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Personal > Vaterschaftsurlaub

FDP blockiert Familienstartzeit

Eigentlich sollte die für Anfang 2024 geplante „Familienstartzeit” für mehr Gleichberechtigung in den ersten Wochen nach der Geburt sorgen und Mütter entlasten. Doch die FDP ist der Meinung, es werde schon genug für Eltern getan.

Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Vaterschafturlaub macht einen Rückzieher. Bild: ©Shutterstock

Im Koalitionsvertrag zwischen der SPD, den Grünen und der FDP war er vereinbart worden, der sogenannte Vaterschaftsurlaub. Er sollte dazu dienen, dass Väter nach der Geburt eines Kindes Anspruch auf zehn Arbeitstage bezahlten Sonderurlaub haben. Das sollte nicht nur den Partnern die Möglichkeit geben, die Zeit nach der Geburt mit der Familie zu verbringen, sondern insbesondere die Mütter entlasten und die Care-Arbeit von Beginn an fair aufteilen. In Finnland bekommen frisch gebackene Väter neun Wochen bezahlten Sonderurlaub, in Spanien vier, in Portugal drei und in Deutschland sollen es zumindest zwei Wochen werden.

Ein entsprechender Referentenentwurf aus dem Haus von Bundesfamilienministerien Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) befindet sich jedoch seit Monaten in der Ressortabstimmung, ohne dass es vorangeht. Ursprünglich sollte das Vorhaben Anfang 2024 in Kraft treten. Letzter Stand ist noch immer der seit März 2023 unveränderte Entwurf für das Gesetz. Der Grund: Die FDP, insbesondere das von Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium, blockiert den Prozess innerhalb der Bundesregierung. Die Liberalen und mit ihnen die Arbeitgeberseite argumentieren, dass die aktuellen Regelungen, einschließlich Elternzeit und Elterngeld, bereits ausreichende Möglichkeiten für eine flexible Aufteilung familiärer Aufgaben bieten. Sie betonen, dass zusätzliche Belastungen für Arbeitgeber vermieden werden sollten, insbesondere in wirtschaftlich unsicheren Zeiten.
 

Paus Gesetz sieht vor, dass die Familienstartzeit so bezahlt wird wie der gesetzliche Mutterschutz, also per Umlageverfahren: Arbeitgeber zahlen das Gehalt weiter, bekommen aber einen vollen Erstattungsanspruch aus dem arbeitgebersolidarisch finanzierten „U2-Umlageverfahren" nach dem Aufwendungsausgleichgesetz. An diesem nehmen grundsätzlich Arbeitgeber teil, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis anstellen. Um die vom Paus-Ministerium geschätzten rund 470.000 Anträge pro Jahr auf Familienstartzeit per finanzieren zu können, geht es von jährlichen Umlagekosten für die Arbeitgeber in Höhe von rund 556 Millionen Euro aus - ein Mehraufwand, den der Arbeitgeberverband BDA bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne im April 2023 heftig kritisierte. Standpunkt der Arbeitgeber: Die aktuelle Rechtslage reiche aus. „Unsere sehr weitreichenden Regelungen zu Elternzeit und Elterngeld geben beiden Elternteilen bereits umfangreiche Möglichkeiten, sich die familiären Aufgaben nach eigenen Vorstellungen aufzuteilen, auch dafür, ab der Geburt im Job eine Pause einzulegen", so die BDA. „Es gibt Gegenwind derer, die wohl eher die Arbeitgeberinteressen im Fokus haben. Da zum Regieren innerhalb einer Koalition aber auch immer die Suche nach Kompromissen gehört, mahlen die Mühlen bei dem Thema Freistellung von Vätern beziehungsweise auch Partnerinnen leider nicht ganz so schnell, wie wir uns das wünschen würden", sagt die SPD-Abgeordnete Sarah Lahrkamp. 

SAP zieht revolutionäre Vaterschaftsregelung zurück

Die Verzögerung des Gesetzes hat bereits jetzt konkrete Auswirkungen, wie im Fall des Softwarekonzerns SAP. Das Unternehmen hatte geplant, ab Anfang 2024 sechs Wochen bezahlte Freistellung für Väter einzuführen – ein bedeutender Schritt für Eltern. Doch aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage wurden diese Pläne vorerst auf Eis gelegt.

Trotz des Widerstands der FDP haben SPD und Grüne die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Familienstartzeit umgesetzt wird. Sie betonen die Wichtigkeit einer schnellen Einführung, da Familien bereits sehnsüchtig auf das Gesetz warten. Solange aus dem Vorhaben noch kein Gesetz gemacht wurde, könnten sich Väter in Deutschland den Sonderurlaub auch nicht einklagen, erklärt die Hamburger Arbeitsrechtlerin Julia Pacha im MDR: „Da muss man unterscheiden auf welcher rechtlichen Basis das passiert. Es gibt direkt verbindliche, da könnte man es auch einklagen. Aber hier ist erst ein Umsetzungsakt notwendig." 

Bis dahin gehen die Väter also leer aus, müssen weiter ihren Jahresurlaub oder Elternzeit nehmen, um nach der Geburt zuhause bleiben zu dürfen. Tatsächlich greifen viele Väter in den ersten Wochen nach der Geburt auf ihren Erholungsurlaub zurück, bevor sie später – und dann auch nur meist die üblichen zwei Monate – in Elternzeit gehen. Das Haus von Familienministerin Lisa Paus hält dies für verfehlt: „Die Nutzung des Erholungsurlaubs nach der Geburt erscheint nicht sachgerecht, da die Übernahme der Fürsorgeverantwortung nicht der Erholung des Partners oder der Partnerin dient, sondern der Unterstützung der Frau in der Zeit des Wochenbettes."  

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