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Zukunftsmärkte > Preiskampf

Machtkampf im Supermarkt: Heimische Marken ersetzen Cola, Mars und Miracoli

Die Lücken in den Supermärkten werden immer größer: Der Preiskrieg zwischen internationalen Konzernen und den deutschen Händlern eskaliert wie noch nie. Davon könnten kleinere Firmen aus Deutschland profitieren.

Der Preiskrieg zwischen internationalen Konzernen und den deutschen Händlern eskaliert wie noch nie: Davon könnten kleinere Firmen aus Deutschland profitierenBild: Shutterstock

An die Lücken im Supermarktregal hatten sich die deutschen Verbraucher im Zuge der Corona-Pandemie gewöhnt. Erst das Toilettenpapier, später das Mehl. „Früher war es mir unsäglich peinlich, wenn wir mal ein Produkt nicht hatten. Heute ist es leider Gang und Gäbe“, hörte man zwischen den Regalen bereits 2021. Doch das ist kein Vergleich mit dem, was Verbraucher in diesen Tagen in Deutschlands Supermärkten erwartet. Lücken, Lücken, Lücken. Doch wo die einen Hersteller im Clinch mit den Händlern liegen, entstehen Chancen für die anderen. Und das ist gerade aus deutscher Perspektive spannend zu beobachten.

Miracoli, Riegel von Snickers, Bounty oder Twix, Kaugummi von Wrigley’s, Tierfutter von Frolic und Sheba: Mehr als 300 Artikel verkauft Mars in Deutschland. Bei Rewe, Penny, Edeka und Netto sind die Marken des US-Riesen weitgehend vergriffen, weil der einen Lieferstopp verhängte. Mars erklärt das so: „Wir versuchen, steigende Kosten so gut wie möglich intern aufzufangen, ein gewisses Maß an Preisanpassung ist jedoch nötig". Die deutschen Händler halten das für eine arg euphemistische Untertreibung und schießen auch auf Social Media zurück. Ein Edeka-Sprecher sagt: „Nicht nur Mars, auch viele weitere internationale Markenkonzerne wie Coca-Cola oder Procter & Gamble versuchen aktuell mit überzogenen Preisforderungen auf der Inflationswelle mitzureiten, um ihre Renditen zu steigern. Sie nutzen einseitige Lieferstopps als Druckmittel gegen den Handel." Bei Rewe klingt es ähnlich: „Trotz intensiver Verhandlungen sehen wir derzeit keine Basis, die seitens Mars geforderten Preiserhöhungen zu akzeptieren."

 

Ähnlich verhält es sich bei einem weiteren US-Riesen: Mondelez beliefert Edeka nicht mehr, seitdem der Händler dessen Preiserhöhung nicht mitmachte. Zu den betroffenen Marken gehören Milka-Schokolade, Miracel-Whip-Mayonnaise und Philadelphia-Käse. Auch mit Coca-Cola hat sich Edeka zerstritten, man trifft sich sogar vor Gericht. PepsiCo geht einen ähnlich harten Weg und ist zum Beispiel bei Aldi Nord kaum noch zu bekommen. Bei Aldi sind auch die Fruchtzwerge und anderen Produkte von Danone Mangelware – auch hier herrscht Uneinigkeit über die neuen Preise. Beim Streit zwischen Kellogg’s und Rewe ist es andersherum – hier hat der Händler die Produkte des US-Riesen ausgelistet und Marken wie Cornflakes oder Frosties durch die Eigenmarke Ja! ersetzt. Rewe begründet das mit einer Preiserhöhung von fast 30 Prozent, wobei Kellogg’s in anderen Ländern nur fünf Prozent mehr fordert. Allem Anschein nach sind die Gewinnmarge der US-Riesen keineswegs so gering, wie die derzeit behaupten. Auf der anderen Seite sollte man den Händlern nun auch nicht unterstellen, dass sie das alles nur tun, um den Verbraucher vor zu hohen Preisen zu schützen.

 

Es ist der in der Branche übliche Preiskampf nur deutlich intensiver als üblich. „Der Streit wird nicht ewig anhalten. Der Handel kann auf diese großen Marken nicht langfristig verzichten. Man wird sich einigen und die Produkte werden in die Regale zurückkehren“, prognostiziert Martin Fassnacht, Handelsexperte von der WHU. Aber das alles dürfte dauern und in dieser Zeit könnten sich Konsumgewohnheiten ändern zugunsten von bekannten Marken deutscher Hersteller. Kölln Flocken statt Kellogg’s sozusagen, Fritz Cola statt Coca Cola, Ritter Sport statt Milka. „Es ist für Mittelständler eine Chance, sich in den Köpfen der Verbraucher fest zu setzen“, sagt Fassnacht.

Aurélien Duthoit, Handelsexperte von Allianz Trade, ist derselben Meinung: „Meiner Meinung nach bietet dies alternativen Anbietern, einschließlich lokaler Mittelständler, die Möglichkeit, Regalflächen und Marktanteile zu erobern.“ Das sei auch kein rein deutsches Phänomen: „Im Ausland sehen wir gerade auch Beispiele für die Renaissance einiger inländischer Marken." Zudem nehmen viele ja auch die intensive Berichterstattung wahr. Einige Verbraucher werden aus der Berichterstattung vermutlich nachhaltig mitnehmen, dass manche vermeintlich deutsche Marke gar nicht so deutsch ist, sondern zu einem US-Riesen gehört.

 

Noch wahrscheinlicher aber ist, dass die Handelsmarken der Händler profitieren. Sie heißen zum Beispiel bei Edeka "Gut & Günstig", „Miblona“ bei Lidl, „Milsani“ oder „Biscotto“ bei Aldi, „TiP“ bei Real, bei Rewe „Ja!" und bei Kaufland „K-Classic". Sie sind bis zu 30 Prozent günstiger als die vergleichbaren Produkte von Markenherstellern. Dazu kommen hauseigene Bio- oder Luxusmarken. Rewe gibt an, dass seine Handelsmarken zum Teil im zweistelligen Bereich zulegen. Kein Wunder angesichts der neuesten Zahlen: Laut Statistischem Bundesamt sind Lebensmittel im September 18,7 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Die Händler haben in der Corona-Pandemie von den geschlossenen Restaurants profitiert, doch jetzt regiert bei den Verbrauchern der Spardruck.

Davon würden insbesondere die oft mittelständischen Hersteller profitieren, die eher im Verborgenen agieren und Handelsmarken für die Konzerne herstellen. Bahlsen, Frosta, Intersnack, Lambertz, Gabower oder DeBeukelaer produzieren zum Beispiel auch Handelsmarken. Einige sagen frei heraus, welche Unterschiede es gibt oder nicht gibt zu ihren Markenprodukten, während andere ein großes Geheimnis daraus machen. Coppenrath & Wiese gibt zum Beispiel an, für die Handelsmarken unterschiedliche Rezepturen für Torten und Co zu verwenden. Fachleute sagen: Irgendwann werden sich Marken und Händler einigen und den Kunden Preise vorsetzen, die sie bezahlen können und wollen. Man darf gespannt sein, welche neuen Handgriffe sich die Verbraucher bis dahin angewöhnt haben.

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