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Finanzierung > Serie Nachfolge-Optionen

Die Börse als Ausweg für Familienunternehmer

Nur wenige Familienunternehmen wagen sich aufs Parkett. Dabei sprechen viele Argumente dafür, wie dieser Teil unserer Nachfolge-Serie zeigt. So gelingt der IPO.

Susanne Wiegand
Der Sound der Börse: Susanne Wiegand, Chefin des Rüstungszulieferers Renk. Bildquelle: Renk

Aus der Familie findet sich niemand, der das Unternehmen übernehmen will. Gleichzeitig soll die Kontrolle ein bisschen erhalten bleiben, zumindest nachfolgende Generationen noch profitieren. Ein Verkauf an die Konkurrenz kommt nicht infrage? Und ein reiner Finanzinvestor im Haus ist auch keine Lösung? Dann könnte ein Börsengang interessant sein.

Spektakulärstes Beispiel war im vergangenen Jahr der Börsengang des Schlappenherstellers Birkenstock, einst ein Familienunternehmen. Das verkaufte die Mehrheit erst an eine Investmentgesellschaft von Bernard Arnault, Großaktionär des Luxuskonzerns LVMH und profitiert jetzt als Minderheitsgesellschafter davon, dass das Unternehmen seit Oktober notiert ist. Erfolgreich lief der Börsengang von Schott Pharma, Hersteller von Glasampullen für Injektionen. Und Weltmarktführer. Das Beispiel zeigt, dass eine gute Geschichte wichtig ist.

Was spricht für einen Börsengang? 

Bei einem IPO platziert ein Unternehmen Aktien erstmalig an der Börse. „Dabei macht es ein öffentliches Angebot mit Prospektpflicht und platziert die Aktien an qualifizierte Anleger und mindestens 100 Privatpersonen“, erklärt die Deutsche Börse. In den meisten Fällen verspricht sich das Management Zugang zu frischem Kapital, um eine Expansion zu finanzieren, Schulden zu tilgen oder Forschung und Entwicklung voranzutreiben. Außerdem können Eigentümern und Investoren später weitere Anteile in liquide Mittel umwandeln, indem sie Aktien an der Börse verkaufen. Angesichts der hohen Zahl an Unternehmen, bei denen die Nachfolge ungeklärt ist, könnte der IPO eine Lösung sein.
Gleichzeitig steigen mit einem Börsengang das öffentliche Interesse und die Medienberichterstattung – Argument für einen IPO und gleichzeitig dagegen. Denn einerseits kann die neue Aufmerksamkeit die Außenwirkung sowie das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern positiv beeinflussen und andererseits laufen Unternehmen Gefahr, intensiv durchleuchtet zu werden. Auch kann ein Börsengang die Mitarbeitermotivation steigern, indem Angestellte Aktienpakete enthalten.

Welche Risiken gibt es?

Ein IPO kann teuer und komplex sein. Oftmals erfordert er erhebliche Ressourcen für rechtliche, finanzielle und regulatorische Compliance-Anforderungen. Ist der Börsengang geglückt, stehen Unternehmen unter Druck, kurzfristige Ergebnisse zu liefern und die Erwartungen der Aktionäre zu erfüllen. Während Mittelständler, besonders eigentümergeführte Firmen, mittel- oder langfristige Entwicklungen im Blick haben, sind auf dem Börsenquartett die Quartalszahlen sehr wichtig. Das erhöht den Druck auf das Management. Mitunter hecheln Unternehmen den Kursfantasien der Börsianer hinterher – und verlieren dabei nachhaltiges Wachstum aus den Augen. Zudem kann ein Börsengang die Kontrolle verwässern, schließlich geben Gründer durch den Verkauf von Aktien Eigentum ab.

Grundsätzlich gelten für Mittelständler die gleichen Vor- und Nachteile eines Börsengangs wie für Konzerne, allerdings gibt es auch Besonderheiten. So bietet der IPO den Eigentümern von mittelständischen Unternehmen eine Möglichkeit, ihre Beteiligung in liquide Mittel umzuwandeln und dadurch eine klare Exit-Strategie zu verfolgen. Zudem gibt es viele mittelständische Unternehmen, die unter einer zu geringen Bekanntheit leiden. Hier hilft der Börsengang.

Jüngstes Beispiel für einen fulminanten Börsengang eines Mittelständlers ist Renk. Der Augsburger Rüstungszulieferer wagte Anfang Februar einen überraschenden IPO. Renk verkaufte innerhalb von zwei Tagen 33,3 Millionen Aktien für insgesamt 500 Millionen Euro, was ein Drittel des Unternehmens ausmacht. Mit dem Schritt soll das Wachstum der vergangenen Monate weiter vorangetrieben werden. 

Es war allerdings der zweite Anlauf. Der Finanz investor Triton wollte Renk im Oktober 2023 an die Börse bringen. Die Rahmenbedingungen waren gut, denn Renk profitiert von den Konflikten und Kriegen weltweit. Das Unternehmen liefert unter anderem Getriebe für praktisch alle europäischen Panzer und für Marineschiffe. Der damalige Haushaltsstreit in den USA stellte weiteres Geld für die Ukraine infrage – und damit auch die Nachfrage nach Kriegsgerät. Triton sagte den geplanten Börsengang noch in der Nacht vor der Erstnotiz ab.

Das Beispiel zeigt, dass Börsengänge immer auch von äußeren Einflüssen abhängig sind. Der Erfolg auf dem Parket lässt sich nur schwer vorhersehen. Geht der Markt von schnellem Wachstum aus – wie beim Augsburger Waffenhersteller – wird das entsprechend quittiert. Weniger berauschend lief hingegen der IPO von Birkenstock im vergangenen Jahr. Die Aktie sackte am ersten Handelstag deutlich unter den Ausgabepreis – und das, obwohl der vorangegangene Hype so groß war wie lange nicht. Experten gehen davon aus, dass der Preis zu hoch angesetzt war. Inzwischen hat sich die Aktie besser entwickelt.

Ablauf eines Börsengangs 

Zunächst stellt der potenzielle Börsenaspirant sicher, dass er alle Transparenzanforderungen erfüllen kann und auf externe Prüfer vorbereitet ist. Was so einfach klingt, ist nicht allzu selten ein K.-o.-Kriterium. Schließlich sind die Strukturen in kleineren und mittelständischen Unternehmen nicht immer logisch und transparent, sondern aus der Praxis gewachsen – und sehr individuell. Wer diesen Schritt übersteht, wählt Experten wie Investmentbanker, Rechtsanwälte und Buchprüfer aus. Es folgt die sogenannte Due Diligence, die sicherstellen soll, dass alle finanziellen Informationen korrekt sind und den regulatorischen Anforderungen entsprechen.

Im zweiten Schritt reicht das Unternehmen bei der Börsenaufsicht einen Antrag auf Zulassung ein. Dieser Antrag enthält detaillierte Angaben über das Unternehmen, seine Geschäftsmodelle, Finanzen und Risiken. Nach einer Phase, in der das Unternehmen keine öffentlichen Aussagen zum IPO machen darf, beginnt die Roadshow. Jetzt gilt es, Werbung fürs Unternehmen zu machen und mögliche Investoren zu überzeugen.

In Absprache mit den Investmentbanken, die den Börsengang begleiten, legt das Unternehmen den Angebotspreis der Aktien fest. Er ist abhängig von verschiedenen Faktoren, darunter die Unternehmensbewertung, der Branchenvergleich, Marktbedingungen, Nachfrage der Investoren, Geschäftsaussichten und Risiken. Kurz vor dem Börsengang bestimmt das Unternehmen, wie viele Aktien handelbar sein sollen.

Wurden alle Schritte sauber umgesetzt, steht dem Börsengang nichts mehr im Weg. Die Anteilsscheine werden gelistet und beginnen von Aktionären gehandelt zu werden – bestenfalls mit einem Kursplus wie bei Renk.

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