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Einkauf, Marketing und Marken > Autozulieferer

Kunden stützen Zulieferer Allgaier

Der angeschlagene schwäbische Autozulieferer Allgaier kann mit Hilfe der Kunden weitermachen. Jetzt hat der Insolvenz Zeit, einen langfristigen Investor für den Karosseriespezialisten zu finden.

Dieter Hundt, Ex-Arbeitgeberpräsident und Aufsichtsratsvorsitzender der Allgaier Werke: Etwa 89 Prozent der Anteile des Autozulieferers verkaufte er an einen chinesischen Investor. Bild: picture alliance / dpa | Daniel Maurer

Für den renommierten Zulieferer Allgeier geht es offenbar weiter. Insolvenzverwalter Michael Pluta hat während einer Betriebsversammlung angekündigt, er werde mit den Autoherstellern „zeitnah eine Vereinbarung über die nächsten zwei Jahre abschließen“. Zu den Kunden gehört der Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche. Der Spezialist für Karosserieteile und Spezialwerkzeuge ist weit über Uhingen östlich von Stuttgart hinaus bekannt, weil das Unternehmen bis 2022 mehrheitlich dem früheren Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt (85) gehörte. Der hatte den seinerzeit schon angeschlagenen Autozulieferer mit 1800 Mitarbeitern an die chinesische Westron verkauft

Mit dem neuen Eigner kam Allgaier allerdings nicht aus der Krise. Betriebsratschef Stillianos Barembas wirft Westron sogar Versäumnisse vor, die erst zu der Pleite im vergangenen Juni geführt hätten. Noch 2022 äußerte sich die Arbeitnehmervertretung „glücklich“ darüber, dass Allgaier einen neuen Investor gefunden hatte. Die Chinesen hatten 2018 schon das Stuttgarter Gemeinschaftsunternehmen Bosch Mahle Turbosystems gekauft, das Abgasturbolader herstellt. Allerdings hätten die neuen Eigner ihre Zusagen nach neuen Investitionen nicht eingehalten: „Wir wurden angelogen“, wirft Barembas den Chinesen vor.

Jetzt scheint der renommierte Zulieferer aus Uhingen wieder Wasser unter den Kiel zu bekommen. „Das ist ein Meilenstein für den dauerhaften Erhalt des Standorts Uhingen. Damit sichern wir den Bestand des Unternehmens“, kommentiert Pluta die Unterstützung durch die Kunden. Wie viele Arbeitsplätze tatsächlich erhalten werden könnten, hänge von den konkreten Aufträgen ab, erklärt der Insolvenzverwalter. „Wir werden alles daransetzen, dass die Produktion auch in Zukunft gut ausgelastet ist und die Kapazitätsanpassung so gering wie möglich ausfällt.“ Barembas hofft, dass alle Mitarbeiter in der Produktion ihre Stelle behalten können. Für die Verwaltung plant Allgaier sogar Neueinstellungen. 

Der Zulieferer Allgaier Automotive ist mit rund 730 Mitarbeitern die größte Gesellschaft der Allgaier-Gruppe gewesen. Für zwei weitere Gesellschaften wurden bereit Lösungen gefunden. Die Prozesstechniksparte mit 160 Beschäftigten übernahm die Mülheimer Siebtechnik verkauft, die zur schweizerischen Stafag gehört. Der Maschinenbauer Mogensen mit 140 Mitarbeitern ging an den Konkurrenten Joest in Dülmen. Die Beschäftigten wurden übernommen und die Standorte bleiben erhalten.

Mit der Zusage der Autobauer gewinnt der Insolvenzverwalter zusätzliche Zeit für die Suche nach einem neuen Eigentümer. Die Interessenten hätten damit auch Planungssicherheit. „Wir haben nun die Voraussetzungen geschaffen, um einen idealen Investor zu finden, der auch einen fairen Kaufpreis bezahlt“, so Pluta. Mit einem konkreten Abschluss der Verhandlungen sei aber nicht in den kommenden Wochen zu rechnen. „Wir haben keinerlei Zeitdruck, da der Betrieb stabil läuft und die Autobauer uns unterstützen“, betont Pluta.

Allgaier hatte bereits 2020 versucht, mit einem Restrukturieungsproprogramm in ruhigeres Fahrwasser zurückzukehren. Zuletzt hatte das Unternehmen einen Umsatz von 442,7 Millionen Euro veröffentlicht. Der schwäbische Zulieferer war während der Pandemie in Schwierigkeiten geraten, als die Produktion vieler Autobauer deutlich zurückgefahren wurde. Der Krieg in der Ukraine und deutlich gestiegene Energiepreise erschwerten die eingeleitete Sanierung jedoch deutlich. So war bereits im März 2023 über eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Zulieferers spekuliert worden.

Das 1906 gegründete Unternehmen ist auf den Karosserie- und Spezialwerkzeugbau spezialisiert. Abnehmer sind Presswerke und Hersteller von Tanksystemen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Allgaier aber auch Traktoren und Dreschmaschinen produziert. Die Fertigung der Traktoren wurde später an die Porsche-Diesel Motorenbau verkauft. Die restliche Produktion von Landmaschinen wurde 1970 eingestellt. Die Mitarbeiterzahl sank von 3000 auf 1000.

Dieter Hundt übernahm 1975 das kriselnde Unternehmen als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer und leitete die Internationalisierung mit Standorten in Frankreich, Schweden und Spanien ein. Später wurden noch Standorte in Mexiko und China gegründet. Der langjährige Arbeitgeberpräsident 1996-2013) wechselte 2008 in den Aufsichtsrat. 
 

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