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Technologie > Mittelständler füllen Impfstoff ab

Ab in die Flasche

Nach der Impfstoffentwicklung fahren Firmen die Abfüllung hoch. Dabei bedienen sich Pharmakonzerne mittelständischer Hilfe.

Das Schweizer Life-Science-Unternehmen Siegfried hat mit Biontech einen Kooperations- und Liefervertrag zur großtechnischen Abfüllung und Verpackung kommerzieller Mengen des Impfstoffkandidaten BNT162b2 unterzeichnet. Abgefüllt wird in einer Anlage in Hameln, die dazu jetzt umgerüstet wird. Der Vertrag läuft zunächst nur dieses Jahr.

 

Zu den Details schweigt das an der Swiss Exchange notierte Unternehmen, spricht aber von einem Großauftrag, der „im hohen zweistelligen Millionenbereich“ liegt. Die Freude über die Kooperation ist groß: „Wir sind stolz, mit dieser Partnerschaft einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten zu können, und sind fest entschlossen, Biontech auf ihrem Weg nach Kräften zu unterstützen“, sagt Siegfried-Chef Wolfgang Wienand. Ganz ohne Risiko geht das allerdings nicht. Es brauche eine „zusätzliche Abfülllinie, speziell auf diesen Auftrag ausgerichtet“. Warten bis zu einer endgültigen Klarheit rundum Wirksamkeit und Verträglichkeit des Impfstoffs kann niemand. Zwar will Siegfried die Linie in Zukunft für weitere Aufträge verwenden, doch die Investition wäre teuer, sollte am Ende kein Corona-Impfstoff in Hameln abgefüllt werden.

 

Risiko bleibt

 

In dieser Zwickmühle steckt auch Dermapharm in Grünwald bei München. Wie bereits im September bekannt wurde, steht das SDax-Unternehmen ebenfalls auf der Liste der Unternehmen, die Biontech und Pfizer auserkoren haben, ihren Impfstoff abzufüllen. Und zwar von Beginn an. In einer Mitteilung des Pharmaunternehmens heißt es, man werde „unmittelbar Produktionskapazitäten für die Formulierung sowie die Abfüllung und Verpackung zur Verfügung stellen und schnellstmöglich erweitern.“ Zu vereinbarten Mengen und der Investitionssumme äußern sie sich in Grünwald nicht.
Um der wahrscheinlichen Nachfrage nach Milliarden Impfdosen gerecht werden zu können, setzen Biontech und Pfizer noch auf einen dritten Standort in Deutschland. Dazu wollen die Mainzer eine Produktionsanlage des Schweizer Pharmakonzern Novartis in Marburg übernehmen und dort so früh wie möglich mit der Herstellung beginnen. Entstehen könnte damit eine der größten Biontech-Produktionsstätten für mRNA-basierte Impfstoffe in Europa. Die Produktionskapazität läge bei 750 Millionen Impfdosen pro Jahr.

 

Die zweite Hoffnung

 

Zwar nicht an der Abfüllung, aber doch am Herstellungsprozess des Biontech-Impfstoffs beteiligt, ist das Biopharmaunternehmen Rentschler. Am Hauptsitz in Laupheim in Baden Württemberg, produziert Rentschler in einem aufwendigen Verfahren den fertigen, reinen Endwirkstoff, indem es das Ausgangsmaterial weiterverarbeitet und die synthetisierte mRNA von Verunreinigungen frei macht.
Damit nicht genug. Neben Biontech gibt es mit Curevac schließlich noch eine zweite deutsche Impfstoffhoffnung. Und auch das Vakzin der Tübinger will am Ende eines erfolgreichen Prozesses zügig produziert werden. Dazu greift Curevac auf die Dienste eines Mittelständlers zurück, der inzwischen zum Tesla-Konzern gehört. Der Prümer Maschinenbauer Grohmann steuert die Technik zur Herstellung des nötigen RNA-Serums bei. Für die Abfüllung hat man sich offenbar einen weiteren Mittelständler ausgeguckt. Vetter-Pharma aus dem oberschwäbischen Ravensburg soll dies wohl in Teilen übernehmen. Im Unternehmen allerdings hält man sich bedeckt. Auf Anfrage heißt es: „Covid-19 beschäftigt derzeit unsere gesamte Branche. Gleichzeitig sind unsere Produktionskapazitäten sehr ausgelastet und wir müssen sorgsam abwägen, welche Produkte wir noch zusätzlich herstellen könnten. Unser Fokus gilt daher der Umsetzung von bestehenden Kundenaufträgen, die sich ebenfalls auf wichtige und teils lebensnotwendige Medikamente beziehen.“

 

Anderswo wird es konkreter. Deutschland als Abfüllstandort ist über Biontech und Curevac hinaus auch bei der internationalen Konkurrenz gefragt. Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson hat sich eine Kooperation mit dem niedersächsischen Biotechunternehmen Vibalogics gesichert. Die Cuxhavener investieren entsprechend in eine neue Abfülllinie, mithilfe derer rund 30.000 Dosen je Charge gefüllt werden können. Sanofi aus Frankreich hat an seinem eigenen Produktionsstandort in Höchst im September eine Abfüllanlage neu in Betrieb genommen. Der russische Pharmakonzern R-Pharm investiert am Standort Illertissen 20 Millionen Euro in eine neue Produktionsanlage mit einer Kapazität von 500 Millionen Impfdosen pro Jahr.

 

In der EU setzt man für den Moment besonders auf Biontech und Pfizer, AstraZeneca, Sanofi und Johnson & Johnson-Tocher Janssen. Mit diesen Unternehmen sind bereits Verträge über insgesamt mehr als eine Milliarde Impfdosen abgeschlossen – in Erwartung weiterer hoffnungsfroher Botschaften.

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