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Zukunftsmärkte > Dresden als neuer Standort für Chiphersteller

„Nicht ganz billig“ – Deutschland kauft sich die nächste Chipfabrik

Der Taiwanesische Chiphersteller TSMC hat sich für Dresden als Standort für seine nächste Fabrik entschieden. Dies ist eine gute Nachricht, die allerdings teuer erkauft wurde. Weltweit überbieten sich die Staaten im Wettlauf um die Gunst der Hersteller. Das hat Folgen.

Michael Kretschmer (CDU, l) Ministerpräsident von Sachsen, nimmt neben Dirk Hilbert (FDP), Oberbürgermeister von Dresden, an einer Pressekonferenz zum geplanten Bau eines Halbleiterwerks des taiwanischen Chipherstellers TSMC in Dresden teil. Bildnachweis: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Die offizielle Wirtschaftsnachricht des Tages ist eine gute und geht so: Der weltgrößte Chipkonzern TSMC aus Taiwan baut ein Werk in Dresden. Zehn Milliarden Euro sollen in die Fabrik fließen, die in Flughafennähe bei Dresden gebaut wird. Anfang 2028 kann voraussichtlich der Betrieb starten. Dann sollen etwa 2000 Menschen 40 000 Wafer pro Monat herstellen. 

Wafer sind Scheiben aus Silizium, die als Grundlage für Mikrochips dienen. In Dresden sollen vorwiegend solche entstehen, die in Autos eingebaut werden. Das ist nicht absolutes Hightech-Material, aber wird dringend gebraucht: Die deutsche Autoindustrie, die in den vergangenen Jahren immer wieder über Lieferprobleme wegen Chipmangel klagte, hat dann nämlich einen weiteren Lieferanten um die Ecke. „Eine robuste heimische Halbleiterproduktion ist von besonderer Bedeutung für unsere globale Wettbewerbsfähigkeit“, sagt der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Er, der gleich ein kleines Erklärvideo auf „X“ - also ehemals Twitter –  verbreitete, freut sich sichtlich über die Nachricht, die all die vielen, die derzeit über das Investitionsklima in Deutschland klagen, eines Besseren belehren soll.

Hinter der guten Nachricht verbergen sich allerdings mindestens drei Themen, die ahnen lassen, dass es noch kompliziert wird mit der neuen Chipfabrik.

1. Hersteller nutzen Subventionswettlauf gnadenlos aus

Um die Ansiedlung von Chipherstellern ist ein weltweiter Subventionswettlauf entstanden. Dabei sind Staaten offenbar erpressbar geworden. Erst Ende Juni hatte Intel bekanntgegeben, tatsächlich eine Fabrik in Magdeburg zu bauen und dafür rund 30 Milliarden zu investieren. Ein Drittel davon, nämlich knapp zehn Milliarden, kommen als Subvention von Bund und Land. Im Fall von TSCM beträgt der Anteil der Subvention an der Gesamtinvestition geschätzte fünf Milliarden Euro und damit sogar die Hälfte. Die gutverdienenden Chiphersteller profitieren von den großen Ambitionen der EU. Bis Ende des Jahrzehnts will die Brüsseler Kommission den Anteil Europas an der weltweiten Chipproduktion von derzeit unter zehn auf 20 Prozent mehr als verdoppeln. Dafür ermöglicht sie über den Chips Act Subventionen von 43 Milliarden Euro.

Alle Industrienationen fördern derzeit mit Milliardenbeträgen die Ansiedlung von Halbleiterwerken. Die Hersteller investieren laut Daten der Experten von Everstream Analytics vor allem in Nordamerika, wo rund fünfmal so viel in neue Chip-Kapazitäten gesteckt wird wie in Europa. In den ostasiatischen Chipnationen Japan, Südkorea und Taiwan fließt etwa viermal so viel Geld in moderne Fabriken. Die Subventionen, um die Firmen anzulocken, sind in Deutschland umstritten. Sinnvoller wäre es, den Standort etwa durch Steuersenkungen für Investoren attraktiv zu machen, sagte jüngst Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts. Und sein Kollege Reint Gropp, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), sagt sogar: „Wir schmeißen Geld zum Fenster raus.“

Was bei dem Subventionswettlauf unterm Strich herauskommt, zeigt auch eine Nachricht aus dem vergangenen Monat: Infineon, der größte deutsche Chiphersteller, kündigte an, ein neues, fünf Milliarden Euro teures Werk für Stromsparchips aus Siliziumkarbid in Malaysia zu errichten. Die Investitionssumme ist damit deutlich höher, als das, was TSMC hierzulande investiert: 3,5 Milliarden Euro kommen von dem Taiwanischen Konzern, fünf Milliarden vom Staat und jeweils 500 Millionen von Bosch, Infineon und dem niederländischen NAP-Konzern, die sich an dem Projekt beteiligen.

Der Bundesanteil des Geldes stammt zudem dem Vernehmen nach nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern aus einem „Sondervermögen“: Dabei soll es sich um den Klima- und Transformationsfonds handeln. Laut offizieller Darstellung des Finanzministeriums steht dieser Fonds für folgenden Zweck bereit: „Aus dem Klima- und Transformationsfonds finanzieren wir die Umstellung der Energieversorgung, die Dekarbonisierung unserer Industrie, aber auch die Sanierung von Gebäuden, den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und Fortschritte bei der Elektromobilität.“ Vom Bau einer Chipfabrik ist da nicht die Rede. Sondervermögen heißt außerdem: Die Ausgabe ist im Haushaltsplan unsichtbar. Der Fonds besorgt sich Geld am Kapitalmarkt, das er günstig erhält, weil allen Gläubigern klar ist, dass dahinter eben doch die Bundesrepublik Deutschland als Schuldner steht. „Nicht ganz billig“, nennt Habeck in seinem Erklärvideo zur TSMC-Ansiedlung seine Politik.
 

2. Ansiedlung verschärft Arbeitskräfte-Mangel im Mittelstand

Am Ende ist es das Arbeitsplatzargument und der Aufschwung, den eine ganze Region wie jetzt Dresden durch seine Ansiedlung erlebt, was dafürspricht, dass die Subvention gut ausgegebenes Geld ist. Doch das Arbeitsplatzargument zieht in einer Zeit nicht mehr, in der mehr Arbeitskräfte gesucht werden, als der Markt hergibt. Im Gegenteil: Jeder zusätzliche gutbezahlte Arbeitsplatz bei einem internationalen Konzern, macht es dem lokalen Mittelstand noch schwerer Fachkräfte zu finden. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer sprach bereits mit Blick auf die vorherige Intel-Ansiedlung von einem „staatlich subventionierte Fachkräfteentzug zu Lasten kleiner und mittlerer Betriebe“. „Gut ausgebildete Fachkräfte fehlen seit Jahren überall in der deutschen Wirtschaft.“ Die Sorgen des Klein- und Mittelstandes vor Ort, dass ein Großkonzern das bereits knapp vorhandene Potential an vorhandenen Fachkräften zu sich absaugen könnte, seien durchaus berechtigt.

3. Komplizierte Taiwan-Politik

An Taiwan und dem mit staatlicher Hilfe gegründeten Konzern TSMC führt derzeit bei der Chipproduktion kein Weg vorbei. Zwar ist Deutschland für die taiwanesische Wirtschaft der größte Handelspartner in Europa und umgekehrt sind rund 300 deutsche Unternehmen in dem asiatischen Land unterwegs, aber gleichzeitig sind die Beziehungen zu Taiwan eine Gratwanderung. Das liegt an Deutschlands wichtigsten asiatischen Handelspartner: China. China erkennt Taiwan nicht an und Deutschland behandelt Taiwan deswegen auch nicht wie ein eigenständiges Land. Offizielle diplomatische Beziehungen gibt es nicht, die Rede ist zwischen Berlin und Taipeh von einer „Wertegemeinschaft“. In den Wirtschaftsbeziehungen wirkte sich das beispielsweise so aus, dass Taiwan nicht selbst Impfstoffe des Herstellers Biontech einkaufte, sondern so ein Geschäft über TSMC abgewickelt werden musste. Was den Taiwan-Konflikt angeht, kann Peking der dortigen Chipindustrie schaden, in dem es beispielsweise Taiwans Handelswege durch das südchinesische Meer abschneidet. Taiwanesische Konzerne sind damit risikoreiche Partner.

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