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Zukunftsmärkte > Mineralölkonzerne und Tankrabatt

Habeck gegen die Mineralölkonzerne: Bisher hat jeder Minister diesen Kampf verloren

Der Wirtschaftsminister will mit Hilfe des Kartellrechts gegen Konzerne vorgehen, die den Steuerrabatt an der Tankstelle nicht an die Autofahrer weitergeben. Doch mit diesem Plan sind schon viele gescheitert. Es gibt eine andere Idee, die Erfolg haben könnte.

Tankstelle auf der Autobahn
Tankstelle auf der Autobahn: Steuerrabatt an Tankstellen wird nicht an die Autofahrer weitergeben.Bild: Shutterstock

Im Rheinland würde man schon von Tradition sprechen. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck will nicht hinnehmen, dass Mineralölkonzerne offenbar bestens aufeinander abgestimmt inzwischen mehrmals am Tag die Preise an der Zapfsäule verändern und dabei den Tankrabatt, den die Bundesregierung eigentlich den Autofahrern schenken wollte, in die eigene Tasche stecken. Mit Hilfe des Kartellrechts will Habeck diesem Treiben ein Ende setzen.

Und das hat Tradition, wie sie im Rheinland sagen würden. Denn einer seiner Vorgänger als Wirtschaftsminister, der längst vergessene FDP-Chef. Philipp Rösler hatte genau das vor elf Jahren auf seinem Zettel: Er wollte das Kartellrecht verschärfen, um den Wettbewerb an der Tankstelle in Fahrt zu bringen. Das war so etwas wie die Premiere. Als einer der Nachfolger im Amt, dem weniger vergessene Sigmar Gabriel, nebenbei SPD-Vorsitzender, 2016 das Treiben an der Tankstelle zu bunt wurde, dachte auch er laut über staatliche Eingriffe nach – das hatte dann schon was von Brauchtum, wie es im Rheinland heißen würde. Gabriels Denkprozess blieb folgenlos. Und nun eben Habeck. Das hat dann schon Tradition.

Kartellamt soll eingreifen können

Klar ist damit: Wirtschaftsminister jeglicher Partei haben bereits Robin Hood gespielt, wollten es an der Tankstelle den Reichen nehmen und den Armen geben, aber haben sich dabei die Zähne ausgebissen. Habecks Plan sieht nun so aus: Das Kartellamt soll mehr Eingriffsmöglichkeiten erhalten, um gegen Mineralölkonzerne schärfer vorgehen zu können. Künftig wolle man davon ausgehen, dass Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen und ein Kartell vorliege, wenn ständig abgestimmte Preise von mehreren Konzernen zugleich angeboten werden. Als letztes Mittel sollen auch Entflechtungen bei marktbeherrschenden Stellungen möglich sein. In einem weiteren Schritt solle das Bundeskartellamt die Gewinne abschöpfen können. Als Grund für seinen Plan, sagt Habeck im „Spiegel“ das, was alle denken: „Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung“ auf Benzin und Diesel-Treibstoff, die die Bundesregierung mit Blick auf die hohen Preise beschlossen und umgesetzt hatte.

Habeck wird dabei nicht nur von aufgebrachten Autofahrern, sondern auch von einer kampfeslustigen Opposition getrieben. Der stellvertretende Unionsfraktionschef Jens Spahn  (CDU) kritisierte: „Der milliardenschwere Tankrabatt versickert, und die Ampel schaut zu. Die Ölmultis zum Rapport bestellen ist das Mindeste, was Wirtschaftsminister Habeck tun kann." Offenbar will der jetzt noch weiter gehen. Aber kann das gelingen?

Das Kartellamt ist in früheren Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Oligopol den Tankstellenmarkt in Deutschland beherrscht. Nur fünf Unternehmen, angeführt von Aral und Shell, kontrollieren demnach rund 70 Prozent des Kraftstoffabsatzes. Oligopole haben es leicht, Preise abzustimmen und an Märkten durchzusetzen. Um das zu verhindern, müsste ihnen böse Absicht nachgewiesen – und da beginnt das Problem.

Ein Öl-Oligopol beherrscht den Markt

Die Praxis funktioniert nämlich so: Tankstellen-Pächter geben die Preise der Konkurrenten in der Umgebung an ihre Konzernzentrale weiter. Dort werden die Daten gesammelt und Benzinpreise für alle Tankstellen des Mineralölkonzerns in Deutschland festgelegt. Per Tastendruck ändert die Zentrale die regionalen Preise auf den Anzeigentafeln der Tankstellen und den Zapfsäulen. Früher stiegen vor Feiertagen und Schulferien und gerne auch montags morgens die Preise kräftig an. Inzwischen spielen sie täglich verrückt und die Tankstellenpächter kommen offenbar gar nicht mehr hinterher mit dem Beobachten. Unterscheide von bis zu zehn Cent im Umkreis von wenigen Kilometern sind jedenfalls drin.
Früher waren die abgestimmten Preissprünge stets Auslöser für eine Diskussion, was dagegen unternommen werden könnte. Die Rollen und Argumente sind dabei traditionell verteilt: Die Politik klagt über die mangelnde Markttransparenz und den fehlenden Wettbewerb in der deutschen Mineralölwirtschaft. Automobilclubs wie der ADAC und Verbraucherschützer prangern die Gier von Aral und Co. an. Und die gescholtenen Konzerne geben über ihre Interessenverbände der Politik die Schuld am Preisanstieg – wegen der hohen Steuern.

Hilflose Markttransparenzstelle

Rösler wollte damals diesem Verhalten mit einer „Markttransparenzstelle“ den Garaus machen. Sie erhebt Ein- und Verkaufspreise für Benzin und Diesel. Die Kartellbehörden könnten so Anhaltspunkte für etwaige Verstöße finden und „missbräuchliches Verhalten der großen Mineralölkonzerne leichter aufdecken und verfolgen“, behauptete der damalige Wirtschaftsminister. Die neue Behörde kam, sie ist inzwischen eine Abteilung des Kartellamts, das alte Problem blieb.

Keiner der großen Mineralölkonzerne hat Interesse daran, dauerhaft mit Dumpingpreisen die Konkurrenten auszustechen, das funktionierende Modell der Konkurrenzbeobachtung ist auf Dauer viel einträglicher. Dazu kommt, dass die Mineralölproduzenten gemeinsam Raffinerien betreiben und sich untereinander Rohöl und Benzin verkaufen. Direkte Absprachen treffen die Anbieter dabei aber nicht. Jedenfalls gibt es dafür keine Beweise. „Das läuft wie in einer langjährigen Ehe, da können die Partner sich auch ohne Absprachen darauf verlassen, dass einer am nächsten Morgen das Frühstück macht. Fast immer erhöhen Aral und Shell als Erste die Preise. Nach exakt drei oder fünf Stunden folgen die anderen Anbieter“, beschrieb es Kartellamtspräsident Andreas Mundt einmal in einem Interview. „Wer die Preise erhöht, geht also kaum ein Risiko ein, dass die Kunden zum Wettbewerber wechseln.“

Regulierung im Ausland

Es ist ein System des Abguckens und Nachmachens. Ändern können es die Wettbewerbshüter nicht. Preise abzusprechen, ist verboten, den Markt zu analysieren, aber nicht. Darauf verweist auch der Mineralölwirtschaftsverband immer wieder. Das System funktioniert auch in anderen Ländern – und sorgt auch da für Ärger. Die österreichische Kartellbehörde schritt deswegen im eigenen Land schon ein und schrieb vor, dass Tankstellen lediglich einmal am Tag die Preise erhöhen dürfen. Das Abgucken und Nachmachen der Preise wurde allerdings dadurch nur einfacher. An der Sache hat es nichts geändert.

In Westaustralien gilt, dass Tankstellen ihre Preise für den kommenden Tag melden müssen und dürfen diesen dann 24 Stunden lang nicht mehr ändern. Alle Preise werden im Internet veröffentlicht. Kunden können sich sicher sein, an der Zapfsäule den Preis vorzufinden, den sie im Internet recherchiert haben. Für die Autofahrer wird es so einfacher, die Preise der unterschiedlichen Anbieter zu vergleichen. Kartellamtspräsident Mundt findet das nicht schlecht. Durch die Preisfestlegung am Vortag werde das bisherige feste System der Preisangleichung aufgebrochen, da die Konkurrenten nicht mehr voneinander abschauen können. Mundt konnte das Modell aber nicht durchsetzen.

Das Argument des Ökonomen

Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Michael Hüther glaubt nicht, dass Habeck mit seinen Plänen Erfolg haben wird. Er hält auch das Vorgehen für falsch. „Minister Habeck versucht das Falsche mit dem Falschen zu bereinigen", sagte Hüther in einem Gespräch mit t-online. „Der Tankrabatt war ein Fehlgriff mit Ansage. Deshalb jedoch jetzt das Kartellrecht anzufassen, ist nicht sinnvoll." Hüther spricht von einer engen Marktstruktur, in der sich Preise schnell angleichen. Als Ökonom sieht er in den Preisen eine Signalwirkung. Sie zeigen Autofahrern an, dass es Angebotsengpässe gibt und es sinnvoller sei, Sprit zu sparen. „Dieser Preismechanismus ist für die Energiewende extrem wichtig", sagt der Ökonom und liefert damit ein Argument, dass den grünen Wirtschafts- und Klimaminister Habeck zu denken gibt.

oli

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