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Finanzierung > Klima- und Transformationsfond

Ungeahnte Nebenwirkungen? Von diesem Zaubertrank nippt die Bundesregierung

Ob Subventionen für Chipfabriken, Milliarden für die marode Bahn oder Förderung für eine neue Heizung: Das Geld soll stets aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ kommen. Er scheint der Bundesregierung wie ein Zaubertrank ungeahnte Kräfte zu verleihen. Doch das ist ein Märchen. Tatsächlich enthält der Fonds Hoffnungswerte und ist ein Risiko für den Steuerzahler.

Finanzminister Christian Lindner scheint einen unerschöpflichen Zaubertrank mit Geld zum verteilen zu haben. Dieser hat sogar einen Namen: "Klima- und Transformationsfond" Bildnachweis: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Sachelle Babbar

Wer einst seinen „Asterix“ gelesen hat, weiß, dass Kumpel Obelix in jungen Jahren in einen Zaubertrank gefallen war und seither über außerordentliche Kräfte verfügt. Unweigerlich drängt sich der Vergleich mit jenen Politikern von Kanzler Olaf Scholz (SPD) über seinen Vize Robert Habeck (Grüne) bis zu Finanzministers Christian Lindner auf, die derzeit außerordentliche Kräfte aufwenden, um außerordentlich viel Geld zu verteilen. Verfügen auch sie über eine Art Zaubertrank?

Die Antwort lautet: ja. Der Trank hat sogar einen Namen. Er heißt „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) und ist scheinbar unerschöpflich. Erst diese Woche wieder verkündete Habeck eine Subvention von geschätzten fünf Milliarden Euro, die aus dem Fonds an den taiwanesischen Chiphersteller TSMC fließen soll, damit er bei Dresden ein Werk baut. Rund zehn Milliarden aus dem gleichen Topf sollen an Intel fließen, damit die Amerikaner ein Chipwerk in Magdeburg hochziehen. 12,5 Milliarden sind es, die die Deutsche Bahn aus dem Topf erhält, um ihre Schienen zu flicken. Habecks Heizungsgesetz, das ohne Förderung nicht auskommt, und die Wasserstoffinitiative, die FDP-Verkehrsminister Matthias Wissmann steuert – all das wird mit Milliardensummen aus dem KTF-Topf gesteuert. Ein Zaubertrank also?

Schön wär´s. Tatsächlich speist sich der Fonds aus Schulden in Form von Kreditermächtigungen, erwarteten Einkünften und Hoffnungswerten, die sich „globale Mehreinnahmen“ nennen. 212 Milliarden Euro kommen auf diese Weise bis zum Jahr 2027 zusammen. Zum Vergleich: Der eigentliche Etat des Finanzministers fürs nächste Jahr beträgt 445,7 Milliarden Euro. Und die Bundeswehr soll ein „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro erhalten. Der Zaubertrank hat also, wenn auch kein unendliches, so doch ein erhebliches Volumen.

Das Rezept, woraus er sich speist, ist kein Geheimnis, sondern der Finanzminister redet einigermaßen offen darüber. So beschloss die damals blutjunge Ampelregierung im Dezember 2021 einen Nachtragshaushalt. Hauptpunkt: Das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds" musste geschaffen und ausgepolstert werden. Da traf es sich, dass 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen, die zur Bewältigung der Pandemie genehmigt waren, noch nicht genutzt waren. Kreditermächtigung heißt, dass der Bund sich das Geld leiht. Die Ampel-Regierung beschloss, das Geld, das es in Wirklichkeit noch gar nicht gab, in den damaligen Energie- und Klimafonds zu schütten.

Aus ihm wurde später der Klima- und Transformationsfonds, die Namensumbenennung und damit die neue Zweckverwendung war nötig geworden, um auch Subventionen für die Industrie – wie jetzt in die Chipbranche – daraus bezahlen zu können. Die Unionsparteien klagten dagegen, dass ungenutztes Coronakredite plötzlich für etwas anderes gebraucht werden könnten und auch der Bundesrechnungshof runzelte mit der Stirn, aber die Ampelregierung schuf Fakten, während eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Umwidmung bis heute aussteht. Die Grundausstattung des KTF war damit gesichert.

Die nächste Quelle für den Zaubertrank sind die Einnahmen, die Deutschland aus der europäischen Auktion von Emissionsrechten erzielt, dem sogenannten ETS-Handel. Hier kamen vergangenes Jahr 6,8 Milliarden zusammen. Lindner rechnet für 2024 mit 8,2 Milliarden. Das ist immerhin optimistisch. Dazu kommen 11 Milliarden Euro aus einem steigenden Preis aus der CO2-Abgabe. Die Zwangsabgabe soll zum Jahreswechsel von 30 auf 35 Euro pro Tonne steigen und Geld in die Kasse spülen. Der nächste große Batzen für die Finanzierung des KTF ist nebulös: Gut 9 Milliarden Euro sollen aus eine „globalen Mehreinnahme“ stammen, wobei das eine Bezeichnung ist, die alle Fragen offenlässt. Haushaltspolitiker verstehen darunter zusätzliche Einnahmen, die für den Gesamthaushalt erwartet werden und keinem konkreten Einnahmetitel zugeordnet werden können. Laien liegen nicht falsch, wenn sie von „Hoffnungswerten“ oder „Luftbuchungen“ reden.

Das ganze Konstrukt wird von der Regierung als Investition verstanden. Das heißt, es werden dadurch Vermögen geschaffen, die auf Dauer wertvoller sind, als die Ausgaben, die dazu fällig waren. Ein neues Chipwerk etwa bedeutet Gewerbesteuereinnahmen, Arbeitsplätze und Knowhow-Gewinn, unterm Strich könnte sich das rechnen. Klar ist aber auch, dass das ganz Konstrukt ein gigantischer Schattenhaushalt ist, der im eigentlichen Haushaltsplan niemals seinen Platz gefunden hätte.

Aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ kann sich die Bundesregierung bedienen, ohne dass sie das Parlament fragen muss. Das meiste Geld daraus, fließt in Projekte, die das Klima- und Wirtschaftsministerium von Habeck vorantreibt. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler Reiner Holznagel hat sich das Instrument des Sondervermögens bereits im vergangenen Jahr kritisch angeschaut. Seine Einschätzung: Der Begriff sei schon irreführend, denn die Gelder, die dafür gebunden werden, sind zunächst einmal Schulden, die abseits des eigentlichen Kernhaushalts verbucht sind. „Sondervermögen sind nur dann sinnvoll, wenn sie die Gelder effizienter verwalten können, als es über den Kernhaushalt möglich wäre. Die entsprechende Einschätzung dazu ist politisch. Aber neben der Haushaltsklarheit werden noch weitere Haushaltsgrundsätze, wie die Haushaltswahrheit und Periodizität verletzt.“ Die Politik sollte sich gerade im Umgang mit dem Geld der Steuerzahler ehrlich machen und höchste Transparenz hinsichtlich ihrer Schulden pflegen. „Sondervermögen verschleiern oft genug die wahren Verhältnisse.“ Der Zaubertrank jedenfalls hat dann ungeahnte Nebenwirkungen.

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