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Personal > Umfrage

So attraktiv sind Familienunternehmen als Arbeitgeber

Der Mittelstand braucht Fachkräfte, der Personalmangel ist die größte Herausforderung. Doch wie attraktiv sind Familienunternehmen als Arbeitgeber – gerade auch für junge Leute? Eine Umfrage ist dieser Frage auf den Grund gegangen – und hat ein großes Problem zutage gefördert.

Zwei Bäcker bei der Arbeit in der Bäckerei
Auch im Handwerk herrscht weiterhin Fachkräftemangel. Bildquelle: Shutterstock

Seit langem liefern sich Familienunternehmen und die Öffentlichen Hand ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wer unter den Deutschen der beliebteste Arbeitgeber ist. Anders als bei der letzten Befragung 2021 hat nun wieder der Mittelstand die Nase vorn: 30 Prozent möchten am liebsten bei den Betrieben arbeiten – im Vergleich dazu 28 Prozent für den Staat, die Länder oder Kommunen. Für Start-ups und Konzerne wollen 16 beziehungsweise 15 Prozent am liebsten tätig sein. Es gibt für Familienunternehmen allerdings einen Wehrmutstropfen: In der Gruppe der jungen Menschen in Ausbildung votieren allerdings 40 Prozent für die als flexibler und innovativer geltenden Startup-Unternehmen. 

Insgesamt mangelt es Familienunternehmen an Anerkennung, wenn es um internationale Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche Stärke, Innovationskraft und Krisenfestigkeit geht. Hier haben nach Ansicht der Befragten die Konzerne einen immensen Vorsprung. Dies sind zentrale Ergebnisse der Umfrage „Das Image deutscher Familienunternehmen 2023“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland unter 1055 Befragten. 

Bei der Habenseite konnten Familienunternehmen im Vergleich zur Umfrage von 2021 sogar noch aufholen: Bei 63 Prozent der Befragten punkten sie mit ihrer regionalen Verwurzelung (2021: 53 Prozent), bei 65 Prozent mit der Regionalität (2021: 54 Prozent) und 46 Prozent mit der Qualität von Produkten und Serviceleistungen (2021: 38 Prozent). Erhöht hat sich auch der Wert bei der Wertschätzung gegenüber Mitarbeitenden: von 42 auf 48 Prozent. Vor allem was die Wertschätzung betrifft, werden Familienunternehmen deutlich besser beurteilt als Konzerne (neun Prozent), aber auch Startups (13 Prozent), NGOs (sieben Prozent) und die Öffentliche Hand (sieben Prozent) schneiden hier nur mäßig ab.

Familienunternehmen genießen ein hohes Maß an Vertrauen, sowohl unter den Berufstätigen als auch bei jungen Menschen in Ausbildung: Für beide Gruppen gehört Vertrauen auch zu den wichtigsten Unternehmensaspekten. „Die große Herausforderung liegt jetzt darin, diesen Vorteil zu nutzen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen“, sagt Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland. „Es scheint fast paradox, dass Familienunternehmen einerseits so beliebt sind, andererseits aber bei wichtigen Aspekten nur mäßig bewertet werden, zum Beispiel wenn es um die Schaffung von Ausbildungsplätzen geht.“ So glauben nur 28 Prozent der Befragten, dass sie sich dabei besonders engagieren (Konzerne: 38 Prozent). Tatsächlich jedoch sind rund 70 Prozent der Auszubildenden in Deutschland bei Familienunternehmen und mittelständischen Gesellschaften tätig. 

Ein weiteres Paradoxon liegt in der Fremd- und Selbstwahrnehmung der Familienunternehmen: Während sie bei der Mehrheit der Befragten (54 Prozent) als vertrauenswürdig gelten (Konzerne: 10 Prozent, Öffentliche Hand: neun Prozent, Startup-Unternehmen: sechs Prozent) sehen Familienunternehmen selbst das zum Teil anders: Der PwC Global Family Business Survey 2023 zeigt, dass sie gerade bei der wichtigen Gruppe der Mitarbeitenden einen Vertrauensverlust befürchten.

Die Daten zeigen: Familienunternehmen haben viel Luft nach oben bei der externen Kommunikation. Auf Dauer konnte es nicht reichen, beliebt zu sein und Vertrauen zu genießen, sagt Rittmann: „Familienunternehmen müssen ihre vorhandenen, aber nicht immer erkennbaren, Stärken in den Bereichen Performance, Krisen-Resilienz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftskraft klarer kommunizieren.“ Die Hidden Champions würden sich noch immer zu bedeckt halten und riskieren dadurch, bei Kriterien, die für die Wahl des Arbeitgebers wichtig sind, schlecht abzuschneiden. Rittmanns These: „Hidden war gestern.“

Die Untersuchung zeigt klar, dass die Befragten die deutschen Familienunternehmen schwach einschätzen, wenn es um die wirtschaftliche Performance geht: Bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit liegen Konzerne mit 71 Prozent vorn (Familienunternehmen: fünf Prozent), ebenso bei der Marktmacht (73 versus sechs Prozent), bei der wirtschaftlichen Stärke (56 versuch zwölf Prozent) und bei der Krisenfestigkeit (35 versus zwölf Prozent). 

Dabei spricht die Faktenlage eine ganz andere Sprache als diese Wahrnehmung: Familienunternehmen in Deutschland machen mehr als die Hälfte (55 Prozent) des Gesamtumsatzes aller Unternehmen in Deutschland (Quelle: Stiftung Familienunternehmen). Und die 500 größten Familienunternehmen haben von 2011 bis 2020 mehr als 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze weltweit geschaffen – was einer Steigerung von gut 33 Prozent entspricht. Die 26 nicht-familiengeführten Dax-Unternehmen steigerten im selben Zeitraum ihre weltweite Beschäftigung dagegen nur um 14 Prozent. In Deutschland lagen diese Werte bei einem Plus von 25 Prozent (Familienunternehmen) und vier Prozent (Dax-26-Unternehmen).

Angesichts der vielfältigen Herausforderungen – akuter Fachkräftemangel, digitale Transformation und steigende Nachhaltigkeitsanforderungen von Politik und Gesellschaft – haben Familienunternehmen also dringenden Handlungsbedarf, um die Lücke zwischen Schein und Sein, zwischen Fakten und Fremdwahrnehmung zu schließen. Deshalb empfiehlt Uwe Rittmann: „Familienunternehmen müssen sich selbstbewusster präsentieren und klarstellen, dass sie im nationalen und internationalen Wettbewerb keinen Vergleich scheuen müssen. Nicht zuletzt wegen Ihrer Innovationsstärke und ihres unternehmerischen Instinkts.“ 
 

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