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Recht und Steuern > Folgen der Corona-Krise

Änderungen im Insolvenzrecht: Vorsicht vor persönlicher Haftung

Für Unternehmen, die unter der Corona-Krise leiden, wurde eine Vielzahl an Erleichterungen beschlossen – darunter auch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Geschäftsführer sollten dabei jedoch einige Aspekte beachten.

Deutschland leidet unter den Auswirkungen der Corona-Krise. Für Unternehmen wurden zur wirtschaftlichen Entlastung schnell Erleichterungen beschlossen. Die Insolvenzantragspflicht ist bis Ende September ausgesetzt, und die an die Insolvenzreife geknüpften Zahlungsverbote sind gelockert. Was Führungskräfte allerdings nicht übersehen dürfen: Die Unternehmen haben in der Krise nicht plötzlich freie Hand. Weiterhin gilt: Finanzen und Liquidität müssen kontinuierlich kontrolliert werden, sonst droht die persönliche und strafrechtliche Haftung.

Die Unternehmensführung muss auch weiterhin Zahlungen an Gesellschafter und verbundene Unternehmen kritisch prüfen. Zahlungen dürfen nach Eintritt der Insolvenzreife nur dann geleistet werden, wenn durch sie der Betrieb aufrechterhalten oder eine Sanierung angestrebt wird. Zahlungen an die Gesellschafter aus dem Vermögen der Gesellschaft zu Lasten des Stammkapitals bleiben weiterhin verboten. Die Pflicht zur Einberufung einer Gesellschaftsversammlung bei einer GmbH besteht fort – wird diese Pflicht verletzt, droht die persönliche Haftung.

 

Zusätzlich zum Haftungsrisiko besteht die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung. Das Strafrecht bleibt durch die gesetzlichen Regelungen zur Abmilderung der Covid-19-Folgen unverändert. Die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht schließen also nicht automatisch das Risiko einer Insolvenzverschleppung aus. Das neue Gesetz, COVInsAG, stellt zugunsten der Geschäftsführung lediglich eine Vermutung auf: War der Schuldner Ende 2019 noch zahlungsfähig, wird davon ausgegangen, dass die Insolvenzreife aufgrund der Folgen der Corona-Krise eingetreten ist und somit die bestehende Zahlungsunfähigkeit überwunden werden kann. Vorsicht ist jedoch geboten, denn: Diese Vermutung kann widerlegt werden mit dem Ergebnis, dass doch eine Antragspflicht bestand. Das Management sollte daher die Auswirkungen der Krise gründlich dokumentieren. 

Neben einer Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung ist nach wie vor eine Strafverfolgung wegen Bankrotts möglich. Dies kann beispielsweise relevant werden, wenn bei Zahlungseinstellung Handlungen vorgenommen werden, die das Vermögen des Unternehmens verringern und den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens grob widersprechen. Wann ein solcher grober Verstoß in Zeiten von Corona vorliegt, haben die Gerichte noch nicht entschieden.

Zahlungsunfähigkeit nicht verschweigen

Weiterhin kommt eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht, wenn trotz fehlender Zahlungsfähigkeit Leistungen auf Ziel in Anspruch genommen werden. In solchen Fällen geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Lieferanten getäuscht wurden, indem die Zahlungsunfähigkeit verschwiegen wurde. Ein guter Rat ist, Gläubiger in kritischen Phasen darauf hinzuweisen, dass aufgrund der aktuellen Lage eine Zahlung nicht garantiert werden kann. Jedenfalls sollte das Unternehmen die wirtschaftliche Gesamtsituation am Tag der Bestellung ausreichend dokumentieren. So könnte später bewiesen werden, dass man begründet und zu Recht davon ausgegangen ist, eine Insolvenz nach Corona zu verhindern und Zahlungen leisten zu können.

 

Im Falle einer Insolvenzreife besteht zudem die Gefahr des Straftatbestands der Gläubigerbegünstigung. Dieser ist erfüllt, wenn an einen Gläubiger in Zeiten der Zahlungsunfähigkeit gezahlt wird oder Sicherheiten gestellt werden, obwohl dieser keinen Anspruch darauf hat. Dies kann beispielsweise die Zahlung einer nicht fälligen Forderung sein. Die Regelungen des COVInsAG schützen die Geschäftsführung nur, sofern sie während der Zahlungsunfähigkeit Leistungen auf fällige Forderungen hin erbringt. 

Nicht zuletzt besteht auch die Gefahr einer Strafbarkeit wegen Untreue. Hier kommt wieder die Erhaltung des Stammkapitals ins Spiel: Entziehen Entscheidungsträger der Gesellschaft Liquidität ohne rechtfertigenden Grund oder tätigen sie Auszahlungen an Gesellschafter aus dem geschützten Stammkapital, ist eine Strafbarkeit möglich. Auch Investitionen, die bei drohender Insolvenz vorgenommen werden, können den Tatbestand der Untreue erfüllen, wenn sie nicht gerechtfertigt sind. Vor diesem Hintergrund sollte das Management erneut auf eine umfängliche Aufzeichnung achten.

 

Unter dem Strich steht: Corona schützt vor Strafe nicht. Um vorgenommene Maßnahmen später rechtfertigen zu können und um einer Strafbarkeit wegen Betrugs, Untreue und Bankrotts zu entgehen, sollten sie sehr ausführlich dokumentiert und die Finanz- und Liquiditätslage streng und engmaschig kontrolliert werden.

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