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Einkauf, Marketing und Marken > Sparprogramm beim Autozulieferer

ZF drückt auf die Kostenbremse

Auf den Autozulieferer ZF in Friedrichshafen lastet ein gewaltiger Schuldenberg. Mit einem Sparprogramm und dem Verkauf von Tafelsilber soll der Konzern wieder mehr Wasser unter den Kiel bekommen.

Bildquelle: ZF

Der Fahrzeugzulieferer ZF Friedrichshafen am Bodensee will innerhalb der kommenden zwei Jahren rund sechs Milliarden Euro einsparen. Das bestätigte Vorstandschef Holger Klein im Gespräch mit dem Stuttgarter Wirtschaftspresseclub. „Unser Thema ist die Wettbewerbsfähigkeit“, so der Manager, der seit einem Jahr den zweitgrößten deutschen Zulieferer führt. Der Konzern befinde sich in „stürmischer See“ so Klein, der mit einem schrumpfenden Absatzmarkt in der Autoindustrie rechnet. Der Kostendruck steigt dadurch stark.“

Sparen will ZF über alle Bereiche hinweg im Materialeinkauf und durch Optimierung der Produktion, in den Zentralbereichen sowie bei Forschung und Entwicklung. Zudem stehen die geplanten Investitionen auf dem Prüfstand. Klein will den Konzern innerhalb von zwei Jahren auf eine deutlich stabilere Basis stellen. 

Die Flaute am Markt und der dadurch gestiegene Kostendruck erwischt den Konzern vom Bodensee in einer ohnehin angespannten Situation. ZF hat mit der Übernahme der Konzerne TRW und Wabco zwei Wettbewerber übernommen, die den Wechsel hin zur Elektromobilität ermöglichen sollen. Allein die Übernahme von Wabco hat 6,2 Milliarden Euro gekostet. „Damit sind wir jetzt der größte Zulieferer für Nutzfahrzeuge“, betont Klein die Bedeutung des Zukaufs.

Diese Transformation hat ZF allerdings einen Schuldenberg von derzeit 10,5 Milliarden Euro eingebracht. Jedes Jahr drückt den Konzern somit eine Zinslast von einer halben Milliarde Euro. Die geht zu Lasten der Rendite, die operativ (Ebit) für 2023 bei fünf Prozent lag. Der Umsatz soll das eigene Ziel von 46 Milliarden Euro erreicht haben. Das wäre ein Plus von neun Prozent. Genaue Zahlen veröffentlicht der Konzern im März. 

Neue Technologien

Außerhalb der Verbrennertechnik sei das Unternehmen inzwischen auch sehr gut aufgestellt, versichert Klein. So habe ZF eine Software-Architektur und Rechnern entwickelt, über die sich zentral eine Vielzahl von Komponenten im Fahrzeug steuern lassen. Auf dieser Basis lassen sich App von anderen Unternehmen gut integrieren. Dass würde die Komplexe Technik im Fahrzeug deutlich vereinfachen. Heute werkeln mehr als hundert Steuergeräte im Auto, die oft nur schwer miteinander koordinierbar sind. Das Geschäft mit diesen „High Performance Computern“ soll in der zweiten Jahreshälfte anlaufen und dann millionenfach verkauft werden. 

Zudem hat ZF einen E-Motor entwickelt, der ganz ohne seltene Erden auskommt. Das ist ein wichtiger Punkt, denn die Branche fürchtet eine zu starke Abhängigkeit von China, wo diese Grundstoffe überwiegend abgebaut werden. Das Interesse sei sehr groß – doch konkrete Abnehmer kann Klein noch nicht nennen. Insgesamt sei ZF derzeit dabei Hightech zu Industrialisieren. Insgesamt will der Konzern in den kommenden drei Jahren 18 Milliarden in neue Technologien und Anlagen investieren. 

Plug-in wieder auf dem Vormarsch

Wie viele Unternehmen der Branche steckt auch ZF im Dilemma, dass einerseits die Technik rund um den Verbrennungsmotor auslaufen soll. Allerdings denken die Verbraucher nicht daran, doch gleichzeitig die Verbraucher keine E-Mobile kaufen wollen. Das gilt für Personenwagen wie Nutzfahrzeuge gleichermaßen.

Man werde bis 2026 darüber reden müssen, ob ein Ende des Verbrenners in Europa 2035 wirklich kommen könne, deutete Klein eine Debatte an, die in der Autoindustrie immer deutlicher geführt wird. In den wesentlichen Absatzmärkten China, Nordamerika und Europa erlebe der Plug-in Hybrid – also Fahrzeuge mit Verbrenner und E-Motor eine Renaissance und verzeichne deutlich steigende Absatzzahlen. In China hätten 90 Prozent der Neuzulassungen einen Plug-in.

„Wir haben mehr Ideen als Geld“ hebt Klein die Innovationskraft seines Unternehmens hervor und erklärt damit gleichzeitig, warum man am Bodensee zum Priorisieren gezwungen ist. So will ZF die Sparte mit autonomen Fahrzeugen abstoßen. Zudem plant Klein, die erfolgreich laufende Sparte der „Passiven Sicherheit“ bis zum Herbst an einen Investor abzugeben oder an die Börse zu bringen. „Wir beobachten derzeit den Markt in dieser Hinsicht genau.“ Man wolle einen guten Preis erzielen und gehe daher ohne Zeitdruck an den Verkauf, gibt sich Klein betont gelassen. ZF will mit dem Verkauf des Tafelsilbers die Schuldenlast abbauen sich mehr Luft verschaffen für mögliche Akquisitionen verschaffen. 

Deutlicher Personalabbau

Schon länger wird bei ZF über einen deutlichen Personalabbau in den deutschen Werken von rund 12.000 Stellen bis 2030 diskutiert. Die meisten Beschäftigten würden durch Fluktuation und altersbedingst ausscheiden. Die Pläne hatten in der Belegschaft massive Proteste ausgelöst. ZF beschäftigt in Deutschland 54.000 Mitarbeiter und weltweit 165.000. Der Abbau stehe langfristig im Zusammenhang mit dem Technologiewechsel. Für den Antriebstrang in der Elektromobilität würden beispielsweise nur noch die Hälfte der Beschäftigten gebraucht. Auch andere Zulieferer wie Bosch und Continental haben in den vergangenen den Abbau von Stellen in Deutschland angekündigt. 

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