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Energie & Rohstoffe > Kommentar Rohstoffe

Die deutschen Unternehmen halten sich zu sehr zurück

In einem Fall denkt die Regierung langfristiger, als das Gros der Unternehmen: die Absicherung mit der Versorgung von Rohstoffen. Resilienz ist aber wichtiger, als am falschen Ende zu sparen, kommentiert Thorsten Giersch.

Die Abhängigkeit deutscher Unternehmen von einzelnen Staaten zum Import bestimmter Rohstoffe nimmt zu.Bildnachweis: picture alliance/dpa | Robert Michael

China droht Taiwan, viele befürchten, dass Computerchips richtig knapp werden könnten, so knapp, dass nichts mehr geht, zum Beispiel im Maschinenbau und der Autoindustrie. Wieder stellt sich die Frage: Wie abhängig sollten Unternehmen von einzelnen Ländern sein? Und wie resilient sind unsere Lieferketten auf lange Sicht?

Die unangenehme Wahrheit ist, dass Schocks oft nur kurzzeitig aufschrecken. Beispiel Corona: Während der Pandemie mangelte es der verarbeitenden Industrie an vielem, was sie brauchte – produktionsgefährdend. Aber die Krise ging vorbei. Es wurde etwas angepasst. Das war es dann aber auch. Wobei schon zu sehen war, wie abhängig die deutsche Industrie auch hier von China war.

Jetzt zeigen frische Zahlen von Deloitte, wie die Abhängigkeit Deutschlands bei existenziell notwendigen Rohstoffen wie Lithium, Silizium und Kobalt zunimmt. Das gilt sogar noch mehr für wesentliche Vorprodukte wie Batterien oder eben Chips. Die Beratung legt offen, dass 2023 rund 41 Prozent aller Lithium-Ionen-Akkus aus China stammten. 2013 waren es nur 27 Prozent. Der Schluss der Experten: Viele Unternehmen verschließen davor die Augen.

Beim Silizium ist das Risiko noch gering, weil der Rohstoff vor allem aus Norwegen und den USA nach Deutschland kommt. Doch wenn Silizium zu Halbleiterchips weiterverarbeitet wird, sieht es anders aus. Taiwan hatte im vergangenen Jahr mit 23 Prozent den größten Anteil am deutschen Import – Tendenz stark steigend. Beim Lithium sind die Klumpenrisiken am größten. Derzeit bezieht Deutschland der Deloitte-Studie zufolge 70 Prozent des Lithiumcarbonats aus Chile und China.

Die EU steuert gegen. Das Projekt Licorne soll die lithium-Förderung in Europa unterstützen. Außerdem hat Brüssel den Critical Raw Materials Act ins Leben gerufen, der vorsieht, dass ab 2030 nicht mehr als 70 Prozent des jährlichen Bedarfs eines strategischen Rohstoffs aus einem einzigen Nicht-EU-Staat stammen. Deutschland will dieses Ziel über einen Rohstofffonds erreichen, über den sich die staatliche Förderbank KfW direkt an Rohstoffprojekten beteiligt. Dazu kommen enorme Subventionen für Batterie- und Chipwerke in Europa. Das alles ist hilfreich, nützt aber nur in geringem Umfang.

Nötig ist deutlich mehr Engagement vor Ort. Würden mehr Unternehmen so fleißig Reisekilometer sammeln wie Franziska Brantner, sähe es besser aus. Die Staatssekretärin aus dem Bundeswirtschaftsministerium geht auch in Länder, die vielleicht als Partner aus politischen Gründen schwierig sind. Argentinien etwa. Derzeit stammt nur ein Prozent unserer Importe vom weltweit zweitgrößten Exporteur von Lithiumcarbonat.

Eine weitere Maßnahme für Unternehmen wäre, resilienter zu werden und sich nicht mehr so sehr auf Just-in-time-Lieferungen zu verlassen wie bisher. Es braucht mehr strategische Lager und Risikomanagement – auch wenn das Geld kostet. Die Unternehmen können gern auf die nächste Weckruf-Krise warten oder die übernächste. Aber für viele wird es vielleicht der letzte sein.

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