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Personal > Serie Bürokratie

Gelesen, gelacht, gelocht: Hürden für ausländische Fachkräfte bleiben

Mit neuen Regelungen sollte Deutschland endlich attraktiver für ausländische Fachkräfte werden. Doch in der Realität scheitern die guten Vorsätze schon bei der Visavergabe in der Botschaft.

Warteschlange in der Pass- und Visastelle im Konsulat der Deutschen Botschaft in Kiew , Ukraine. Bildnachweis: picture alliance / photothek | Thomas Koehler

Selbst denen, die junge Leute magnetisch anziehen, gehen die Mitarbeiter aus: Die Gaming-Branche beklagt sich über einen enormen Fachkräftemangel und bürokratische Hürden bei der Anstellung von Experten aus Drittstaaten. Dadurch gerate die gesamte deutsche Games-Industrie ins Stocken. Dabei ist es nicht so, dass sie für Nicht EU-Ausländer nicht innovativ genug oder Deutschland als neue Heimat zu unattraktiv wäre. Erst recht nicht für digitale Nomaden, die ausdrücklich heute hier und morgen dort arbeiten wollen. Die ganze Welt buhlt um sie.

Felix Falk, Chef des hiesigen Branchenverbands, warnt deshalb: Egal, ob im Bereich Programmierung, Technical Art, Design oder Producing - überall suchen die deutschen Gamer händeringend kreative Köpfe aus dem Ausland. Er fordert: „Der Fachkräftezuzug aus Drittstaaten muss vereinfacht werden.“ Die Branche könne nicht um weltweit begehrte Fachkräfte konkurrieren, „solange die Regelungen für Deutschland zu kompliziert, zeitaufwendig und teuer sind“. 

Eigentlich sollte Falk nun hörbar aufatmen können. Am 29. März 2023 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen. Als Fachkräfte gelten dabei Hochschulabsolventen sowie Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung.
 

Geplant ist ein dreiteiliges Model. 

Die Fachkräftesäule: Damit setzt Deutschland die reformierte „Blue Card“ -EU-Richtlinie für hoch qualifizierte Einwanderer um. Menschen aus Drittstaaten mit einem deutschen oder einem in Deutschland anerkannten Abschluss können damit legal und unbefristet allen qualifizierten Beschäftigungen nachgehen. Zugleich soll der Familiennachzug für die Inhaber der Blue Card vereinfacht werden. Die Mindestverdienstgrenze für akademische Fachkräfte soll gesenkt werden. 
Begehrte Fachkräfte, die nicht über ein Studium, sondern über eine dreijährige Berufsausbildung verfügen, sollen die Blue Card bekommen, sobald ihnen ein deutscher Arbeitgeber ein konkretes Angebot macht. Für einige Berufsgruppen, etwa IT-Spezialisten, soll es Ausnahmen geben. Sie dürfen auch ohne einen formalen Abschluss nachweisen zu können, ein Jobangebot annehmen.

Die Erfahrungssäule:

Dieser Gedanke liegt auch hier zugrunde - aber nur für sogenannte nicht reglementierte Bereiche. Voraussetzung sind mindestens zwei Jahre Berufserfahrung sowie ein im Herkunftsland staatlich anerkannter Berufsabschluss mit mindestens zweijähriger Ausbildungsdauer. Das deutsche Unternehmen muss tarifgebunden sein oder die Gehaltsschwelle von sich aus einhalten. Auch hier soll es eine Ausnahme geben, eine sogenannte Anerkennungspartnerschaft. Das bedeutet, die begehrte Fachkraft darf auch ohne Berufsabschluss arbeiten. Im Gegenzug verpflichten sich der Beschäftigte und sein Arbeitgeber, den Abschluss zügig nachzuholen. 
 

Die Potenzialsäule:

Dabei geht es um die Arbeitssuche für Menschen mit einem mindestens zweijährigen Berufsabschluss vor Ort in Deutschland. Über eine „Chancenkarte“ haben sie ein Jahr Zeit für eine Jobsuche. In dieser Zeit können sie schon bis zu zwanzig Wochenstunden arbeiten. Wer die Chancenkarte bekommt, entscheidet wie in vielen anderen Ländern dann auch in Deutschland ein Punktesystem. Gewertet werden Alter, Qualifikation, Deutsch- und Englischkenntnisse, Berufserfahrung und ein möglicher Deutschlandbezug. Ein weiterer Vorteil kann ein kluger Ehe- oder Lebenspartner sein: Auch dessen berufliches Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt verschafft Zusatzpunkte. Tarifgebundene Arbeitgeber, die unter dem Fachkräftemangel besonders leiden, sollen künftig kontingentiert und auf acht Monate zeitlich befristet ausländische Mitarbeiter unabhängig von ihrer Qualifikation sozialversichert einstellen dürfen. 

Nicht alle Arbeitgeber betrachten diese Pläne als Lösung ihres Fachkräfteproblems oder als signifikanten Abbau bürokratischer Hürden. Sie kritisieren unter anderem, dass die Regelungen nur umsetzbar sind, wenn die Job-Interessenten zugleich schneller Termine in den deutschen Botschaften im Ausland bekommen und das Visaverfahren beschleunigt wird. Auch Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), ist unzufrieden: „Die konkrete Ausgestaltung der Regelungen vergrößert an etlichen Stellen die ohnehin schon hohe Komplexität des Aufenthaltsrechts. Es droht an manchen Stellen neue Bürokratie und bei einem Teil der Neuregelungen werden insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen benachteiligt.“ Er fordert für Betriebe, Fachkräfte und Verwaltung gleichermaßen einfache, verständliche und transparente Regeln.
 

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