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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Arbeitgeber muss Headhunterprovision alleine zahlen

Bei der Suche nach qualifiziertem Personal setzen Betriebe oft auf Personalvermittler. Wenn aber der Mitarbeiter in der Probezeit schon wieder kündigt, darf er dann an den Kosten beteiligt werden? Darüber entschied jetzt das BAG.

Vorstellungsgespräch
Arbeitnehmer sollen frei darüber entscheiden können, ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen. Bild: Shutterstock

Um in Zeiten des Fachkräftemangels freie Stellen überhaupt besetzen zu können, schalten Betriebe nicht selten Personalvermittlungsagenturen ein. Die bei erfolgreicher Vermittlung fällige Provision kann sich schnell auf einige tausend Euro summieren. Stellt sich dann heraus, dass der Kandidat oder die Kandidatin doch nicht der bzw. die richtige für den Job ist oder kündigt er von sich aus wieder, ist es aus Sicht des Arbeitgebers eine verlorene Investition. Lässt sich also das Risiko für den Arbeitgeber minimieren, indem der neu eingestellte Mitarbeiter verpflichtet wird, einen Teil der Provisionskosten zu übernehmen, wenn er frühzeitig wieder geht? Über diese Frage hatte kürzlich das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.

Der Fall

Arbeitgeber und Arbeitnehmer schlossen im März 2021 einen Arbeitsvertrag, nach dem der Arbeitnehmer am 1. Mai 2021 die Arbeit aufnehmen sollte. Der Vertrag kam durch die Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande, die den Arbeitgeber eine Vermittlungsprovision von gut 4.400 Euro kostete plus weitere 2.200 Euro, die nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit fällig werden sollten. Im Arbeitsvertrag war dazu vorgesehen, dass der Arbeitnehmer die Vermittlungsprovision erstatten sollte, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. Juni 2022 hinaus fortbestehen und vom Mitarbeiter selbst beendet werden würde.

Tatsächlich kündigte der Arbeitnehmer fristgerecht schon zum 30. Juni 2021 wieder. Der Arbeitgeber behielt – mit Hinweis auf die Regelung im Arbeitsvertrag – vom Juni-Gehalt einen Teilbetrag von rund 800 Euro netto ein. Der Arbeitnehmer klagte auf Auszahlung des einbehaltenen Gehalts mit der Begründung, dass ihn die Regelung im Arbeitsvertrag unangemessen benachteilige. Der Arbeitgeber verlangte daraufhin im Wege der Widerklage auch die restliche Vermittlungsprovision in Höhe von rund 3.600 Euro von dem Arbeitnehmer. Die vertragliche Regelung war nach seiner Ansicht wirksam, da er ein berechtigtes Interesse daran habe, die ihm entstandene Vermittlungsprovision nur dann endgültig zu tragen, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der vereinbarten Frist für das Unternehmen arbeite.

 

Das Urteil

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der Klage des Arbeitnehmers statt und wiesen die Widerklage des Arbeitgebers ab. Dessen Revision vor dem Bundesarbeitsgericht blieb ohne Erfolg: Die beanstandete Klausel im Arbeitsvertrag benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen und sei somit unwirksam, entschied das BAG.

Der Beschäftigte werde in seinem durch das Grundgesetz garantieren Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt wäre. Das Risiko dafür, dass sich finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer wieder kündigt, hat nach Ansicht des BAG allein der Arbeitgeber zu tragen. Schließlich erhalte auch der Arbeitnehmer keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.

Praxishinweis

„Rückzahlungsklauseln werden von der Rechtsprechung von jeher kritisch gesehen und nur in engen Grenzen für zulässig erachtet“, sagt Peter Hützen, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei michels.pmks Rechtsanwälte. Dabei bilde das auch jetzt wieder vom BAG mit Hinweis auf die freie Arbeitsplatzwahl herangezogene Verbot der unzulässigen Kündigungserschwerung die Grenze der Zulässigkeit. „Arbeitnehmer sollen grundsätzlich frei darüber entscheiden können, ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen. Personalbeschaffungskosten im Arbeitsvertrag auf den Arbeitnehmer abzuwälzen, ist nach der aktuellen Entscheidung des BAG jedenfalls nicht möglich“, so Hützen.

Der Rechtsanwalt weist zudem darauf hin, dass auch andere üblicherweise in Arbeitsverträgen zu findende Klauseln zur Rückzahlung von Gratifikationen oder Umzugskosten einer engmaschigen gerichtlichen Kontrolle unterliegen, vor allem mit Blick auf ihre Transparenz und Angemessenheit. „Arbeitgeber sollten deshalb darauf achten, Rückzahlungsklauseln rechtssicher zu gestalten“, rät Peter Hützen, „andernfalls behält der Arbeitnehmer das Geld.“

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2023 - 1 AZR 265/22
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. Mai 2022 - 4 Sa 3/22

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