenn man die Riegel nachhaltig herstellen will – und am Ende bewusste Verbraucher. In den Workshops erklären die Theyo-Mitarbeiter alles rund um Liefer- und Wertschöpfungsketten. Sie fangen bei Basiswissen an, beispielsweise wo und wie Kakao angebaut wird, und hören bei komplexen Nachhaltigkeitsfragen auf, etwa wie viel Geld im Ursprungsland hängen bleibt.

Das Fachwissen hat sich Theyo intensiv erarbeitet. Am Ende stellten sie fest: So viele Exporteure von wirklich gutem Kakao gibt es gar nicht. Die Workshops sind auch deshalb so nützlich für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, weil es bei Schokolade „kein Siegel gibt, dass zu 100 Prozent garantiert, dass die Schokolade guten Gewissens gegessen werden kann“, wie Moritz kleine Bornhorst sagt. „Fast immer wird gefragt: Worauf kann ich achten?“
Kein Wunder, denn für Verbraucher ist es gerade bei Schokolade schwer, ethisch und ökologisch nachhaltige Produkte zu kaufen. Das Siegel der Rainforest Alliance berücksichtigt ethische Komponenten nicht hinreichend. Für das Label UTZ, häufig auf Discounter-Schokolade aufgedruckt, werden Nachhaltigkeitskriterien abgefragt, aber bei weitem nicht alle. Rewe zertifiziert sich mit dem hauseigenen Siegel Pro Planet selbst, hier gilt wie bei UTZ, besser als nichts. Das Bio-EU-Siegel gibt es auch für Schokolade, überprüft aber keine sozialen Standards wie Kinderarbeit, sondern den Einsatz von Pestiziden und andere Öko-Kriterien.

Empfehlenswerter ist das Siegel von Fairtrade. Auch das Handelshaus Gepa setzt bei seinem Siegel sehr strenge Maßstäbe an. Produkte, die es tragen, sind aber schwer zu finden – entweder direkt im Gepa-Onlineshop oder in Weltläden. Empfehlenswert ist aber die Schokolade, die das Pro-Planet-Siegel und das von Fairtrade hat.
Wer keine Schokolade mit Fairtrade-Siegel findet, kann sich mit „Naturland Fair“ behelfen. Im Bio- und Naturkosthandel finden Konsumenten auch Produkte mit dem „Hand-in-Hand-Emblem“ des Bio-Pioniers Rapunzel, das eine hohe Glaubwürdigkeit genießt, obwohl es vor allem die eigenen Produkte zertifiziert. Ritter Sport hilft bei seinem Programm „Cacaonica“ nicaraguanischen Bauern, durch eine Professionalisierung des Kakaoanbaus die Qualität zu optimieren und so gute Preise für ihren Kakao zu erzielen.

Es gibt also Wege, Schokolade mit gutem Gewissen zu konsumieren. Und wer die Kosten scheut: Wenn jede und jeder Deutsche statt der bisher zehn Kilogramm Schokolade nur noch fünf isst, die aber eben nicht von den Massenproduzenten, sondern kleinen Anbietern mit Öko- und Fair-Trade-Siegel, wäre viel gewonnen.

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