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Recht und Steuern > Update Hinweisgeberschutzgesetz

Meldestelle für Whistleblower – das müssen Unternehmen dazu wissen

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist am 2. Juli 2023 in Kraft getreten. Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten müssen ab sofort eine Meldestelle für Hinweisgeber zu Rechtsverstößen vorhalten.

Dr. Jochen Bernhard
Dr. Jochen Bernhard ist Partner der Kanzlei Menold Bezler in Stuttgart. Bild: Kanzlei Menold Bezler

Seit dem 2. Juli 2023 verpflichtet das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) alle Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten, eine Meldestelle einzurichten. Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten haben noch Zeit bis zum 17. Dezember 2023. Was es zur Meldestelle zu wissen gilt, schildert Jochen Bernhard, Partner der Kanzlei Menold Bezler.
 
Herr Bernhard, wie muss eine interne Meldestelle aussehen?
 
Das Gesetz macht Unternehmen keine genauen Vorgaben, wie eine interne Meldestelle auszusehen hat. In der Regel wird sie im Bereich HR, Compliance oder bei der Rechtsabteilung angesiedelt werden. Wichtig ist, dass die damit betrauten Mitarbeiter die nötige Fachkunde besitzen, um etwaige Hinweise zu Rechtsverstößen annehmen und auch tatsächlich bearbeiten zu können.
 
Für wen muss die interne Meldestelle erreichbar sein?
 
Die interne Meldestelle muss zunächst einmal allen Beschäftigten des Unternehmens zur Verfügung stehen. Sie kann optional auch Personen außerhalb des Unternehmens, also beispielsweise Kunden oder Lieferanten bzw. deren Mitarbeitern, offenstehen.
 
Gleichzeitig gilt: Sollte einem intern gemeldeten Verstoß nicht abgeholfen worden sein, können sich sowohl Mitarbeiter als auch Außenstehende an eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz (oder zu Spezialmaterien an das Bundeskartellamt oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) wenden.

Reicht es, wenn ich als Unternehmen eine E-Mail-Adresse als „Meldekanal“ angebe?
 
Grundsätzlich ja. Meldungen müssen in mündlicher Form, also beispielsweise per Telefon, oder in Textform – zum Beispiel per E-Mail – möglich sein. Beides muss nicht sein; die Einrichtung einer Form der Meldemöglichkeit reicht aus. Wenn die hinweisgebende Person dies verlangt, muss sie allerdings auch an einen persönlichen Ansprechpartner melden können.
 
Wie sieht es mit anonymen Hinweisen aus?
 
Anonyme Meldungen sind nach dem Gesetz nicht vorgesehen, das heißt, die Meldekanäle müssen nicht so ausgestaltet sein, dass anonyme Meldungen abgegeben und bearbeitet werden können. Es gibt allerdings für bestimmte Bereiche Ausnahmen, die in Spezialgesetzen geregelt sind, etwa im Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Freiwillig können Unternehmen anonyme Meldungen immer annehmen.
 
Können Unternehmen die Meldestelle auslagern?
 
Unternehmen können die Aufgaben der internen Meldestelle einem fachkundigen Dritten übertragen, zum Beispiel einem Rechtsanwalt. Ein externer Vertrauensanwalt oder eine externe Ombudsperson gilt dann ebenfalls als interne Meldestelle. Es geht damit auch die Haftung auf den Dritten über, sprich, dieser steht dafür ein, dass alle Rechte und Pflichten der internen Meldestelle aus dem Hinweisgeberschutzgesetz erfüllt werden. Die Pflicht, selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen etwaigen Verstoß abzustellen, können Unternehmen hingegen nicht auf Dritte verlagern.

Dürfen sich Hinweisgeber auch gleich an die Öffentlichkeit wenden?
 
Hinweisgebende Personen haben zwar ein grundsätzlich ein Wahlrecht, ob sie sich an eine interne oder an eine externe Meldestelle wenden. Die Offenlegung von Verstößen gegenüber der Öffentlichkeit ist aber nur unter engen Voraussetzungen zulässig, nämlich dann, wenn unumkehrbare Schäden drohen oder wenn klar ist, dass die Meldestelle nicht funktioniert oder nachweislich nicht aktiv wird.
 
Wer darf sehen, was bei der Meldestelle eingeht?
 
Für die Meldestellen gilt ein gesetzliches Vertraulichkeitsgebot. Das bedeutet, dass die Identität der hinweisgebenden Person ebenso wie die der in der Meldung genannten Personen grundsätzlich nur derjenigen Stelle, die die Meldung entgegennimmt, sowie deren Unterstützungspersonen (vor allem der IT) bekannt werden darf. Wird die interne Meldestelle an einen qualifizierten Dritten auslagert, muss dieser die Wahrung der Vertraulichkeit sicherstellen; Unternehmen können so ihre Haftung mit Blick auf die Vertraulichkeit ebenso wie die Reaktionspflichten verringern.

Was passiert, wenn ein Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern bis heute noch keine Meldestelle eingerichtet hat?
 
Zunächst einmal noch nichts. Bußgelder gegenüber Unternehmen, die keine Meldestelle haben, sieht das Gesetz erst ab dem 1. Dezember 2023 vor. Dann aber kann es teuer werden: Bis zu 20.000 Euro kann die Geldbuße dann betragen.
 
Zu bedenken ist: Beschäftigte können sich jederzeit alternativ an eine externe Meldestelle wenden. Dann geht diese den Vorwürfen nach. Damit gibt das Unternehmen einerseits die Aufklärung innerhalb des Betriebes aus der Hand. Andererseits setzt es sich dem Verdacht aus, die Regeln des Hinweisgeberschutzes gegebenenfalls nicht so ernst zu nehmen. Ein gutes Signal in Richtung Belegschaft ist das nicht.
 
Was droht, wenn Unternehmen gegen ihre Pflichten rund um die Meldestelle verstoßen?
 
Wer die Vertraulichkeit nicht wahrt oder versucht, eine Whistleblower-Meldung oder die darauffolgende Kommunikation zu behindern, dem droht eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro. Für die haftenden Unternehmen kann sich dieser Betrag durch den Verweis ins Ordnungswidrigkeitenrecht sogar verzehnfachen. Gleiches gilt bei Repressalien gegen einen Hinweisgeber, beispielsweise eine Versetzung oder das Übergehen bei einer anstehenden Beförderung. Wichtig ist hier zu bedenken: Nach dem Gesetz wird vermutet, dass die beruflichen Nachteile, die eine hinweisgebende Person erleidet, eine Repressalie als Reaktion auf eine erfolgte Meldung darstellen, sofern sich die Person auf diesen Zusammenhang beruft. Dann muss der Arbeitgeber beispielsweise in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren das Gegenteil beweisen.

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