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Debatte > Deutsche Wirtschaft

Eine Frage der Mentalität

Deutschland verkrampft, statt entschlossen um seinen Wohlstand zu kämpfen. Ein Kommentar von Thorsten Giersch.

Bildnachweis: picture alliance / dieKLEINERT | Markus Grolik

Aus dem historisch einmalig schlechten Abschneiden der drei wichtigsten Mannschaften Deutschlands lassen sich Rückschlüsse auf das Wirtschaftsleben ziehen: Die Männer bei der Winter-WM in Katar, dann die U21 und nun die Frauen bei ihrer Weltmeisterschaft – sie alle schieden in der Vorrunde aus. Ein Desaster, das sich an zwei wesentlichen Punkten festmachen lässt: Die Spielerinnen und Spieler haben nur so lange funktioniert, bis der Widerstand einigermaßen groß wurde. Und sie verkrampften bei dem Gefühl, etwas, das ihnen quasi per Naturgesetz zusteht, plötzlich zu verlieren: den Einzug in die K.-o.-Runde. Die Parallelen sind offensichtlich: Viele Deutsche sind gefühlte Weltmeister und erkennen nicht, dass ihnen auch wirtschaftlich ein dauerhaftes Vorrunden-Aus droht. Nun verkrampfen wir. Bei dem Versuch, alle Probleme mit Geld zuzuschütten, hat die Ampelregierung jegliches Maß verloren. Und die Gesellschaft zeigt sich immer weniger bereit für notwendige Veränderungen.

Angesichts der drei Revolutionen, mit denen Politik, Unternehmen und Menschen derzeit gleichzeitig fertig werden müssen, kann das nicht lange gut gehen. Da ist die Digitalisierung inklusive künstlicher Intelligenz, die viele Jobprofile hinwegfegen wird. Da ist Nachhaltigkeit mit all den Kosten und Diskussionen – Stichwort Heizungsgesetz. Und da ist eine Weltordnung, in der nicht mehr der Westen die klare Führungsmacht ist. Natürlich verunsichern die Änderungen uns alle, auch weil Deutschland derzeit mehrere strukturelle Probleme hat. Aber darauf mit Pseudosicherheitsversprechen zu reagieren oder diese vom Staat zu fordern, ist nicht die Lösung. Es kann in dieser Zeit keine Vollkaskomentalität ohne Selbstbeteiligung geben.

Wer so überdurchschnittlich reich sein will, wie wir Deutschen es sind, muss Überdurchschnittliches leisten. Schauen wir doch alle mal in den Spiegel und fragen uns: Was kann ich besser als Menschen in aller Welt, die einen vergleichbaren Job haben? Erziele ich mehr Wirkung? Bin ich fleißiger? Habe ich mehr gelernt? Doch in Zeiten, in denen Wertschätzung als Ausbleiben negativer Kritik fehlinterpretiert wird, ist es gar nicht so leicht, so mit den Beschäftigten zu sprechen. Unternehmer sollten diesen Mut trotzdem finden. Und die Politik erst recht.

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