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Energie & Rohstoffe > Heizungsgesetz

Die ersten Heizungsbauer melden Kurzarbeit an

Eigentlich sollte das Heizungsgesetz den Kampf gegen den Klimawandel beschleunigen. Doch derzeit ist das Gegenteil der Fall: Weil Kunden verunsichert sind, entscheiden sie derzeit nicht über den Einbau einer Heizung. Bei den Herstellern führt das zu Auftragseinbrüchen.

Rund um den Einbau von Wärmepumpen gibt es reichlich Unsicherheit. Das bekommen diverse Unternehmen zu spüren.

Weil das Heizungsgesetz zwar beschlossen, aber nicht verstanden wird, kämpfen die Heizungsbauer in Deutschland derzeit mit einem Auftragseinbruch. Aktuelles Beispiel: Die EBM-Papst-Gruppe, ein rund 15 000 Mitarbeiter starker Mittelständler aus der Nähe von Stuttgart meldet in ihren Werken in Landshut Kurzarbeit an. EBM-Papst war einst ein Autozulieferer und hat sich vor dem Hintergrund der Elektrifizierung von Autos zu einem Hersteller von Lüfter, Gebläsen und Pumpen gewandelt.

Das hochinnovative Unternehmen hat noch bis zum Sommer eine glänzende Bilanz geschrieben, jetzt allerdings kommt es dick: „Die starke Verunsicherung im Heizungsmarkt und die schwächelnde Wirtschaft haben zu temporären rückläufigen Aufträgen im Heizungsgeschäft, insbesondere bei Gasheizungen geführt“, bestätigt ein Sprecher. Die Folge ist eine geringe Auslastung bei der Produktion in denen für Heiztechnik zuständigen Landshuter Werken, weswegen hier seit Oktober Kurzarbeit gilt. Das betrifft knapp 600 der 920 Mitarbeiter in Landshut und umfasst vier Tage pro Monat. Da die Entwicklungen im Markt unsicher sei, „fahren wir auf Sicht“, heißt es von EBM-Papst.

Der Mittelständler ist kein Einzelfall. Die gesamte Branche der Heizungsbauer stöhnt, weil verunsicherte Kunden Entscheidungen auf die lange Bank schieben und damit das Gegenteil von dem machen, was Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck mit seinem „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“, im Volksmund eben Heizungsgesetz genannten Werk erreichen wollte: eine Beschleunigung des Umbaus von Gebäuden in Richtung CO2 sparender Heizsysteme. „Dieses Gesetz macht Klimaschutz konkret“, hatte Habeck gesagt, als das Heizungsgesetz schließlich vor gut einem Monat verabschiedet worden war. Konkret allerdings warten Kunden bisher lieber ab, was nun noch passiert.

Der Präsident des Bundes der Heizungsbauer Jan Brockmann hat deswegen in diesen Monat bereits einen zehn Punkte umfassenden Forderungskatalog an Habeck übergeben. Die Branche habe zwar 2023 gut verdient, dies sei jedoch eine Momentaufnahme, die von Vorzieh- und Sondereffekten geprägt sei. Tatsächlich seien die Menschen durch die langwierige und öffentlich geführte Debatte rund um das Gebäudeenergiegesetz nachhaltig verunsichert.

Zudem sorge die allgemeine wirtschaftliche Situation für Zurückhaltung bei Heizungsmodernisierungen. Entsprechend erwarte ein Großteil der Unternehmen für das erste Quartal 2024 laut einer internen Verbandsumfrage eine deutliche Marktabschwächung. Das belegen auch die stark rückläufigen Förderanträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Insbesondere beim politisch forcierten Hochlauf von Wärmepumpen äußerte sich Brockmann genauso wie sein Kollege Michael Hilpert vom Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima kritisch. Was fehlt, sei eine verlässliche Förderung, klagen die Verbandschefs. „Die Heizungsindustrie hat große Investitionen in den Ausbau der Produktionskapazitäten unternommen, um den Wärmepumpenhochlauf möglich zu machen.

Nun ist die Politik am Zug, eine attraktive Förderung anzubieten, sonst ist auch die Kontinuität der industriellen Produktion klimaneutraler Heizungslösungen gefährdet”, sagt Brockmann. Das politisch gesteckte Ziel von 500.000 Wärmepumpen pro Jahr ab 2024 ließe sich sonst nicht erreichen.

Zentrale Forderung der beiden Verbände im vorgelegten 10-Punkte-Plan ist folgerichtig die Anhebung der maximal förderfähigen Investitionskosten. Bisher gilt die Ankündigung der Politik, dass  die förderfähigen Investitionskosten für die Heizungsmodernisierung von 60.000 auf 30.000 Euro auch noch verringert werden. Die Verbände wollen, dass das revidiert wird.

Das Thema Heizungsgesetz hat in diesem Jahr für Furore gesorgt. Der Entwurf des Wirtschaftsministers geriet frühzeitig in die Medien und führte zu Entsetzen und Verunsicherung bei Verbrauchern. Für viele Menschen wurde der Eindruck erweckt, ihnen werde die Heizung weggenommen. Es folgten monatelange Diskussionen über das Heizungsgesetz und zahlreiche Änderungen am ursprünglichen Entwurf. Im kern allerdings blieb es dabei, dass nun per Gesetz der Einbau von Wärmepumpen, die mit Strom laufen, gefördert wird, während Öl- und Gasheizungen eher Auslaufmodelle sind. Welche Rolle Holzheizungen spielen, ist bis heute noch nicht klar.

Heizungsinstallateure bestätigen in der Praxis die Verunsicherung der Kunden. „Der Beratungsbedarf der Menschen ist enorm“, erzählt Heizungsinstallateur Thomas Haun. Ein Kunde sagte ihm sogar: „Ihr Heizungsbauer seid die neuen Virologen!“ Der Heizungsinstallateur kann die Sorgen und Unsicherheiten der Menschen nachvollziehen. Der Heizungsaustasuch sei teuer könne Eigentümer schnell an ihre finanziellen Grenzen bringen. Auch aus der Politik hagelt es deswegen immer noch Kritik an Habeck. So sagte Florian Hermann, Chef der CSU im Bundesrat und bayerischer Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten: „Selten hat ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land derart verunsichert und verärgert.“ Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) bezeichnete das Verfahren zum Heizungsgesetz einen „traurigen Tiefpunkt“ in der Geschichte der Gesetzgebung in Deutschland, der viele weitere Fragen offenlasse.

Die Grünen dagegen versprechen, die verunsicherten Bürger würden nicht auf sich gestellt bleiben. „Wir wollen und werden niemanden damit allein lassen. Die Koalition hat sich geeinigt“, sagt Omid Nouripour, Mitglied des Bundestages, „dass wir bis weit in die Mitte der Gesellschaft fördern wollen.“ Wie ist weiter unklar, weswegen die Menschen abwarten – und die Betriebe jetzt Kurzarbeit anmelden müssen.

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