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Finanzierung > Mobilität

Die Zukunft des Dienstwagens

Selten hatten Flottenmanager mehr zu tun: Welche Trends es bei der beruflichen Mobilität gibt – und ob der Verbrenner eine Zukunft hat.

Dienstwagen mit Chauffeur
Dickes Ding: Klotzige Dienstwagen, gar mit Chauffeur, für den vermeintlich wichtigen Auftritt wird es wohl auch künftig nur in Chefetagen geben. Das Auto fährt aber sehr wahrscheinlich elektrisch. Bild: North MonacoShutterstock.com

Wer einen Fuhrpark organisiert, läuft in diesen Zeiten nicht Gefahr, unter Langeweile zu leiden. Digitalisierungstrends mag es schon länger geben, aber zu Ende ist die Transformation noch lange nicht. Das Thema „Vom Eigentum zur Nutzung“ bleibt spannend und Elektromobilität allemal – inklusive der steuerlichen Regelungen und Förderung. Zudem klopfen die Nachhaltigkeitsverantwortlichen regelmäßig an die Tür. Für Christopher Schmidt bleibt das alles wichtig. Aber 2023 gebe es einen anderen Toptrend: „Steigende Kosten. Und damit einhergehend natürlich, was Fuhrparkverantwortliche tun können, um diese im Griff zu halten“, sagt der Commercial Director von Leaseplan Deutschland. Es sei wichtiger denn je, beim Autokauf oder -leasing nicht nur auf die Anschaffungskosten zu achten.

Es geht vielmehr darum, die Gesamtkosten zu betrachten und dort zu beeinflussen, wo es möglich ist. „Wir raten Flottenbetreibern, ihre Car-Policy für neue Hersteller zu öffnen sowie Fahrzeug- und Betriebskosten zu vergleichen“, sagt Schmidt. Zielführend ist auch, das Flottenmanagement um alternative Antriebe wie Elektro­mobilität zu erweitern und dabei auch an die richtige Infrastruktur zu denken, um günstigen Strom zu laden.

Stromlos an der Raststätte

Außerdem lohnt sich ein Blick auf die Versicherungsverträge und die Schadenquote. Hier können Kosten durch andere Deckungskonzepte und ein aktives Risikomanagement gespart werden. Und mit einem guten Instandhaltungsservice profitieren Unternehmen vom Werkstattnetz ihres Fuhrparkmanagementanbieters für Wartung und Reparatur mit speziell verhandelten Preisen für Stundensätze und Ersatzteile und der professionellen Rechnungskontrolle.

Dass die zum Teil erheblichen Steuervergünstigungen für Hybrid- und Elektrofahrzeuge auslaufen, führt Leaseplan zufolge nicht zum Comeback der Verbrenner: „Die Energiewende mit Umstieg auf alternative Antriebe ist in den meisten Fuhrparks und den Köpfen der Dienstwagenfahrer angekommen“, sagt Schmidt. Es führe kein Weg vorbei an E-Autos. Das bedeutet allerdings einen höheren Aufwand für das Flottenmanagement, gerade auch im Mittelstand. E-Autos und E-Transporter sind ein sehr komplexes Thema angesichts der Vielfalt von Modellen, die sich wiederum bei Reichweiten, Lieferzeiten und staatlicher Förderung unterscheiden. Dazu kommen Ladekarten und -säulen, Abrechnung, Lademöglichkeiten und -geschwindigkeit und gegebenenfalls Lastenmanagement.

Waren die Unternehmen anfangs vor allem auf Plug-in-Hybride fokussiert, wächst das Interesse am reinen Elektroantrieb, weil die Förderung für Hybride weggefallen ist und im Vergleich zu Benziner und Diesel erschwinglichere und reichweitenstarke E-Autos auf den Markt gekommen sind. Die Erfahrungen mit der Ladeinfrastruktur bessern sich, wie man im Markt hört.
Die Technik schreitet sehr schnell voran. Nio bietet zum Beispiel wechselbare Batterien, langes Laden entfällt dadurch. Mit einem Tesla kann man durch ganz Europa fahren und findet an vielen Stellen firmeneigene Supercharger. Aber der Ausbau insbesondere an den Autobahnraststätten hat zuletzt gestockt, was vor allem am Rechtsstreit zwischen Tesla und Fastned auf der einen und Tank & Rast auf der anderen Seite liegt. Gespannt warten viele auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Die Richter müssen entscheiden, ob der Bund das Monopol von Tank & Rast an Autobahnraststätten auf das Schnellladen ausdehnen darf.

Tank & Rast gehörte ursprünglich dem Bund und wurde 1998 privatisiert. Heute gehört der Konzern Allianz Capital Partners, einer Münchner-Rück-Tochter, der Abu Dhabi Investment Authority und dem kanadischen Infrastrukturfonds Borealis Infrastructure. Tank & Rast hält 95 Prozent der Konzessionen für den Betrieb von Tankstellen, Restaurants und Hotels an deutschen Autobahnen und hat die Tankstellen verpachtet. Auch wenn Pächter Schnellladestationen aufbauen wollen, ohne das Go von Tank & Rast geht nichts. Und das kommt oft nicht. Tesla und Fastned, ein niederländischer Ladestationenbetreiber, wollen nicht hinnehmen, dass sie beim Ausbau nicht zum Zuge kommen. Der Streit bremst seit rund sechs Monaten erheblich.

Sehr unterschiedliche Ansichten gibt es im Hinblick auf die Bedeutung des Dienstwagens. Der Leaseplan-Manager sieht die Nachfrage nach individueller Mobilität ungebrochen: „Der Dienstwagen sichert die Mobilität der Mitarbeitenden und ist gleichzeitig ein starkes Motivationsinstrument im aktuellen Werben um Fach- und Führungskräfte von Arbeitgebern. Wir erwarten ein weiteres Wachstum im Flottenmarkt“, sagt Schmidt, der – zugegeben – mit dieser Nachfrage auch viel Geld verdient.

Dienstwagen weniger wichtig

Eine andere Meinung vertreten die weitgehend objektiven Vergütungsexperten. Für sie betrifft der Trend zu mehr Nachhaltigkeit auch die finanz­äquivalenten Vergütungsbestandteile, allen voran den Firmenwagen: „Dienstwagen sind noch ein wichtiger Bestandteil von Vergütungspaketen, aber ihre Bedeutung nimmt ab“, sagt Ralph Lange, Senior Director Executive Compensation bei WTW. Immer mehr Firmen würden auf Dienstwagenregelungen verzichten und stattdessen Mobilitätsbudgets anbieten. Sebastian Pacher von der Personal- und Managementberatung Kienbaum bestätigt diesen Trend: „Viele Unternehmen setzen auf Mobilitätsbudgets. Und das ist auch empfehlenswert.“ Von einer intelligenten Flexibilisierung der Mobilitätsangebote profitierten letztlich alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Ein typisches Beispiel ist SAP. Das Softwareunternehmen bietet seit April allen Mitarbeitern ein Mobilitätsbudget an, was konkret heißt: Die Beschäftigten haben einen bestimmten Betrag zur Verfügung und können ihn für das Verkehrsmittel ihrer Wahl ausgeben. Bus, Bahn oder E-Scooter, völlig egal. Das bremst den CO2-Ausstoß – und den müssen Konzerne bereits heute berichten – Mittelständler ab einer gewissen Größe demnächst –, wenn es um den Weg zur Arbeit geht, nicht nur um Dienstreisen. Auch kann ein Mobilitätsbudget allen Angestellten gerecht werden. Flexibler ist es ohnehin.

Steuerlich ist die Lage allerdings kompliziert. Wenn selbst ein Großkonzern wie Bayer „aufgrund der bestehenden lohnsteuerlichen Restriktion sowie der administrativen Komplexität dieses Modells“ vor einem Mobilitätsbudget zurückschreckt, wie reagieren dann erst Mittelständler mit weitaus weniger Ressourcen in der Verwaltung? Für das Steuerrecht ist wichtig, wie Beschäftigte das Mobilitätsbudget konkret nutzen. Wenn sie Geld zweckgebunden ausgeben können, ist es steuerpflichtig. Wenn die Unternehmen aber Geldkarten oder separate Guthaben dafür einrichten, gelten sie als Sachbezug und sind steuerlich bevorteilt. Der Verwaltungsaufwand ist enorm.

Alternativen zum Dienstwagen gibt es freilich genug, und die kommen immer mehr auf: Das Fahrradleasing ist zwar nichts für Geschäftsreisen, aber die meisten Firmenwagen werden ja auch vor allem für die Fahrt ins Büro genutzt. Hier sind Leasingvarianten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen interessant. Der Klassiker ist das Job- oder Nahverkehrsticket. Mal bekommen Beschäftigte das Ticket direkt über den Arbeitgeber, mal bezuschusst er es nach dem Kauf. Auch Bahncards sind eine typische Alternative, genau wie die Option, Geld an den Mitarbeiter zu zahlen, wenn er oder sie auf einen Dienstwagen verzichtet. Immer beliebter werden auch Shuttle-Services in die Büros, Carsharing oder eine Mietwagen-Flatrate.

Die Fahrzeuge an sich sind ein Aspekt, die Verwaltung des Fuhrparks ein anderer. „Häufig bestimmen noch Excel-Tabellen, E-Mails und telefonische Absprachen den Alltag der Verantwortlichen“, sagt Francine Gervazio von Avrios, einem Softwareunternehmen. Das kostet Zeit und ist vor allem wenig effizient. „Unseren Daten zufolge verringert Flottensoftware den Zeitaufwand um 25 Prozent und senkt die Kosten um bis zu 10.000 Euro pro Jahr“, sagt Gervazio, die allerdings mit solchen Programmen Geld verdient.

Dennoch gibt es reichlich Vorteile durch die Nutzung von Software beim Fuhrparkmanagement, vor allem Transparenz. Die Fuhrparkmanager haben einen direkten Überblick über gefahrene Kilometer und Kosten. Wartungstermine oder Kontrollen für Führerscheine können eingestellt und überprüft werden. Dank einer zentralen Ablage meist in der Cloud entfällt „Herrschaftswissen“, beim Urlaub einer Kollegin kann ein Kollege nahtlos übernehmen. Das Gleiche gilt bei Personalzu- und -abgängen. „Die Zettelwirtschaft“, sagt Gervazio, „entfällt.“

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